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Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Titel: Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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mich weiter mit Fragen löchern würde, aber sie starrte nur noch auf die Routenführung des Navi. Wir waren nur noch ein paar Meilen von unserem Ziel entfernt, und ich fragte mich immer noch, wohin wir wohl fuhren, aber sie schien nicht in der Stimmung zu sein, es mir zu sagen.
    »Fahren Sie die nächste links. Sie haben Ihr Ziel erreicht«, informierte mich das Navi, als ich auf einen Friedhof einbog. Das Schild sagte zwar, es sei ein Naturfriedhof, aber für mich sah es einfach wie ein Friedhof aus.
    »Was machen wir hier? Sind deine Großeltern hier begraben?«
    Jeane schüttelte den Kopf. »Andrew. Ich hab dir doch von ihm erzählt.« Sie schnallte sich ab. »Obwohl mir jetzt, wo wir hiersind, klar wird, dass ich keine Ahnung habe, wo genau sein Grab ist. Wir müssen nach einer Bank und einem Wildkirschbaum suchen. Weißt du, wie ein Wildkirschbaum aussieht?«
    Es war eisig. Ein unerbittlicher, feuchtkalter Wind fegte über die Felder zu uns herüber und der Boden gab unter unseren Füßen nach, während wir die Grabsteine zu entziffern versuchten. Sie waren nicht in Reihen angeordnet, sondern mehr oder weniger zufällig verteilt. Ich glaube, es war schön, dass jedes Grab seinen eigenen Platz hatte und sie nicht alle so dicht zusammen lagen, aber es war trotzdem deprimierend, über einen Friedhof zu laufen, auch wenn es ein ökologisch korrekter Friedhof war.
    Schließlich fanden wir das richtige Grab, nachdem wir eine komplette Runde gelaufen und fast schon wieder am Auto angekommen waren. Ich wartete etwas abseits, als Jeane sich niederkauerte und mit dem Ärmel ihres Kunstpelzanoraks über den Grabstein wischte.
    ANDREW SMITH
    1983 – 1994
    A LLERLIEBSTER S OHN, GELIEBTER B RUDER,
    VIEL ZU FRÜH VON UNS GENOMMEN.
    R UHE MIT DEN E NGELN, DU TAPFERER, WUNDERBARER J UNGE.
    Unter einem Baum, vielleicht ein Wildkirschbaum, stand eine Holzbank, auf die ich mich setzte. Jeane entfernte einen vertrockneten Blumenstrauß aus einer Vase am Sockel des Grabes und arrangierte ihre eigenen Blumen darin. Dann blieb sie noch einige lange Momente dort in der Hocke sitzen, was die Hölle fürihre Knie sein musste, bis sie sich langsam wieder aufrichtete und zu mir herüberkam.
    »Mir wurde bewusst, dass dies das erste Weihnachtsfest ist, an dem niemand sein Grab besucht«, sagte sie und setzte sich neben mich. Jetzt war es sogar noch kälter, eine kriechende feuchte Kälte, die sich anfühlte, als wolle sie sich in meine Knochen nagen, und auch Jeane zitterte, also legte ich meinen Arm um sie; nicht auf eine begrapschende Art, sondern mehr wie ein Pfadfinder, der sich an den anderen kuschelt, damit beide warm bleiben, weil sie in einer Überlebenstrainingsübung vom Rest der Gruppe getrennt wurden. Sie drängte sich dicht an mich. »Die einzige Person, die in diesem Jahr kommen konnte, war ich.«
    »Macht dich das traurig?«, fragte ich neugierig, weil sie auf mich eher nachdenklich als traurig wirkte.
    »Dieser Ort ist nicht gerade ein großer Spaß, aber für die Menschen, die sich denen nahe fühlen möchten, die sie verloren haben, ist es ein schöner Ort.« Sie kräuselte ihre Nase. »Obwohl man eigentlich auch nicht alles stehen und liegen lassen muss, um hierher zu kommen, um sich an jemanden zu erinnern. Sie sind ja entweder tot, und das war’s, oder wenn es eine Art Leben nach dem Tod gibt, sind sie sowieso immer bei dir.« Sie nickte mit dem Kopf in Richtung des Grabes. »Ich meine, das hier sind ja nur seine Knochen, nicht er selbst.«
    »Oh, Jeane, Jeane, Jeane …«, sagte ich, und mir fiel ganz ehrlich nichts anderes ein, das ich hätte sagen können. »Irgendetwas ist ganz und gar nicht in Ordnung, oder?«
    »Ja, das stimmt, aber ich werde das schon wieder in Ordnung bringen«, sagte sie. »Denn ich möchte nicht sterben und niemanden haben, der mein Grab besucht.«
    »Du stirbst nicht«, sagte ich und versuchte, es wie einen Witz klingen zu lassen, aber ich war jetzt doch beunruhigt, ob sie vielleicht selbstmordgefährdet sein könnte oder so was.
    »Klar, natürlich werde ich jetzt nicht sterben«, sagte sie mit einem Hauch ihrer altvertrauten Unverschämtheit in der Stimme, was eine echte Erleichterung für mich war. »Falls ich nicht von einem Bus umgemäht werde, plane ich, noch jahrelang hier zu sein, aber ich möchte nicht, dass mein Leben lang und einsam ist, und so, wie ich im Moment lebe, wird es einsam sein. Nein, schlimmer als das. Ich werde allein sein.«
    »Du wirst doch nicht allein sein. Du

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