Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben

Deutsch-Hausaufgaben zu machen, waren für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr in sich selbst verliebt. Als ob es nötig wäre, jeden einzelnen Zufallsgedanken für die Nachwelt zu twittern. Es war ganz offensichtlich, dass das alles totale Loser waren, die keine Freunde hatten, also gingen sie auf Twitter und fachsimpelten zusammen mit einer Riesenmenge anderer sozialer Randexistenzen, die auch keine Freunde hatten, über irgendwelchen Mist.
    Na gut, ich war auf Twitter und auch bei Facebook und MySpace, aber abgesehen von einem einzigen Tweet (»Also, was passiert als Nächstes?«) hatte ich mich nie damit befasst. Und wenn ich mir Jeanes Twitter-Seite ansah, dann war es richtig gewesen, das Twittern anderen Leuten zu überlassen, denn ihr Twitter-Feed bestand fast nur aus Antworten auf andere Tweets, und es war, wie dreißig angesagte Witze zu lesen, die eigentlich gar nicht richtig witzig waren.
    Ich fand es auch alles andere als lustig, dass Jeanes Tweets von mehr als einer halben Million geistig zurückgebliebener Irrer verfolgt wurden. Wie war das überhaupt möglich? Funkelten ihre Tweets vor magischem Staub? Es gab richtige, echte Stars aus dem Fernsehen und den Zeitungen, die weitaus weniger Follower hatten als sie.
    Ich starrte ungläubig auf den Bildschirm, als ihre Seite sich plötzlich updatete.
    ad ♥ rkable_ Jeane Smith
    Kann sich das hier wirklich Kuchen nennen, auch wenn seine Hauptbestandteile Käse und Karotten sind?
    Ich klickte auf den Link, um das Bild von einem Stück des saftigen und köstlichen Karottenkuchens zu sehen, den ich nur einige Stunden zuvor auf dem Trödelmarkt gegessen hatte.
    Jeane verbrachte die nächsten fünf Minuten damit, mit der breiten Masse, die an jeder von ihr getwitterten Silbe hing, über die Vorzüge von Karottenkuchen und Kuchen im Allgemeinen zu diskutieren.
    ad ♥ rkable_ Jeane Smith
    Ich habe nichts gegen einen Hauch von Chili in meiner Schokolade (hmm, lecker!), aber ich bin mir nicht sicher, wie ich zu Rosenwassermuffins stehe.
    Ich war automatisch als @winsomedimsum eingeloggt (alle Kombinationen von Michael Lee mit meinem Geburtsdatum waren schon vergeben), und ich stürzte mich so plötzlich ins Getümmel,dass ich gar keine Zeit hatte, mir eine Million und einen Grund einfallen zu lassen, warum das keine gute Idee war.
    winsomedimsum_is_yum
    @ad ♥ rkable: Was hältst du von Parma-Veilchen?
    Ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    ad ♥ rkable_ Jeane Smith
    @winsomedimsum Ich mag den Gedanken an sie mehr, als ich sie in der Realität mag. Sie schmecken, wie die Handtaschen von älteren Damen riechen. Weißt du, was ich meine?
    Ich wusste genau, was sie meinte. Wenn meine Großmutter bei uns zu Gast war, bat sie mich regelmäßig, ihr ihre Lesebrille oder ein extra Taschentuch oder »fünfzig Pence, damit du dir etwas Schönes kaufen kannst« aus ihrer Handtasche zu holen, und es roch immer pudrig und leicht blumig und modrig, eben genau so wie die Blüten von Parma-Veilchen.
    winsomedimsum_is_yum
    @ad ♥ rkable Na ja, wenn du schon mal Wasserkastanienkuchen gegessen hast, ist Karottenkuchen etwas für Angeber und Langweiler.
    ad ♥ rkable_ Jeane Smith
    @winsomedimsum OMG! Das will ich unbedingt probieren! Und was ist noch mal das rote Zeug in chinesischen Brötchen. Das ist noch viel geiler!
    winsomedimsum_is_yum
    @ad ♥ rkable Eine Paste aus roten Bohnen. Das ist echt was für den sensiblen Gaumen.
    ad ♥ rkable_ Jeane Smith
    @winsomedimsum Oh ja, genau das Richtige für mich.
    Dann sprachen wir darüber, wie sehr wir beide Milch hassten, »außer in Tee natürlich«, was zu einem Gespräch über Joghurt und Hüttenkäse führte, von dem eine Freundin Jeanes, die Patti hieß, behauptete – und Stein und Bein darauf schwor –, dass man ihn rot gefärbt in Horrorfilmen als Blut verwendete.
    Eine Stunde war verflogen, und Jeane und ihre Freunde twitterten jetzt über eine Band, die sie sich alle am folgenden Wochenende ansehen würden. Ich hatte noch nie von dieser Band gehört, aber ich war ziemlich sicher, dass es sich genau um die Sorte Musik handeln würde, die ich nicht leiden konnte; entweder entrückte und misstönende Klänge über das Händchenhalten in Eisdielen oder so laut und nervtötend, dass deine Ohren anfangen zu bluten.
    Ich kannte mich mit der korrekten Twitter-Etikette nicht aus. Verabschiedete man sich, bevor man sich ausloggte, wie ich es in einem Chatroom immer machte? Oder ging man einfach so, weil alle anderen