Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
weiß überhaupt gar nichts .«
»Du weißt eine Unmenge von Sachen, Jeane. Die Rede, die du auf der Konferenz gehalten hast, war überwältigend. Eine Frau, die vor mir saß, hat sogar geweint.«
»Wahrscheinlich hatte sie gerade mit sich selbst zu tun«, konterte Jeane. Sie mühte sich ab, um sich wieder aufrecht hinzusetzen, statt sich an mich zu lehnen, und ich fühlte, wie dort, wo wir uns vorher berührt hatten, die Kälte an mir hochkroch. »Ich bin so feindselig, dass ich alle Leute von mir wegstoße, sogar wenn ich eigentlich möchte, dass sie mir nahe kommen. So wie bei dir, es spielt gar keine Rolle, ob du eine alberne Frisur hast und diese überteuerten Poserklamotten trägst …«
»Was hattest du gerade noch mal gesagt von wegen aufhören, schnippische Urteile über andere abzugeben, bloß weil sie sich nicht in einer von Jeane autorisierten Art und Weise kleiden?«, fragte ich sie säuerlich und sie schnaubte und zappelte auf der Stelle. Ich glaube, Melly und Alice fingen an, ein bisschen auf sie abzufärben.
»Das ist genau, was ich meine. Trotz deines bedauernswerten persönlichen Stils bist du doch in der Lage zu unabhängigen Gedanken und du weißt massenweise interessante Sachen über Computer und Hongkong und künstliche Intelligenz, und deine Eltern sind echt cool, und es war richtig, dass du sie wegen New York nicht anlügen wolltest, aber ich sehe immer alles nur aus meiner Sicht, und meine Sicht ist eben ziemlich verblendet. Ich will einfach nur ein Teil der Welt sein, statt die ganze Zeit auf sie herabzusehen, und genau das werde ich verdammt noch mal jetzt auch tun.«
Ich hörte, was Jeane sagte. Ich stimmte ihr in einigen Punkten sogar zu. Sie maulte die ganze Zeit darüber, wie oberflächlich dieLeute waren und dass sie andere nicht verurteilen sollten, bloß weil sie verrückter und ganz anders waren als sie selbst, aber im Grunde war Jeane von allen, die ich je getroffen hatte, die Person mit den meisten Vorurteilen. Andererseits war Jeane verrückt und anders, und unter der Voraussetzung, dass es absolut keine Zeugen dafür gab, musste ich sogar zugeben, dass es genau ihre Verrücktheit und ihre Andersartigkeit waren, die ich am meisten an ihr mochte. »Ich würde jetzt aber nichts überstürzen«, riet ich ihr. »Ich meine, du fühlst dich im Moment ganz offensichtlich ziemlich aufgewühlt, aber du kannst doch trotzdem mit Adorkable und den Flohmärkten und dem ganzen anderen Kram weitermachen.«
»Nein, das kann ich nicht. Es wäre falsch. Das bin nicht mehr ich. Ich will meine Klamotten nicht mehr auf dem Flohmarkt kaufen. Ich will welche von TopShop.«
Ich konnte mir nicht helfen. Ich fing an zu lachen, denn nur Jeane konnte so unfreiwillig komisch sein, wenn sie es eigentlich todernst meinte. Ich wunderte mich im Grunde nicht, als sie mich dafür schlug, aber sie entschuldigte sich sofort und sagte: »Ich werde andere Leute nicht mehr hauen, bloß weil sie anderer Meinung sind als ich. Ich werde in Zukunft so unkompliziert sein, dass niemals wieder jemand anderer Meinung ist als ich.«
Darüber musste ich noch mehr lachen. Ich stand auf. »Du kannst doch nicht einfach deine ganze Persönlichkeit ändern. Streitlustig zu sein, ist in deiner DNA fest verdrahtet.«
»Wart’s nur ab«, murmelte sie düster, stand auf und folgte mir zum Auto. »Lass uns auf dem Rückweg irgendwo anhalten, damit ich mir eine Jeans kaufen kann.«
Ich hatte immer gedacht, dass die sonderbarste Sache an Jeane,und das wollte wirklich etwas heißen, die Tatsache war, dass sie kein einziges Paar Jeans besaß. »Vielleicht solltest du dich erst mal ganz langsam annähern«, schlug ich vor, als wir den Wagen erreichten. »Fang doch erst mal mit einem Paar farbigen Jeans an. Vielleicht in Orange?«
»Blue Jeans« sagte Jeane bestimmt. »Und außerdem brauche ich auch noch etwas Haarfärbemittel.«
Jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte mein Lachen unter Kontrolle bekommen, gluckerte es wieder zurück nach oben, sodass Jeane am Schluss gezwungen war, sich auf ihre Hände zu setzen, um nicht immer versucht zu sein, mich wieder zu hauen.
37
Das war’s, Leute!
Ihr wisst doch alle noch, dass ich immer gesagt habe, dass es bei Adorkable darum geht, seinen eigenen Weg im Leben zu verfolgen und dem Mainstream eine lange Nase zu drehen (auch wenn ich mir nie wirklich bildlich vorstellen konnte, wie das aussehen könnte), ob es um die Kleider geht, die man trägt, oder die Musik, die man hört, oder die
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