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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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nur Lachfältchen, sondern auch tief eingegrabene Linien um den Mund und eine scharfe Falte zwischen den Augenbrauen. Und noch immer war sie wunderschön! Während der Halm achtlos ins Gras fiel, beugte er sich über sie und flüsterte mit vor Verlangen heiserer Stimme: „Der Teufel soll mich holen, wenn ich so ein blödes Stück Stroh brauche, um das zu erkunden!“
    Der junge Falbe schnaubte am Koppelzaun und scharrte auffordernd mit den Hufen, doch er fand keine Beachtung mehr. Nach einer Weile trabte er mit erhobenem Kopf und wehender Mähne davon.

Anno 1115

    D er Jänner zählte drei Tage, da herrschte nur wenige Wochen nach dem Christfest erneut Feierstimmung auf Lare. Seit den Weihnachtstagen schon liefen die Vorbereitungen für die Hochzeit Adeles mit Johannes, Magdalenas ältestem Sohn. Mundschenk und Truchsess scheuchten die Mägde und Küchenmädchen um die Wette durch Keller, Küche und Vorratskammern. Der Jagdmeister hatte mit seinen Gehilfen über den Jahreswechsel für reichlich Wildbret gesorgt. Drei Eber und ein prächtiger Hirsch hingen ausgeweidet im Speicher, Fasane und Rebhühner baumelten gerupft und gesengt am Deckenbalken. Seit heute morgen reisten die ersten Gäste an, die von Robert willkommen geheißen und untergebracht wurden. Der Marschalk kümmerte sich um das Füttern und Tränken der fremden Pferde.
    Adelheid überprüfte zum wiederholten Male die Vorbereitungen und betrat gedankenversunken die Kemenate, wo einige Schneiderinnen damit beschäftigt waren, Adeles Brautausstattung fertigzustellen. Ihre Tochter stand in einem veilchenfarbenen Brokatkleid inmitten von Nadelkissen, Scheren und Brenneisen und sah zwischen den zummelnden Händen der Frauen reichlich nervös aus.
    „Mutter! Gut, dass Ihr kommt! Was soll ich morgen auf dem Haar tragen? Es gibt kein passendes Gebände zu diesem Kleid!“ Vor Aufregung klang ihre Stimme so piepsig wie vor zehn Jahren.
    „Du wirst einen Schleier tragen und einen Schapel.“
    „Einen Schapel? Aber woher …?“ Adele verstummte, als sie ihre Mutter mit geheimnisvollem Blick zu einer Truhe gehen sah, die hinter dem Vorhang in der Ecke stand und mit einem schweren Eisenriegel verschlossen war. Sie hob den massigen Deckel und kramte eine Weile, dann brachte sie den goldenen Haarreif zu Tage, den ihr Vater am Vortag ihrer eigenen Hochzeit hatte schicken lassen. Adeles Augen weiteten sich vor Erstaunen.
    „Der ist wunderschön!“
    Adelheid nickte und lächelte versonnen. „Meine Mutter trug ihn, als sie meinen Vater heiratete. Ich hoffe, er wird dir Glück bringen.“ Sie verschwieg, dass auch sie ihn getragen hatte, am Tage ihrer ersten Hochzeit und nur für sich selbst fügte sie leise hinzu: „Möge er diesmal Gutes bewirken.“
    Adele setzte den Reif mit strahlendem Blick auf ihr weizenblondes Haar, das in langen Flechten über ihren Rücken fiel. Die Rubine leuchteten wie Mohnblüten im reifen Getreide. Adelheid schloss die Augen und schluckte, um gegen die aufsteigenden Tränen anzukämpfen, die ihr die Kehle zuschnürten. Johannes war ein sanfter junger Mann, klug und schön. Wie viel Glück hatte Adele, den Mann zu heiraten, den sie wirklich liebte und wie wenig ahnte sie, wie es ihrer Mutter in dieser grauenhaften ersten Hochzeitsnacht ergangen war!
    Die Schneiderinnen hatten geduldig im Hintergrund gewartet, jetzt drängten sie wieder an die Arbeit. Das Gewand musste noch gesäumt werden.
    Adelheid setzte ihren Rundgang fort und betrat die Küche, wo es kräftig nach Zwiebeln, getrockneten Kräutern und Innereien roch. Vor dem langen Holztisch standen zwei Mägde und nahmen mit vor Anstrengung geröteten Gesichtern ein paar fette Gänse aus. Der Truchsess rührte in der Ecke in einem großen Kessel, in dem es brodelte und dampfte. Adelheid schloss die Augen und schnupperte. Hechtsuppe! Sie fühlte, wie ihr das Wasser im Munde zusammenlief. Zufrieden nickte sie den Leuten zu und verschwand schnell aus den Gefilden der leiblichen Genüsse.
    Normalerweise war der Jänner kein guter Monat für eine Hochzeit, denn es gab wenig frische Vorräte. Doch Adeles Bräutigam erkrankte im vergangenen Frühjahr an einer gefährlichen Lungenentzündung, die ihn fast das Leben gekostet hätte. Er blieb noch lange danach schwach und hinfällig, sodass die für den Sommer geplante Hochzeit immer wieder verschoben werden musste. Jetzt wollten die beiden jungen Leute einfach nicht mehr warten.
    Auf dem Hof hörte Adelheid Folkmars herzhaftes Lachen und

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