Adler schießen nicht
gefragt, aber ich
habe nicht geantwortet«, stellte ich richtig. »Es besteht ein tiefes, dunkles
Geheimnis zwischen von Nagel und mir. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, daß
ich mit ihm nicht ins Geschäft komme .«
Cross stieß ein Grunzen aus,
was alles mögliche bedeuten
konnte. Ich stand auf und nahm sein Glas, um ihm nachzuschenken.
»Er hat eine Dame bei sich,
nicht wahr ?« fragte ich beiläufig.
»Sie war doch mit bei Ihnen.
Sagen Sie bloß nicht, Sie hätten sie übersehen .«
»Ich habe ihren Namen nicht
verstanden .«
»Carmen Diaz«, klärte er mich
auf. »Eine Rothaarige mit einem spanischen Paß. Auch das soll es geben .«
»Glauben Sie’s nicht ?«
»Aber Kane !« rief er mit mildem Protest in der Stimme. »Wissen Sie, wenn ich kein Polizist
wäre, würde ich mit dem Gedanken spielen, Ihren Beruf zu ergreifen...
Seeräuber!«
Er trank sein Glas leer und
stand eilig auf. »Ich muß machen, daß ich weiterkomme, Kane. Vielen Dank für
die Drinks. Ihre Gin Slings sind die besten der ganzen Kolonie, mit Ausnahme
der der Occidentalbar .«
Ich begleitete ihn zur Haustür.
»Falls es Neues über Kurt von
Nagel gibt«, schlug er vor, »jede Information wird dankbar angenommen .«
»Ich bezweifle, daß ich
Wichtiges erfahre«, antwortete ich. »Es ist schon so, wie ich Ihnen sage,
Cross: Ich werde das Gefühl nicht los, als würde ich mit diesem Herrn keine
Geschäfte machen .«
»Das sagen Sie, Andy«, meinte
er grinsend. »Ausgerechnet Sie .«
Ich blickte ihm nach, wie er
mit langen Schritten zu seinem kleinen Austin stolzierte. Und als er losfuhr,
winkte ich. Dann ging ich in die Garage, holte den Adler aus meinem Wagen und
nahm ihn mit ins Haus.
Das Problem war, wo sollte ich
ihn verstecken? Endlich entschloß ich mich, ihn ins Gefrierfach meines
Eisschranks zu stellen. Dort war er noch relativ am sichersten, meiner Meinung
nach.
Dann ging ich ins Wohnzimmer
zurück und goß mir noch einen Drink ein. Ein paar Minuten später erschien
Charlie. Er sah in seinem Anzug aus weißer Chinaseide makellos aus.
»Ich bin fertig, Boss«,
verkündete er erwartungsvoll.
»Charlie...« Ich hob die
Schultern. »Tut mir leid, ich habe mir’s anders
überlegt .«
Sein Gesicht wurde lang. »Ich
nicht fahren nach Makao ?«
»Du verzichtest nur auf die
Fähre«, widersprach ich, und gleich hellte sich seine Miene ein wenig auf. »Wir
haben doch in Aberdeen Bay immer noch die alte Dschunke liegen, stimmt’s ?«
»Klar, Boss.«
»Mit der machst du mühelos
fünfzehn Knoten. Das ist zweimal so schnell wie die Fähre und wichtig, Charlie.
Kannst du sofort jemand finden, der sie uns bemannt ?«
»Klar, Boss«, rief er eifrig.
»Ich haben Vetter...«
»Die Geschichte kenne ich
schon«, winkte ich müde ab. »Ganz China ist untereinander verwandt. Also schön,
du hast jemand, der dir hilft. Fahre nach Makao und
such den Klub Pik-As. Er gehört einem Portugiesen namens Simon Mathis.
Dort wirst du eine Brünette finden, Carmen Diaz. Wenn nicht, frage Mathis, wo
sie ist, und sage ihm, daß ich dich geschickt habe .«
Charlie nickte. »Klar, Boss.«
»Wenn du sie aufgestöbert hast,
sagst du ihr, ich hätte das, was sie braucht. Wenn sie aber das Geschäft machen
will, müßte sie sofort nach Hongkong kommen, da es für mich zu gefährlich wäre,
nach Makao zu fahren .«
»Jawohl, Boss.«
»Sage ihr, daß deine Dschunke
wartet und daß sie sofort mit dir zurücksegeln soll. Und dann bringst du sie
hierher .«
»Klar, Boss.«
»Charlie, und noch eines:
sollte es brenzlig werden, halte dich aus allem heraus .«
»Wie bitte?« Er zwinkerte
verstört.
»Ich meine, wenn jemand auf der
Rückfahrt versucht, mit Miss Diaz unbedingt in Kontakt zu kommen, versuche
nicht, den Helden zu spielen. Wenn man dich festhält, wiederholst du genau die
Instruktionen, die ich dir eben gegeben habe .«
»Aber, Boss...«
»Ich würde dich sehr vermissen,
Charlie«, meinte ich nachdenklich, »wenn es jedoch die Sache wert wäre, glaube
mir, ich würde dir einen Revolver in die Hand drücken und dir sagen, du sollst
ihn im Zweifelsfall benutzen. Im Moment aber ist das nicht nötig. Also, tu, was
ich dir sage. Halte dich aus jedem Ärger heraus, verstanden ?«
»In Ordnung, Boss.« Er sah mich
unglücklich an. »Und Ihnen sein egal, was mit der Dame geschieht?«
» Schietegal «,
antwortete ich.
5
Ungefähr zwei Stunden, nachdem
Charlie gegangen war, wurde ich von meinem Türsummer aufgeschreckt. Ich
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