Adler schießen nicht
Charlie. Wann geht die nächste Fähre nach Makao ?«
» Heute abend ,
Boss. Von Queen’s Pier.«
»Die nimmst du. Während ich
Cross abschminke, machst du dich zum Wegfahren fertig, okay ?«
»Klar .« Charlies Augen wurden groß. »Ich noch nie dort gewesen. Tolle Stadt.«
»Du wirst wenig Zeit haben, dir
die Landschaft anzusehen«, grunzte ich.
Ich ging ins Wohnzimmer, und
Cross erhob sich aus seinem Stuhl. »Wie geht’s Kane ?«
»Gut.« Wir schüttelten uns die
Hand. »Kann ich Ihnen einen Drink anbieten ?«
»Nun...« Er grinste jungenhaft,
»ich bin ja im Moment nicht im Dienst. Gut, also einen Gin Sling. Gesund für
die Nieren .«
Cross war höchstens dreißig
Jahre, wahrscheinlich sogar jünger. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein
Kind, aber wenn man genauer hinsah, war man nicht mehr so sicher.
Ich mixte ihm einen Gin Sling
und einen Scotch mit Eis für mich. Cross setzte sich gemütlich hin, hob sein
Glas und rief gutgelaunt: »Cheerio !«
Dann lächelte er mich an »Ich
dachte mir, ich komme mal kurz vorbei und schaue nach, wie es Ihnen geht. Nach
der letzten Episode führen Sie ein ziemlich ruhiges Leben, was ?«
»Klar«, antwortete ich.
»Und die charmante Miss Donovan
leistet Ihnen dabei Gesellschaft .« Er grinste.
»Wirklich, eine sehr attraktive junge Dame, Kane. Wenn ich Ihr Einkommen hätte
statt meines schmalen Gehalts, würde ich versuchen, Ihnen ein bißchen
Konkurrenz zu machen .«
»Sie überschätzen mein
Einkommen«, belehrte ich ihn.
»Übrigens — sie ist nicht hier,
wie ?«
»Besucht ein paar Freunde«,
erwiderte ich. »Wollten Sie sie sprechen ?«
»Nein, nein.« Er schüttelte den
Kopf. »Ich bin nur immer enttäuscht, wenn ich die Chance verpasse, ein hübsches
Mädchen zu sehen. Sie wissen ja, Kane, die Polizeiarbeit ist eine schmutzige,
und die Leute, denen man begegnet, sind meistens unerfreuliche Typen. Anwesende
selbstverständlich ausgeschlossen .«
»Danke sehr .«
Er nippte an seinem Drink und
lächelte mir wohlwollend zu.
»Wie stehen die Aktien ?« erkundigte ich mich höflich.
»Ruhig«, entgegnete er.
»Routinesachen. Ziemlich langweilig. Es gibt zwar einige interessante neue
Gäste in der Kolonie, die...«
»Wird doch kein Wanderzirkus
angekommen sein ?« unterbrach ich ihn.
»Wie komisch«, meinte er steif.
»Nein, ich denke speziell an einen Herrn, der gestern erst eingetroffen ist,
einen von Nagel. Schon von ihm gehört?«
»Müßte ich ?«
»Eigentlich ja«, erwiderte
Cross ruhig. »Denn er hat Sie besucht. Ich habe mich schon gefragt, ob Sie
vielleicht alte Freunde sind .«
»Weshalb fragen Sie nicht von
Nagel ?«
»Ich störe einen Besucher so
ungern«, versicherte er schockiert. »Das wäre taktlos. Also, ist er Ihr Freund ?«
»Ich hatte ihn weder gesehen
noch von ihm gehört«, antwortete ich. »Weshalb? Sind Sie dienstlich an ihm
interessiert ?«
»Ja und nein. Er ist kein
Unbekannter, müssen Sie wissen. Und als er hier aufkreuzte, waren wir natürlich
sofort hellwach. Es besteht die Möglichkeit, daß er nur Urlaub macht, aber
nachdem er Sie heute morgen beehrte, ist es mit
dieser Theorie Essig .«
»In welcher Branche ist er kein
Unbekannter ?«
Cross zuckte mit den Schultern.
»Das ist ziemlich schwer zu definieren. Sie könnten ihn einen Bauernfänger
nennen, obwohl das ihm gegenüber kaum fair ausgedrückt wäre. Die meisten
Bauernfänger arbeiten nach derselben alten Routine, nur das Opfer ist jeweils
ein anderes, während bei von Nagel...«
Er überlegte ein paar Sekunden.
»Sagen wir mal, er ist ein Bauernfänger auf ziemlich hoher Ebene. Er könnte
einem griechischen Reeder eine Phantomflotte Tanker für eine halbe Million
Pfund verkaufen und hat es auch schon getan. Es war reines Pech, daß ihm etwas dazwischenkam, als er kassieren wollte. Er
verkaufte auch einen falschen Holbein an einen
Experten in London. Ohne Zweifel, wirklich ein brillanter Mann.«
»Hört sich ganz danach an«, gab
ich zu. »Wenn er also auf die Idee kommt, mir etwas anzubieten, zeige ich es
Ihnen besser vorher .«
»Ach?« Cross war erstaunt.
»Dann hat er Ihnen heute morgen noch gar nichts angeboten? Dann wollte er am Ende selbst etwas kaufen ?«
»Sie sind ekelhaft«, hielt ich
ihm vor. »Sie verderben unsere keimende Freundschaft mit Ihrer widerlichen
Polizistenneugier .«
»Und ich glaubte, wir tauschten
Informationen aus«, erklärte er unschuldig. »Sie haben nach ihm gefragt, und
ich habe Ihnen von ihm erzählt .«
»Sie haben
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