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Adler und Engel (German Edition)

Adler und Engel (German Edition)

Titel: Adler und Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juli Zeh
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und Rahmen, dass sie aussieht wie eine Spitting Image Figur. Dann rieche ich den Kaffee. Das brauche ich jetzt mehr als alles andere.
    Mann, sage ich, hast du etwa Kaffee gemacht?
    Natürlich, sagt sie, komm doch mal in die Küche.
    Die Wege sind kurz in dieser Wohnung, mit drei Schritten haben wir den Flur durchquert. Der Teppichboden ist gar nicht so unangenehm unter den nackten Füßen. Alles ist extrem sauber, die Zimmerdecke zu niedrig. Weiße Einbauküche, Herd mit Cerankochfeld. Auf dem Tisch stehen zwei Kaffeetassen und ein DAT-Recorder.
    Sag, frage ich, mit wem willst du denn ein Interview machen?
    Sie schaut mich an und zieht die Augenbrauen hoch.
    Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, fragt sie, was du mir heute Morgen versprochen hast?
    Ich renne ins Badezimmer und finde ein Päckchen Kopfschmerztabletten im Wandschrank. Ich leere es zur Hälfte. Dann stelle ich mich ans Küchenfenster. Ein Streifen dunstiger Helligkeit, nicht mal im Ansatz rosa, befindet sich über den Dächern am Horizont der Stadt. Eine Weile lang sehe ich zu, wie die Schatten der Laternenmasten unten auf dem Bürgersteig von den Scheinwerfern vorbeifahrender Autos um ihr Zentrum gedreht werden.
    Du wolltest unbedingt bei mir einziehen, sagt Clara, und da haben wir einen Handel geschlossen.
    Ich presse mir die rechte Hand flach aufs Ohr, so dass ich nur noch das Pfeifen höre von links, das Pfeifen und die Stille, die in meinem eigenen Kopf herrscht.
    Habe ich dir erzählt, frage ich, warum ich bei dir einziehen will?
    Sie schüttelt den Kopf. Vielleicht lügt sie. Ich entdecke eine leere Wodkaflasche auf dem Boden, die habe ich mit Sicherheit selbst ausgetrunken. Die Kaffeetasse wärmt mir die schlecht durchbluteten Finger. Clara wirft mir eine Zigarette zu. Anscheinend hat sie beschlossen, meine Mama zu werden.
    Letzte Nacht war auf meinem AB eine Nachricht, sage ich, des Inhalts, dass es wirklich höchste Zeit sei, die gewünschte Nummer zu übermitteln, und dass ich eine Drittelmillion D-Mark beilegen könne.
    Aufregend, sagt Clara.
    Zuzüglich der Beerdigungskosten, sage ich.
    Deiner eigenen?, fragt sie.
    Schön wär’s, sage ich.
    Sie grübelt kurz, dann ist sie im Bilde.
    Hast du Jessie nicht selbst begraben, fragt sie.
    Ich habe mich verdrückt, sage ich, bis alles vorbei war. Wahrscheinlich hat ihr Vater sie holen lassen. Vielleicht nach Wien.
    Wohnt er da, fragt sie.
    Jedenfalls hatte er dort vor vierzehn Jahren ein Domizil, sage ich.
    Und jetzt, fragt sie.
    Was weiß denn ich, zische ich, ich habe ihn nur einmal gesehen in meinem Leben.
    Aber, fragt Clara, was ist denn das für eine Nummer?
    Ich WEISS ES DOCH NICHT, sage ich.
    Und was haben sie noch erzählt, fragt Clara.
    Dass sie mich wegen Mordes anzeigen, sage ich, wenn ich mich stur stelle.
    Wie, fragt Clara, haben die Bullen dich verdächtigt wegen Jessies Tod?
    Mir hat niemand auch nur eine einzige Frage dazu gestellt, sage ich.
    Das ist auch wieder komisch, sagt sie, wenigstens routinemäßig fragen sie doch immer, wenn einer stirbt.
    Ich drehe mich zu ihr um und packe sie am Kragen.
    Pass mal auf, Klugscheißerin, zische ich, es geht nur noch um ein paar Wochen, vielleicht drei Monate. In dieser Zeit will ich meine Ruhe, wovor auch immer, verstehst du, es soll friedlich zu Ende gehen.
    Sie betrachtet mich skeptisch.
    Du glaubst doch nicht im Ernst, sagt sie, dass du von den paar Drogen einfach abkratzt, oder?
    Ich schüttele sie.
    Das lass mal meine Sorge sein!
    Schon gut, sagt sie, ist doch prima. Du gehst zu Ende und in der Zeit erzählst du mir alles. Hast doch eh nichts Besseres zu tun.
    Ich schaue den Recorder an, der mich entfernt an das Gerät zum Abhören von Diktierkassetten erinnert, mit dem Maria Huygstetten immer gearbeitet hat. Sie bediente es mit Fußpedal wie eine Nähmaschine, und wenn ich mich hinter sie stellte, hörte ich meine eigene Stimme verzerrt in ihr Ohr kreischen. Ich denke an mein weitläufiges Wohnzimmer, vielleicht wäre es vergleichsweise immer noch ruhiger, dort herumzuliegen und zuzusehen, wie der Stuck an der Decke bis tief in den Raum hineinwuchert und tagsüber seine Blätter dem Licht vom Fenster zuwendet.
    Ich muss jetzt gehen, sage ich.
    Quatsch, sagt sie. Falls du um deinen Drogenkonsum besorgt bist: Eine ganze Tüte voll steckt in einer der Anzugjacken, die du mitgebracht hast.
    Ich stelle die Kaffeetasse ab, um mir mit beiden Händen das Gesicht zu reiben.
    Hoffentlich bringst du mir nicht die Polizei ins Haus, sagt sie

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