Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
Minuten, bis alle Details bezüglich des Mittagessens geklärt waren, und schließlich kletterten wir vonder Rückbank des Vans aus dem Wagen. »Nehmt euch aus dem Kühlschrank, was ihr wollt, aber wenn ihr meine ganzen Haribos aufesst, bringe ich euch um«, rief Jeane noch, bevor sie die Tür des Vans zuknallte. Sie drehte sich mit einem zufriedenen Lächeln zu mir um. »Na ja, immerhin haben wir so das Taxi gespart.«
Ich war viel erleichterter, als sie mit mir die Auffahrt hochlief, als ich es je für möglich gehalten hätte. »Du hättest aber ruhig auch mit ihnen abhängen können, wenn du das gewollt hättest«, sagte ich, als ich die Haustür aufschloss.
»Aber wir hatten uns doch schon etwas vorgenommen«, sagte Jeane, als ob unsere Pläne in Stein gemeißelt wären. »Und außerdem ‒ fünf Leute, die alle gleichzeitig mein Bad benutzen möchten? Nein, danke!«
Das Haus war kalt und ruhig, und ich konnte kaum glauben, dass meine Mum nicht auf einmal die Treppe heruntereilen und mich dafür ausschimpfen würde, dass ich meine Samstagnacht-Deadline gebrochen hatte, und mir Hausarrest verordnen würde, bis ich mein Abitur erfolgreich in der Tasche hatte. Aber sie war in Devon, also machte ich Jeane eine Tasse Tee, und es stellte sich heraus, dass sie ebenfalls große Lust auf ein Schinken-Sandwich hatte.
Sie schwang sich auf die Arbeitsplatte, immer noch in ihrer wattierten Goldjacke, die aussah, als sei sie aus einem alten Morgenmantel recycelt worden, und sah zu, wie ich einige Scheiben Brot von einem Sauerteiglaib schnitt, sie in den Toaster schob und dann Öl in einer Pfanne erhitzte.
»Als ich sechs war, beschloss ich, Vegetarierin zu werden, weil ich plötzlich begriff, dass ein Sonntagsbraten immer aus ehemaligen süßen kleinen Hühnchen oder Lämmern oder so bestand«, erzählte Jeane plötzlich. »Meine Mutter ist so lächerlich hippiemäßig drauf, dass sie keine andere Wahl hatte, als das zu akzeptieren. Auf jeden Fall dauerte mein Vegetarierdasein nur ganze fünf Tage an, denn samstagmorgens machte mein Vater immer Schinken-Sandwiches, und als er und meine Mutter mir sagten, ich könne davon keins essen, weil Schinken auch Fleisch sei und ich doch Vegetarierin war, wurde ich so wütend, dass ich zwei Wochen nicht mehr mit ihnen sprach.« Sie lachte auf diese seltsame schnaubende Art und Weise und schüttelte ihren Kopf. »Meine Mutter dachte, ich hätte meine Stimme verloren, bis sie mitbekam, dass ich mit meiner Schwester Bethan noch sprach.«
»Gott, als ich sechs war, interessierte ich mich mehr für Pokémons als für die Umwelt«, sagte ich, als ich die Speckscheiben umdrehte und zurücksprang, um keine Fettspritzer abzubekommen. »Wir lebten damals in Hongkong, und man konnte dort superbillig Pokémon-Imitate bekommen, die meine Mutter aber nicht kaufen wollte, weil sie fest davon überzeugt war, dass sie aus giftigem Material bestanden und mit kleinen Teilchen aus Metall und Glas gespickt wären. Offenbar habe ich mich bei einer Gelegenheit – als sie mir einen pelzigen Pikachu nicht kaufen wollte ‒ mal mitten auf die Straße geworfen und bin vollkommen ausgerastet.«
Jeane streckte ihre Beine aus und grinste. »Und wie hat deine Mutter reagiert?«
»Sie stieg mit einem großen Schritt über mich hinweg und ging einfach weiter.« Ich konnte mich noch gut an das klebrige, heiße Pflaster unter meinen Fäusten erinnern und den Geruch von Ingwer, Chilis und Frühlingszwiebeln aus dem Nudelshop und denMoment der Niederlage, in dem ich mich schließlich aufraffte und meiner Mutter hinterherrannte. »Es ist sehr schwer, meiner Mutter eins auszuwischen.«
»Wirklich? Ich finde es sehr leicht, meiner Mum eins auszuwischen«, sagte Jeane mit einer Stimme so sauer wie Zitronensaft.
»Was ist denn mit deinem Vater?«, fragte ich zögernd. »Du hast gesagt, dass du ihn Ende der Woche sehen wirst.«
Jeane zog ein fürchterliches Gesicht; die Augen fest zusammengepresst, Mund und Nase verschwanden in einer schmerzhaften Falte. »Gott, meine Eltern sind wirklich zwei der uninteressantesten Sachen an mir.« Sie riss Blätter von der Küchenrolle ab, als ich die Herdplatte unter dem Speck abdrehte. »Ich würde viel lieber noch mehr von Hongkong hören. Wie lange habt ihr dort gelebt?«
Es war schon spät, und wir waren beide müde und froren, und so schlugen wir unser Lager in meinem Dachzimmer auf, auch wenn meine Mutter einen Anfall bekommen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ich ein
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