Adolescentia Aeterna - Die Entdeckung der Ewigen Jugend
und seine Finger umfassten ihre Taille, hoben sie auf die Zehenspitzen.
Eva sprang hoch und schlang ihre Beine um seine Hüften. Julians Hände stützten ihr Hinterteil. Während sich der Kuss vertiefte, machte er ein paar Schritte Richtung Bett, taumelte und landete dann mit einem Krachen auf der Matratze.
Sie lachte, als er schmerzvoll aufstöhnte. „Habe ich dich verletzt?“ , erkundigte sie sich. Dann erschien ernste Besorgnis auf ihrem Gesicht. „Was ist los?“
„Was meinst du?“ , fragte er und versuchte, sie wieder an sich zu ziehen.
„Die Narbe auf deiner Stirn …“
„Welche Narbe?“
Ihre Fingerspitzen strichen über den dunkelrosa Wust, der quer über seine Stirn verlief. „Sie war gerade noch nicht da.“
„Befindet sie sich tatsächlich an genau der Stelle?“ Seine Stimme klang schockiert.
„Wo kommt sie her?“
Julian presste die Kiefer aufeinander. „Es handelt sich um eine alte Verletzung. … Eine sehr alte Verletzung.“ Er zögerte. „Vor tausendvierhundert Jahren hatte ich eine Meinungsverschiedenheit mit einem Anwärter der Bruderschaft. Der Kerl hat es geschafft, mir eine klaffende Wunde auf der Stirn beizubringen, bevor die anderen ihn überwältigen konnten.“
„Sie war also längst verheilt. … Was hat ihr plötzliches Wiedererscheinen zu bedeuten?“
„Ich habe keine Ahnung“, gab Julian mit einem Schulterzucken zu. „Aber ich kann nicht behaupten, dass es mir gefällt.“
Eva runzelte die Stirn. „Wie viele Verletzungen hast du im Laufe deines Lebens erlitten?“
„Zu viele, um sich an jede einzelne zu erinnern.“
Sie setzte sich auf. „Wir sollten das hier besser lassen. Wenn jetzt alle deine Wunden wieder aufbrechen, nur weil wir …“
„Blödsinn. Ich … ich brauche dich“, flüsterte er. „Selbst wenn es bedeuten sollte, dass ich alle Qualen meines Lebens noch einmal durchleiden müsste, würde ich versuchen, dich rumzukriegen. Jede Sekunde jeden Tages, die meine Augen geöffnet sind.“
Eigentlich sollte sie ihm jetzt mitteilen, dass seine Worte gegen die Regel verstießen, ihr keine Klischees und Schmeicheleien um die Ohren zu hauen. Doch es hörte sich viel zu gut an. Konnte sie riskieren, ihm zu glauben?
Und noch wichtiger: Begab Julian sich tatsächlich in Gefahr, wenn er neuerlich mit ihr schlief? Hatten die Regeln der Ewigen Jugend ihre Richtigkeit? Sie war nicht Die Eine , konnte es auch nicht mehr werden, weil sie nicht vor dem Sex mit ihm die Verbindung zwischen den 21 Brüdern hergestellt hatte - und auch nicht wollte. Die Schuld, Julian lebensgefährlich zu verletzen, wollte sie nicht auf sich laden.
Andererseits musste die Vorstellung, während des Liebesaktes zu sterben, für einen Mann wie Julian großen Reiz ausüben.
„Gib es auf“, forderte sie. „Lass diese Fantasterei von der Ewigen Jugend fahren.“
„Es handelt sich um keine Fantasterei. Du hast die Beweise gesehen.“
„Aber selbst wenn es stimmt, ist es so unnütz!“ Sie seufzte und bemühte sich um Ruhe. „Du hast keine besonderen Fähigkeiten. Du bist kein Superheld, der Menschen rettet. Du machst die Welt zu keinem besseren Ort. Das alles hat keinen Wert!“
Seine Augen weiteten sich. Empörung verzerrte sein Gesicht. Seine Hände fassten ihre Taille, hoben sie hoch und warfen sie beinahe vom Bett. „Wie kannst du das, was für mich so wichtig ist, einfach mit einer lässigen Handbewegung beiseite wischen? Ich habe Jahrtausende mit der Erhaltung dieses Nichts verbracht. Ich habe auf vieles verzichtet und Heimlichkeit und Einsamkeit in Kauf genommen. Ich habe alles getan, um für meine Brüder zu sorgen. Das alles ist nicht Nichts.“
Ihr Herz schmerzte. „Ich verstehe.“
„Lüg mich nicht an“, forderte er. „Das ist nicht deine Art. Versuch wenigstens, dich in mich hineinzuversetzen. All die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben … Ich dachte, ich hätte dein Verständnis. … Habe ich mich so getäuscht?“
„Nein, aber … Dein Geheimnis birgt nichts Produktives. Was hast du durch deine ewige Jugend geleistet, das von Bedeutung ist? Wofür nutzt du deine sogenannte Fähigkeit, nicht zu altern?“
„Wer sagt dir, dass ich sie nicht verwende, um ein paar der Probleme der Welt zu lösen?“
Ihre Stirn runzelte sich. „Tust du es denn?“
„Nein“, gab er errötend zu. Er griff nach ihrer Hand. „Aber ich könnte es. Vor Jahrzehnten habe ich Stiftungen gegründet, finanzielle Hilfe für Menschen in Not zur Verfügung gestellt.
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