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Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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halbes Dutzend Männer
sprangen an Bord meiner Dschunke und kamen dann über den Strand herauf zu uns.
    Standish ging ihnen entgegen
und sprach kurz mit einem Mann mit einer spitzen Mütze.
    »Nun«, meinte er, als er
zurückkam. »Ich übergebe Sie jetzt diesen Herren. Sie werden bestimmt
vortrefflich für Sie alle sorgen. Deshalb verabschiede ich mich jetzt. Ich
bezweifle, Kane, daß wir uns jemals wiedersehen .«
    »Darauf würde ich mich nicht
verlassen«, zischte ich.
    »O doch, das tue ich«,
widersprach er mir. »Ich glaube, Sie werden mir in ganz kurzer Zeit recht geben .« Er lachte, dann wandte er sich abrupt an Mathis und Chan.
    »Los«, sagte er, »in den Klub.
Ich brauche einen Drink .«
    Ohne sich noch einmal
umzudrehen, gingen sie zu ihrem Wagen zurück.
    Einen Augenblick später
umringten uns vier Männer, die alle Gewehre in der Hand hielten. Der Mann mit
der spitzen Mütze trat vor, und die anderen machten ihm respektvoll Platz.
    »Sie sind Kane ?« fragte er mich englisch, aber mit starkem chinesischem
Akzent.
    »Stimmt«, antwortete ich. »Und
wer, zum Teufel, sind Sie ?«
    »Kommandant Lu Tsin «, gab er mit arroganter Präzision Auskunft.
    Für alle Fälle prägte ich mir
sein Gesicht ein. Im Mondlicht sah ich seinen abstoßend grausamen Mund, seine
hohen Backenknochen und den roten Stern auf seinem Mützenband. Der Bursche
gehörte also den rotchinesischen Truppen an.
    »Ich freue mich wirklich, Sie
kennenzulernen, Mr. Kane«, fuhr Lu Tsin fort. »Wir von der neuen Marine suchen Sie bereits
seit einiger Zeit, genau gesagt, seit Sie damals in der Kwang -Po-Bucht
eines unserer Patrouillenboote absichtlich versenkten und die Crew mit der
Waffe in Schach hielten. Es liegen aber auch noch andere Dinge gegen Sie vor.
Zum Beispiel illegales Betreten unseres Landes, Schmuggel von Menschen und
Juwelen, um nur ein paar Delikte zu nennen.«
    »Dies hier ist portugiesisches
Territorium«, hielt ich ihm vor. »Sie haben überhaupt kein Recht, hier zu
ankern .«
    »Stimmt genau, Mr. Kane«,
antwortete er lächelnd. »Und deshalb wollen wir auch sofort aufbrechen .«
    Er rief seiner Mannschaft ein
paar Befehle zu, worauf die Männer Sadie ohne großes Zeremoniell packten und an
Deck der Dschunke warfen. Tess und Charlie wurden als nächste verfrachtet.
    »Wir konfiszieren Ihr Boot, Mr.
Kane«, sagte Lu Tsin , »als
Teilwiedergutmachung für unser havariertes Patrouillenboot. Und den Rest
treiben wir auch noch ein, verlassen Sie sich drauf. Sie werden mich jetzt an
Bord begleiten .«
    Sträuben hatte keinen Zweck.
Ich tat also, was er sagte. Er folgte mir mit dem Revolver in der Hand und
dirigierte mich auf die Kommandobrücke seines Bootes.
    Der starke Motor heulte auf,
die Schrauben peitschten das Wasser, daß es milchigweiß aufschäumte, dann schossen wir in die Bucht
hinaus.
    Draußen steuerte Lu Tsin einen anderen Kurs, dann
drosselte er die Geschwindigkeit, damit die Dschunke aufschließen konnte.
    »Wohin fahren wir ?« fragte ich.
    »Kanton«, erwiderte er kurz.
»Sie wissen ja, daß es nicht sehr weit ist .«
    »Und dann?«
    »Die Fragen stellen wir, Mr.
Kane, eine ganze Menge .«
    »Was wird mit den andern ?«
    »Die Frauen?« Er zuckte mit den
Schultern. »Sie werden sich nützlich machen müssen. Es gibt leider unter der
armen Bevölkerung immer noch den unsinnigen Aberglauben, daß uns die weiße
Rasse aus irgendeinem Grunde überlegen ist. Wir erachten deshalb ein Exempel
für notwendig, um diesen Irrtum überzeugend zu widerlegen. Weiße Frauen sind zu
dem Zweck besonders gut geeignet .«
    Ich brauchte nicht viel
Einbildungskraft, um ihn zu verstehen. »Und was wird mit meinem Boy ?« fragte ich. »Er hat mit allem nichts zu tun, sondern
handelte lediglich auf Befehl .«
    »Wir werden Arbeit für ihn
finden«, versicherte mir Lu Tsin .
»In den Arbeitslagern im Norden fehlen uns noch viele Männer .«
    Somit schien für jeden von uns
ausgezeichnet Sorge getragen zu sein.
    »Wie sind Sie eigentlich mit
Standish in Verbindung gekommen ?« erkundigte ich mich.
    »Ich halte mit sehr vielen
Leuten in Hongkong Kontakt«, antwortete er überheblich. »Unser Geheimdienst ist
tüchtiger, als manche es für möglich halten. Standish ist jedenfalls nur ein
Werkzeug .«
    Diesmal brauchte ich ein paar
Sekunden, um zu begreifen.
    »Dann ist in Wirklichkeit also
Mao Ihr Verbindungsmann ?«
    »Mao ist Realist«, antwortete Lu Tsin ausweichend. »Einen großen
Teil seines Vermögens verdankt er dem Opiumhandel.

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