Adieu, Sir Merivel
Ich rief, er solle davon ablassen, und rannte gleichzeitig in die Richtung, wo ich das Tor zum Gehege wusste. Währenddessen hörte ich den Bären erneut brüllen, und nicht zum ersten Mal verfluchte ich mich dafür, dass ich Clarendon nach England gebracht hatte, denn ich sah ein entsetzliches Verhängnis auf mich zukommen – und das nur wegen ein paar empfindsamer Gedanken über den Kummer eines wilden Tiers. Das nächste Geräusch, auf das ich wartete, war das Krachen von Buntings Knochen.
Ich erreichte das Tor und setzte all meine Kraft darein, die Riegel zurückzuziehen. Ich konnte Bunting bellen hören. Langsam schob ich das schwere Tor auf. Ich nahm einen herabgefallenen Eschenast, wedelte wild damit und rief unterdessen den Namen der Hündin. Bunting hatte sich hingekauert und knurrte. Clarendon war ungefähr einen Meter von ihr entfernt. Angesichts dieser gefährlichen Situation bewunderte ich den Mut der kleinen Hündin.
Dann sprang Bunting auf und sauste in meine Richtung. Ich ließ den Eschenast fallen und breitete meine Arme aus. Diese kleinen Spaniels können sehr schnell rennen, und noch ehe Clarendon überhaupt entschieden hatte, ob er ihr folgen sollte oder nicht, hielt ich Bunting schon sicher in den Armen. Als ich mich umdrehte, sah ich den Bären auf uns zu zotteln. Ich drückte die Hündin so fest an meine Brust, dass ich sie beinahe erstickte, und hetzte keuchend zum Tor zurück. Jetzt konnte ich den Bären riechen und sein angestrengtes Atmen hören. Ich wusste, dass immer noch alles verloren sein konnte, mein eigenes Leben eingeschlossen, da das schwere Tor sich nicht mit einer Hand schließen ließ.
Doch als ich es erreichte und aus dem Gehege schlüpfte, ergriffen andere Hände die Riegel und begannen zu drücken und zu schieben. Ich stolperte, fiel rückwärts auf einen Grashügel und sah, wie Margaret und der König mühsam die Verriegelung zu bewerkstelligen versuchten. Und als das geschafft war und sie sahen, dass wir uns alle in Sicherheit befanden, fielen sie einander in die Arme, und Margaret lehnte den Kopf an die Brust des Königs und weinte.
Er strich ihr über das Haar und tröstete sie. Dann wandte er sich mir zu, der ich, mit leicht geprelltem Allerwertesten und ganz außer Atem, auf meinem Grasbüschel hockte, Bunting immer noch an mein Herz gedrückt.
»Gut gemacht, Merivel«, sagte er. »Du hast erneut das Leben eines königlichen Hundes gerettet. Ich glaube, du verdienst eine Belohnung.«
»Ihr schuldet mir nichts, Sire«, sagte ich. »Ihr habt Margarets Leben gerettet.«
Ich bin allein mit dem König.
Will hat sich mit einem Krug Met mühsam bis in meinen Salon vorgekämpft, was den König, nachdem mein gebrechlicher alter Diener eingetreten war, zu der Bemerkung veranlasst: »Guten Abend, Gates. Wir sehen dich zu selten. Kannst du nicht häufiger bei Uns im Speisesaal sein?«
Will verbeugt sich, während er den Met absetzt, der dabei beinahe überschwappt. Er blickt besorgt zu mir und antwortet: »Ich bitte Eure Majestät um Verzeihung, aber Sir Robert und ich sind übereingekommen, dass ich der Aufwartung bei Tisch nicht mehr gewachsen bin.«
»Nicht mehr gewachsen?«, sagt der König und scheint mit einem Mal entschlossen, sich blind zu stellen für Wills mannigfaltige Gebrechen. »Bist du nicht, so lange ich denken kann, der Herr und Meister des Haushalts?«
Will lächelt sein listiges, schiefes Lächeln. »Ich bin nicht der ›Herr und Meister‹, Eure Majestät. Ich bin der Diener.«
»Im Französischen bist du der ›Meister‹. Höre nur: Maître. Maître d’hôtel . Und Wir würden dich gern bei Unseren Mahlzeiten sehen. Es würde Uns an die alten Zeiten erinnern.«
»Oh, ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sire. Ich fürchte wirklich, dass ich die Dinge durcheinanderbringe und verschütte.«
»Nun, dass soll dich nicht bekümmern. Es könnte sogar vergnüglich sein. Aber lass uns eine einfache Aufgabe für dich ersinnen, damit wir allzu großes Ungemach vermeiden. Du wirst hinter Unserem Stuhl stehen, Gates. Wenn ein Teller für Uns aufgetragen wird, rückst du ein wenig beiseite und nimmst ihn dem Lakaien aus der Hand und setzt ihn vor Uns ab. Wenn Wir den Teller leer gegessen haben, wirst du ihn wieder an dich nehmen und dem Lakaien reichen – und so weiter während des gesamten Mahls. Was hältst du von dieser einfachen Aufgabe?«
Wieder blickt Will ratsuchend zu mir. Ich nicke aufmunternd, frage mich aber dennoch, ob Will in der Lage
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