Adler schießen nicht
unter
dem Siegel strengster Verschwiegenheit verraten, daß ich ein amerikanischer
Geheimagent bin und ihm den Namen meines Chefs versprochen .«
»Andy !« rief Tess entsetzt. »Das weißt du doch gar nicht .«
»Ich tippe auf Al Capone«,
scherzte ich und fühlte erleichtert, daß der Druck der Fesseln nachließ.
»Was ich Kommandant Lu Tsin zu verraten vergaß, ist
mein kleines Privatarsenal hier unten«, sagte ich und holte den Schlüssel dazu
aus der Hosentasche. Rasch öffnete ich das Geheimfach, stopfte mir drei
Dynamitstangen in die Tasche und drückte Tess die Luger in die Hand. Standish
hatte mir zwar in Makao meine Mauser abgenommen, aber
im Augenblick benutzte ich sowieso lieber die Breda.
»Andy !« rief Tess aufgeregt, »du bist ein Genie.«
»Ich weiß«, erwiderte ich
eitel. »Paß auf: Unsere Zeit ist gleich um. Wenn sie die Luke öffnen, gehst du
voraus und hältst die Luger so, daß sie sie nicht sehen. An Deck machst du ein
Gesicht wie ein Mädchen, das seinem Liebsten gerade für immer Lebewohl gesagt
hat. Dann versuche, ans Heck zu kommen. Du mußt dich um die beiden Matrosen
kümmern, die Charlie und Sadie bewachen. Warne Charlie, wenn du zu schießen
anfängst. Sowie du die beiden erledigt hast, schlägst du dich mit Charlie und
Sadie zum Patrouillenboot durch. Alles klar ?«
»Ja, aber...«
Sie wurde unterbrochen, weil
die Luke über uns aufgestoßen wurde. »Sie haben Ihre zwei Minuten gehabt,
Kane«, rief Lu Tsin .
»Kommen Sie sofort an Deck !«
»Los, Schatz«, raunte ich Tess
zu.
»Wenn es nur schon fünf Minuten
später wäre«, jammerte sie flüsternd. »Dann wüßte ich wenigstens, ob ich noch
lebe oder nicht .«
Ich nahm hastig die beiden
Extrapatronengürtel aus dem Geheimfach und stopfte sie in meine Jacke. Dann ging
ich hinüber zur Leiter und wartete. Tess kletterte gerade an Deck. Ich zählte
bis fünf, dann folgte ich ihr.
»Schneller, Mr. Kane«, bellte
der Kommandant. »Ich war sowieso großzügig mit der Zeit .«
»Ich komme«, brüllte ich
glücklich.
Ich hatte einen kleinen
Vorteil, weil mein Kopf zuerst in Sicht kam, als ich die Leiter hochstieg. Das
gab mir die Möglichkeit, mich für den Bruchteil einer Sekunde umzusehen, ehe
die Breda in meiner Hand auftauchte.
Tess hatte fast die beiden
anderen am Heck erreicht. An der Luke stand Lu Tsin mit drei Matrosen; er hielt einen Revolver, die
anderen Gewehre auf mich gerichtet. Da war nicht genug Zeit, den Westernheld zu
spielen und die andern zuerst zu warnen.
Ich riß die Breda in Schußhöhe und drückte ab. In engem Bogen bestrich ich das
Deck, und das leichte MG machte einen Krach, als wären alle Höllenhunde auf
einmal losgelassen worden. Sie mußten mich bis Hongkong hören, geschweige denn
in Kanton.
Lu Tsin und seine drei Matrosen sackten zusammen, eine saubere Einschußkette quer über der Brust. Ich hörte das Aufbellen der Luger und einen schrillen
Schrei, danach Charlies Triumphgeheul, dann das Stakkato eines Gewehrs und
abermals die Luger.
Ich wirbelte herum, wagte noch
nicht, zum Heck zu schauen, und nahm mir das Kanonenboot vor. Zwei Matrosen
kletterten aus dem Maschinenraum, und ich konnte mich wirklich nicht erst
vergewissern, daß sie auch bewaffnet waren. Mit einer kurzen Salve schickte ich
sie schnurstracks in den Schoß ihrer Ahnen. Ein Blick zum Heck, und ich rannte
los.
Dort umarmten zwei Rotchinesen
die Planken, über ihnen taumelte Charlie in einem Freudentanz und gratulierte
meinen Ahnen überschwenglich . Tess kniete am Boden
und hatte Sadies Kopf in ihre Arme gebettet. »Einen habe ich erschossen«,
berichtete sie atemlos, »den anderen erwischte Charlie. Aber er drückte in
einer Reflexbewegung ab, und... na ja, Sadie stand dazwischen .«
»Ist sie tot ?«
»Ich glaube, ja«, wimmerte
Tess.
»Dann laß sie liegen. Spring
auf das Kanonenboot hinüber. Aber paß auf, vielleicht ist noch jemand an Bord .«
»Aber...«
»Widersprich nicht«, fuhr ich
sie an. »In ein paar Minuten läuft halb Kanton hier im Hafen zusammen .«
Tess gehorchte wortlos.
»Charlie«, rief ich, »die
Maschinen da drüben dürften nicht viel anders sein als unsere. Marsch, in den
Maschinenraum und starte den Kahn, verstanden !«
»Klar, Boss«, strahlte er.
»Und nimm dir ein Gewehr mit
für den Fall, daß du unterwegs über jemand stolperst«, befahl ich.
Er bückte sich, nahm sich ein
Gewehr und enterte das Patrouillenboot. Tess stand bereits drüben auf der
Brücke; die Luger in der Hand rief
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