Adelshochzeit 2
vor Mitternacht in Mayfair sein würden.
In Wahrheit war Emily für die Rast dankbar, denn unterwegs, als sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit die Straße entlangrasten, hatte sich kaum Gelegenheit zum Reden ergeben, und nach seinen irritierenden Äußerungen war sie sich nicht sicher, ob sie nicht besser in freundlichem Schweigen verharren sollten, obwohl so viele Fragen offen waren. Leider schienen sie beide sich zu zanken, sobald sie den Mund aufmachten. Dabei gab es so viel, das sie noch nicht wusste, wie etwa: Was war mit Tarquin? Was würde mit Riley und Devlin geschehen? Und konnte ein Skandal vermieden werden? Ihre Eltern hatten nicht verdient, durch eine törichte Tochter und einen missratenen Sohn bloßgestellt zu werden.
All die widerstreitenden Gefühle spiegelten sich auf ihrem Gesicht. Während Mark verstohlen ihren Blick suchte und ihre vor Erschöpfung schweren Lider sah, suchte er verzweifelt nach Antworten auf das, was ihn gnadenlos peinigte. Ganz zweifellos hatte es Emily mehr als missfallen, dass Devlin ihr eine Falle gestellt hatte. Trotzdem blieb die Frage, ob sie früher einmal ohne Zwang seine Geliebte gewesen war, und wenn, ob sie sich letztendlich hätte von ihm verleiten lassen, erneut mit ihm zu schlafen.
Mark wurde sich voller Scham der Erregung bewusst, die ihn durchflutete. Trotz allem, was sie heute hatte über sich ergehen lassen müssen, sah sie unglaublich begehrenswert aus, zu schön und verletzlich, um mit einem Mann allein zu sein, der sich so sehr nach ihr verzehrte wie er. Er wusste, trotz ihrer Differenzen vertraute sie ihm, fühlte sich bei ihm sicher, und dennoch konnte er seine begehrlichen Gedanken nicht abschalten.
Vermutlich fehlte ihr die Unschuld, die man bei einer jungen unverheirateten Dame voraussetzte. Nur wie erfahren war sie wirklich? Hatte Devlin ihr die Unschuld geraubt, oder hatte er diesen Anschlag geplant, um zu beenden, was er einst nicht hatte erlangen können?
Abrupt stand Mark auf, schlenderte zum Fenster und starrte ins Dunkel hinaus, wobei in seinen Gedanken die gleiche Glut tobte wie in seinen Lenden. Wenn er sie jetzt küsste … und wenn sie sich sanft an ihn schmiegte, wie bereits einmal zuvor … was wäre schon dabei? Sie waren meilenweit von daheim, von neugierigen Blicken entfernt, und wenn sie nicht unerfahren war und willig … Man konnte hier auch Zimmer für die Nacht mieten …
Hastig wandte er sich um und durchmaß gereizt den Raum. „Sind Sie hungrig? Möchten Sie etwas essen?“, fragte er schließlich.
„Nein danke, ich speiste mit Nicholas …“ Emily sah, wie der Name allein ein wildes Feuer in Marks Augen aufflammen ließ. „Ich erwartete Sie ja die ganze Zeit, und deshalb hielt ich es anfangs für klüger, ihn nicht zu reizen“, ergänzte sie schnell, sich Marks Unrast, seiner kaum beherrschten Energie nur zu bewusst.
Fahrig schenkte er sich aus einer Karaffe Brandy ein, leerte das Glas auf einen Zug und stellte es hart auf dem Tisch ab. Mit einer Andeutung von Ironie murmelte er: „Sehr gescheit …“
„Zürnen Sie mir immer noch?“, fragte Emily leise und schenkte ihm ein zaghaftes, liebliches Lächeln. „Ich weiß, ich habe Ihnen eine Menge Ärger verursacht. Natürlich war ich dumm, so übereilt mit Riley zu gehen, sehr dumm, doch mir blieb keine Zeit zu überlegen; ich dachte einzig und allein daran, dass Tarquin in Lebensgefahr wäre.“ Verlegen fuhr sie sich über die Stirn. „Ich sah ihn vor mir, verlassen, frierend, fiebernd, und hatte grässliche Angst, er könnte sterben.“ Unglücklich schüttelte sie den Kopf. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und darum suchte ich Sie daheim auf; ich hatte so sehr auf Ihren Rat gehofft.“ Dann ergänzte sie reuig: „Nein, das ist nicht völlig wahr, ich wollte nicht Ihren Rat, ich wollte, dass Sie mir diese ganze Last abnahmen und sich an meiner Statt damit befassten.“
„Und das hätte ich auch getan, das schwöre ich Ihnen, Emily“, sagte Mark rau. „Ich zürne Ihnen nicht. Aber auf Devlin und Riley bin ich wütend, und auf Ihren Holzkopf von Bruder, durch den dieses Fiasko erst zustande kam. Und auf mich selbst …“
Emily wollte etwas sagen, doch Mark winkte ab. „Reden wir heute nicht mehr darüber.“ Sacht strich er ihr über die Wange und schob ihr eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr. „Sie sind in Sicherheit, nur das ist wichtig.“ Mit dem Finger hob er ihr Kinn an, sodass sie ihn anschauen musste. „Sie sind müde und
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