Adelshochzeit 2
hinausrauschte.
„Weiß deine Frau, was du treibst?“
Die verächtliche Stimme ließ Tarquin aufspringen, sodass die junge Frau, die auf seinem Schoss gesessen hatte, herunterpurzelte. Hastig raffte sie sich vom Boden auf und ordnete verlegen ihre Röcke.
„Was zur Hölle …?“ Ziemlich aufgelöst starrte er Mark Hunter an und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch das strähnige helle Haar. „Du hast mich zu Tode erschreckt! Was zum Teufel tust du hier?“, knurrte er, während er, rot vor Verlegenheit, am Verschluss seiner Hose nestelte.
„Was ich hier tue?“ Marks Stimme triefte vor Sarkasmus, als er sich in dem gemütlichen, wenn auch schlicht eingerichteten Raum umsah. „Wenn ich mich recht erinnere, bin ich Besitzer dieser Jagdhütte, von daher befinde ich mich zu Recht hier. Eigentlich wäre die Frage, was zum Kuckuck du hier tust! Außer deine Familie zu Tode zu ängstigen, natürlich. Aber vermutlich hast du auch darüber nicht groß nachgedacht, was?“
„Du wirst mir jetzt hoffentlich keine Predigt halten“, murrte Tarquin. „Schließlich bist du auch kein Heiliger.“
„Richtig, aber trotzdem gehörst du für das hier verprügelt.“ Zielstrebig kam Mark näher und hielt erst an, als die Frau, die noch dabei war, ihr Mieder zu schließen, sich schützend vor Tarquin stellte und Mark kämpferisch anfunkelte.
Verächtlich wandte Mark sich ab und schlenderte zu dem kleinen Esstisch. Auf einer Platte lagen ein Stück Käse und die Überreste irgendeines Geflügels, daneben stand eine bis fast zur Neige geleerte Flasche Wein, die Mark als aus seinem Keller stammend erkannte – ein verflixt guter Jahrgang noch dazu. Unwillkürlich grinste er schief und fragte sich, ob in seiner Speisekammer überhaupt noch etwas übrig war. Er goss den Rest des Weins in ein Glas und trank es in einem Zug leer. Mit einem bezeichnenden Blick zu der jungen Frau sagte er spöttisch: „Ich sehe, Tarquin, du hast dir Gesellschaft gegönnt … Sag, kümmert es deine Gattin nicht, dass du sie verlassen hast? Oder sind die Flitterwochen schon vorbei?“
„Dies ist meine Gattin“, gestand Tarquin mürrisch. Er ließ sich wieder in den Sessel fallen, aus dem er so rüde aufgeschreckt worden war.
„Ah, also verbringt ihr hier eure Flitterwochen.“ Interessiert musterte Mark die hübsche junge Frau. Wenn sein Gedächtnis ihn nicht täuschte, war es dieselbe, mit der Riley neulich in der Nähe des Modesalons herumgelungert hatte. „Deine Manieren lassen zu wünschen übrig, Tarquin. Willst du uns nicht bekannt machen?“
Dieser Aufgabe unterzog Tarquin sich ziemlich unwillig. Er stemmte sich von seinem Sitz hoch, begab sich in einer Haltung mürrischer Loyalität zu Jenny, die sich liebevoll bei ihm unterhakte und ihm dankbar einen Kuss auf die Wange drückte, während sie Mark mit einem grimmig drohenden Blick Schweigen verordnete.
„Wenn du mich hier schon suchst, schätze ich, dass meine Heirat inzwischen Stadtgespräch ist. Zweifellos ist mein Vater außer sich, und meine Mutter liegt mit ihrem Riechsalzfläschchen auf der Chaiselongue …“
„Sie wissen nichts davon!“, unterbrach Mark scharf sein Gejammer. „Spar dir das Selbstmitleid, sondern überleg lieber ernsthaft, was du tun willst. Immerhin steckst du tief in der Tinte!“
„Er wird mich enterben!“
„Kannst du es ihm verdenken? Du musst doch gewusst haben, auf was du dich einlässt.“
„Gar nichts wusste ich. Ich war so voll, dass ich kaum etwas von der Zeremonie mitbekommen habe.“ Gereizt schob er Jennys Hand von seinem Arm und stapfte zum Fenster. Eine Weile schaute er düster in das sprießende Grün hinaus, dann seufzte er: „Zum Teufel, was für eine elende Klemme! Was soll ich nur tun?“
„Ich gebe dir eine halbe Stunde zum Überlegen, dann wirst du, ob es dir passt oder nicht, mit mir zurück nach London fahren“, sagte Mark in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.“ Sich im Raum umschauend fügte er hinzu: „So leid es mir tut, du wirst nicht länger auf meine Kosten die Gemütlichkeit eines eigenen Heims genießen können. Und um keine Illusion bei dir zu nähren, verlange ich meine Schlüssel zurück.“
Tarquin löste sich von dem idyllischen Ausblick. Zögerlich fischte er einen Schlüsselbund aus seiner Tasche und warf ihn klirrend auf den Tisch, wobei er etwas von Dank für genossene Gastfreundschaft brummelte. Lauter fragte er: „Also weiß wirklich noch niemand von meiner Heirat? Wie hast du es dann
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