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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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mit jedem Tag ein wenig mehr. In nordöstlicher Richtung, oberhalb der Flussniederung, konnte Adelheid dünne Rauchsäulen aufsteigen sehen. Wahrscheinlich kehrten die Bauern aus Pustleben von den Feldern heim und zündeten ihre Herdfeuer an.
    „Adelheid!“, donnerte die Stimme ihres Vaters über den Hof. Das Mädchen erschrak und kletterte eilig von seinem Aussichtsplatz herunter. Graf Beringer sah es nicht gern, wenn sie auf der Mauer saß und ihren Träumen nachhing.
    Auch jetzt hatte seine Stimme sehr herrisch geklungen und Adelheid rannte mit wippenden Flechten hinüber zum Palas, wo der Vater in der Tür stand und auf sie wartete. Er war groß und stattlich, mit seinem schwarzen Lederwams und den engen Beinkleidern wirkte er noch immer attraktiv, obwohl sich bereits dicke graue Strähnen durch seinen krausen Bart zogen.
    „Wo treibst du dich herum?“ Sein Gesicht war gerötet vom Wein, doch seine Augen blickten klar und seine Stimme war fest. Graf Beringer von Lare war kein Trunkenbold. Er amüsierte sich zwar sehr gern mit seinen Rittern bei einem Fass Wein, aber er wusste genau, wo seine Grenzen lagen.
    „Ich habe Diabolus ausgeritten, er brauchte Bewegung.“
    „Warst du allein?“ Der zornige Unterton in seiner Stimme war noch nicht verschwunden.
    Adelheid zögerte, er hatte ihr verboten, ohne Begleitschutz auszureiten. Aber sie hatte ihren Vater noch nie belogen und beschloss, auch jetzt bei der Wahrheit zu bleiben.
    „Ja, Vater! Aber mit Diabolus bin ich sicher, er ist so schnell, dass ich jedem davon reite.“
    Auf Graf Beringers vollbärtigem Gesicht kämpfte der Stolz über den Mut und die Reitkünste seiner Tochter mit dem Zorn über ihren Ungehorsam. Schließlich legte er seine schwere Hand auf ihre Schulter und grummelte etwas Unverständliches, was sowohl Lob als auch Tadel sein konnte. Er zog sie über die Schwelle in das Haus, das von etlichen blakenden Fackeln an den steinernen Wänden und einem hell lodernden Kaminfeuer erleuchtet wurde. Dabei raunte er ihr zu: „Der Ritter vom Straußberg ist da, er will dich sehen!“
    Während Adelheid noch grübelte, welche Gründe der Ritter wohl haben könnte, ausgerechnet sie sehen zu wollen, hatten sich ihre Augen ans Halbdunkel gewöhnt. An der hinteren Tafel sprachen die Reisige und Knappen des Gefolges ausgiebig dem reichlich vorhandenen Wein zu. Halb geleerte Schalen mit Essensresten und abgenagte Knochen bedeckten den Tisch und etliche große gefleckte Hunde streunten erwartungsvoll hechelnd um die Bänke herum. An einem kleineren Eichentisch in der Mitte des Raumes saßen drei Männer, die ebenfalls schon genug von dem edlen Getränk genossen hatten. Im Moment bogen sie sich vor Lachen, anscheinend hatte jemand einen Possen gerissen. Mit dem Rücken zum Kamin hockte ein recht einfach gekleideter Jüngling, er trug lediglich ein grobleinenes Wams mit einem Hanfgürtel über seinen schlichten blassgrünen Beinkleidern. Er schien ein Knappe zu sein, denn er lachte wie auf Befehl immer dann, wenn sein fettleibiges Gegenüber damit begann. Das musste der Ritter sein! Adelheid war ihm vor ein oder zwei Sommern schon begegnet.
    Der Mann schien nicht sehr groß zu sein, dafür aber recht füllig. Sein feistes Gesicht wurde von einem rötlichen Bart und einer beginnenden Glatze eingerahmt. Mit dicken Fingern umklammerte er den Weinkrug und bei jeder Lachsalve, die ihn übermannte, schwappte der Rotwein heraus und rann ihm über die Hand.
    Der dritte Mann am Tisch sah ihm ein wenig ähnlich, er war allerdings jünger und von angenehmerer Gestalt. Sein rotes Haar war noch voll und lockig, er hatte eine schlanke, aber kräftige Figur und ein intelligentes Gesicht. Vielleicht handelte es sich um den Bruder des Ritters oder einen nahen Verwandten. Jetzt erst entdeckte Adelheid ihren eigenen Bruder Ludwig, der sich im Hintergrund am Kamin zu schaffen machte und irgendwie schuldbewusst zu ihr herübersah.
    Die Männer hatten die Eintretenden bemerkt und verstummten abrupt. Graf Beringer schob seine Tochter auf den Tisch zu. Der Ritter vom Straußberg sprang auf, wobei er mit seiner Leibesfülle den schweren Holzschemel umstieß, auf dem er gesessen hatte.
    „Da kommt sie, die Jungfer, wahrlich Graf – Ihr habt nicht zuviel versprochen!“ Er reckte seine dicken Arme, die in den Ärmeln eines karminroten, abgeschabten Samtgewandes noch unförmiger wirkten, über den Tisch, um Adelheids Hände zu drücken. Widerstrebend reichte sie ihm ihre Rechte, sie

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