Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
die Leute lenkte, als wären sie Werkzeuge eines Puppenspielers. Dieser teuflische Plan sah wirklich ganz und gar nach Gernot aus. Inzwischen sprach ihr Bruder weiter.
„Ich dachte, wenn der Ritter sich bei der Jagd wenigstens verletzt, dann bekommen wir ihn leichter in unsere Hand. Schließlich wollten wir ihn doch wegen des feigen Verrats an Vater bestrafen. Niemand hat wirklich geglaubt, dass er dabei umkommt. Er sollte zunächst einmal einen Denkzettel erhalten. Doch dann hat Gott selbst geurteilt …“ Besonders reumütig klang seine Stimme nicht.
Adelheid überlegte fieberhaft. Niemandem konnte eine direkte Schuld zugewiesen werden. Schließlich hatte der Ritter den Hengst freiwillig bestiegen und er war aus freien Stücken dem Keiler gefolgt.
„Warum nur ist der Hengst mit ihm durchgegangen? Noch dazu im richtigen Augenblick?“, fragte sie in die steingrauen Augen hinein.
Ludwig seufzte, er hatte gewusst, dass sie in diesem Punkt nicht lockerlassen würde. „Der Ritter hatte Sporen an seinen Stiefeln, die hat er ihm in die Weichen gestoßen, als der Keiler davon stob.“
„Oh nein – noch nie hat jemand Diabolus mit Sporen geritten! Dann ist mir alles klar. Der Hengst ist sicher vollkommen in Panik gewesen! Ob Johannes ihn schon gefunden hat? Es wird bereits dunkel!“ Adelheid war aufgesprungen und lief zum Fenster, um sich weit hinaus zu lehnen. Der Hof war leer, alle Reiter hatten sich im Saal versammelt, die Pferde wurden im Stall versorgt. Bis zum Wald konnte sie nicht sehen, der Bergfried verdeckte die Sicht.
„Und du – warum hast du getan, als wärest du stumm, hast uns alle hinters Licht geführt?“, wandte sich Graf Ludwig an Magdalena, die mit verschränkten Händen neben der Tür stand. Jetzt wo ihm diese kleine Frau Paroli geboten hatte, erkannte er plötzlich, wie übernatürlich schön sie war mit ihrem schwarzen Kraushaar und den blitzenden, rätselhaften Augen.
„Der Ritter … er hat …“, Magdalenas Stimme versagte wieder und sie räusperte sich lange, bevor sie weiter sprechen konnte, „… er war das damals im Wald … Ich dachte, wenn er glaubt, ich wäre stumm, würde er mich in Ruhe lassen.“
Graf Ludwig verstand nicht ganz, was die Zofe damit meinte, er wunderte sich lediglich, dass ihr Selbstbewusstsein plötzlich dahin war und sie beinahe ins Stottern kam. Adelheid dagegen begriff sofort und sie fühlte wieder, wie ihr Nacken sich versteifte. Ganz langsam und dann immer schneller begannen ihre Gedanken zu arbeiten und sich schließlich nur noch um den einen Satz zu drehen: Er hat das getan! Sie war die ganze Zeit mit einem Scheusal verheiratet gewesen, mit einem Tier, schlimmer als der bedauernswerte Keiler, der unten in der Küche gerade verarbeitet wurde. Sie hatte neben dieser Bestie in einem Bett gelegen, er hatte sie berührt, er hatte … Tränen stürzten ihr in die Augen, während sie sich umdrehte, auf ihre Zofe zulief und ihr in die Arme fiel. Auch Magdalena begann zu weinen, aber ihre Tränen rannen lautlos und fielen in das krause Haar, wo sie sich wie Glasperlen ausmachten.
Graf Ludwig sah dem Treiben zunächst noch verwirrt zu, doch langsam begann auch er zu begreifen, was Magdalena mit ihren Worten ausdrücken wollte. Der Ritter war der Mörder ihrer Mutter gewesen! Hatte Gott tatsächlich seine richtende Hand im Spiel? Aber verfügte das Mädchen über Beweise für seine kühne Behauptung?
Sanft zog er seine Schwester von ihrer Zofe weg, nahm diese am Arm und redete eindringlich auf sie ein: „Höre Magdalena, wenn du Beweise hast, dass Dietmar deine Mutter ermordet hat, dann sprich. Und sage mir, wer von seinem Gefolge dabei war, denn wir müssen diese Männer sofort festnehmen lassen. Falls seine Vasallen erfahren, was du weißt, dann ist dein Leben tatsächlich keinen Heller mehr wert!“
Die Zofe nickte und wischte sich die Augen trocken. Dann berichtete sie mit starrem Blick und ohne Pause, was sie an jenem Tag im Wald gesehen und vor allem gehört hatte, bis zu dem Zeitpunkt, da Adelheid sie fand. Sie verschwieg nichts, kein Detail und Ludwig musste sich am Ende des Berichtes setzen. Er schaute mit Grauen im Blick nach seiner Schwester und deren schneeweißes Gesicht bestätigte ihm, dass die Zofe nichts erfunden hatte. Er ersparte ihr jegliche Nachfrage.
Adelheid dagegen konnte nicht schweigen. „Seit wann hast du es gewusst?“, fragte sie tonlos.
„Ich habe die Stimmen wieder erkannt, als der sogenannte Suchtrupp ausritt. Die
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