Adieu, Sir Merivel
interessant. Monarchen undder Tod sind beide behaftet mit Furcht. Vermutlich ist das der Grund.«
»Nein«, sage ich. »Mein Herz hegt keine Furcht vor Euch.«
»Schön. Das habe ich auch nicht angenommen.«
»Nur eine sehr hartnäckige Liebe.«
»Dies ist mir bewusst. Und deshalb bin ich hier. So lasst uns denn für einen Moment schweigen. Und dann werde ich Margaret berühren, und wir werden beten, und du wirst sehen, dass sie binnen Kurzem genesen wird. Könige müssen an ihre eigene Macht glauben, sonst sind sie verloren. In diesem Glauben liegt all ihre Macht und Stärke. Das weiß ich aus meinen langen Jahren des Exils. Selbst als ich Zuflucht in jener Eiche in Boscobel suchte und all meine Schlachten verloren hatte, wusste ich es.«
Ich versuche, sehr ruhig und still dazustehen, aber ich merke, dass meine Nase läuft und Rotz mir über die Lippen aufs Kinn und, noch tiefer, auf meinen Kragen tropft. Ich habe kein Tuch, um ihn mir abzuwischen, also benutze ich den Ärmel meines Rocks, und erst da wird mir bewusst, dass ich ein zerfranstes altes braunes Gewand trage, das ich gern anziehe, wenn ich meine einsamen Besuche in meinem Garten mache; denn so getarnt kann ich frei mit den Buchen und Eichen plaudern. Ich schäme mich über meinen armseligen Aufzug im Angesicht des Königs, doch ich schenke dieser Scham keine große Beachtung, denn ich weiß, sie zählt nicht. Was hier in diesem Zimmer geschieht, ist so unerwartet, so außerordentlich, dass ich weiß, ich muss mich ihm mit ganzer Seele widmen. Und wie zur Bekräftigung dieses Wissens sehe ich, als ich zur Tür blicke, plötzlich Will, der, umhüllt von seinem Dachs-Gewand, auf dem Boden kniet und die Hände zum Gebet gefaltet hat.
Der König beugt sich über das Bett. Margaret öffnet die Augen, sie flackern, als erkenne sie etwas, und schließen sich wieder. Die behandschuhten Hände senken sich, eine über die andere gelegt, sanft auf Margarets Stirn.
»Könige haben nicht die Macht zu heilen«, sagt König Charles, »aber Gott hat diese Macht, und wir können, vielleicht, wirken durch ihn . In Gottes Namen berühre ich dich, Margaret. Möge Gott dich heilen und genesen lassen.«
»Amen«, murmelt Will.
»Amen«, sage ich.
14
Der König beabsichtigte, nur eine einzige Nacht auf Bidnold zu verbringen, und war deshalb mit einem sehr kleinen Gefolge angereist, das aus zwei Kutschern, einem Offizier der königlichen Garde, zwei Kammerdienern und seinem Lieblingsspaniel Bunting bestand.
Er logierte mit der Spanielhündin Bunting in dem Raum, der früher das Ringelblumengemach hieß und in dem Celia einst gelegen und sich stets über meine vulgäre Ausstattung und meinen fehlenden Geschmack beklagt hatte. Doch der König bewundert dieses Zimmer, das inzwischen mit einem flammenden Sonnenuntergang aus Korallenrot und Violett ausgekleidet ist und einen herrlichen Blick auf den Park bietet, und als der König es wieder betrat, sagte er: »Ach ja. Hier habe ich Frieden. Ich werde eine Weile ruhen.«
Ich ließ Tabitha bei Margaret, rief sämtliche Dienstboten zusammen und wies sie an, bis zum Abend ein üppiges Festmahl zusammenzustellen, denn der König sollte, trotz der Kürze der Zeit, so großartig dinieren, wie es meinem Haus nur eben möglich war.
Auf Cattleburys Vorschlag von einer »köstlichen Wildpastete mit Marmelade« sagte ich: »Gern, wenn du möchtest, Cattlebury, aber bitte in Begleitung von Austern und Sardellen, einem Lammrücken mit Madeirasoße und einem Rinderlendenstück, gefolgt von einer Rum-Poshotte und gebackenen Äpfeln. Seine Majestät hat eine lange Reise hinter sich und wird einen Löwenhunger haben.«
»Einen Bärenhunger, hättet Ihr sagen sollen, Sir«, bemerkte Cattlebury. »Wenn Ihr mich fragt, diese Kreatur wird Rotwild verschlingen, noch bevor der Frühling ausbricht.«
»Vielen Dank, Cattlebury«, sagte ich. »Ich bin immer interessiert an Meinungen. Nun aber: Ich wünsche, dass der Speisesaal gründlich gereinigt wird; alle Möbel, alles Silber und Zinngerät ist zu polieren, das beste Leinenzeug aus den Truhen zu holen und zu bügeln, und die Tische sind damit zu decken. Niemand rastet oder ruht, bis nicht alles sauber ist und glänzt. Und ich wünsche, dass fünfzig Kerzen angezündet werden, bevor das Essen gereicht wird. Seine Majestät liebt das Licht ebenso wie ich.«
Dann nahm ich Will in der Speisekammer der Dienstboten beiseite und sagte vorsichtig: »Will, die Zeit ist gekommen, das Fell abzulegen.
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