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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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nicht in Eile zu sein.
    Er macht ein paar Schritte nach links, stellt sich ihr vorsichtig in den Weg und sagt: »Entschuldigen Sie, Ma’am. Könnte ich eine Minute mit Ihnen reden?«
    »Sie reden wollen?«, fragt sie mit wohl klingender Stimme. »Mein Englisch nicht gut.«
    Ihre Offenherzigkeit lässt etwas in Walt schmelzen. »Das ist nicht schlimm. Ich mache es Ihnen einfach. Ich möchte wirklich nur ein paar Minuten mit Ihnen zusammensitzen.«
    »Sitzen?«
    »Vielleicht in der Bar? Der Devil’s Punchbowl?«
    Sie rümpft die Nase. »Essen nicht so gut hier. Mag nicht.«
    »Wir brauchen nichts zu essen.«
    Sie sieht ein wenig besorgt aus, als müsse sie irgendwo anders sein.
    »Halte ich Sie auf?«
    »Mit jemand heute Abend. Verstehen?«
    »Sie sind mit jemand anders zusammen? Sie haben ein Date?«
    »Date, ja.« Das Mädchen nickt, lächelt Walt an und geht dann weiter. Nach ein paar Schritten dreht sie sich um und gleitet wieder auf ihn zu. »Kein Date morgen«, sagt sie leise und mit leuchtenden Augen. »Komm morgen wieder, bin dann dein Date.«
    Etwas rührt sich in Walts Brust, und es kann nur sein Herz sein. Er hatte kaum zu hoffen gewagt, dass diese Frau durch eine schlichte Geschäftstransaktion zu haben sein würde. Aber hier steht sie und wartet auf seine Antwort.
    »Du kommst morgen?«, fragt sie. »Oder ich mache anderes Date?«
    Walt schluckt und versucht, die Realität dessen, was ihm angeboten wird, zu bewältigen.
    »Dir nicht leidtun«, flüstert das Mädchen. »Ich Nummer eins. Du kommst viele Male. Fühlst dich wieder wie zwanzig. Schön?«
    Walt schnappt nach Luft wie einst als Achtzehnjähriger in Tokio. Damals kletterte das erste Straßenmädchen auf sein Bein und bot ihm etwas an, von dem er noch nie gehört hatte. Prostitution war legal in Japan, doch mit Sicherheit nicht in Texas, und er wäre fast explodiert in dem Moment, als sie ihr warmes Fleisch an seine Uniformhose drückte.
    »Morgen«, sagt er schließlich. »Morgen werde ich dein Date sein.«
    Das Mädchen streckt eine anmutige Hand aus und fährt mit einem Fingernagel über seine Brust. »Ich mag dich. Wie du heißt?«
    »J. B.«
    »Zhaybee?«
    »So ungefähr.«
    »Okay. Gehe jetzt. Date wartet.«
    Sie wendet sich erneut ab, doch diesmal legt Walt, ermutigt durch ihre Freimütigkeit, eine Fingerspitze auf ihr geschwungenes Schlüsselbein.
    Als sie sich erneut umdreht, glaubt er, ein Aufblitzen von Zorn zu erkennen, doch dann kehrt das sanfte Lächeln des Orients zurück, an das er sich aus längst vergangenen Zeiten erinnert. »Ja, Zhaybee?«
    »Wie heißt du?«
    Ihr Lächeln wird breiter. »Tut so leid. Hab vergessen zu sagen. Heiße Ming.«
    »Ming?«
    »Ming. Wie die Vase, ja?«
    »Ich werd’s nicht vergessen.«
    »Bis bald.«
    Walt sieht zu, wie ihre geschmeidige Gestalt über den Teppich gleitet, bis sie in der Menge dicker amerikanischer Körper untertaucht, die sich um die Spielautomaten drängen.
    »Nun machst du wohl Schluss mit mir, was?«, fragt Nancy hinter ihm gereizt.
    Walt dreht sich zu ihr um, entdeckt die unverfälschte Kränkung in ihrem Gesicht und versucht, sie so schonend wie möglich zu behandeln. »Wir hatten eine gute Strähne, Nancy. Oder etwa nicht?«
    »Was ist so toll an ihr?«
    Was ist nicht toll an ihr?, überlegt Walt.
    »Sie ist so verdammt mager«, sagt Nancy, »dünn wie eine Bohnenstange. Nichts zum Festhalten, wenn du in den Sattel steigst.«
    Walt lächelt geduldig.
    »Aber das spielt wahrscheinlich keine Rolle, weil du sowieso nicht mehr in den Sattel steigen kannst.«
    Trotz der Häme in ihrer Stimme holt Walt seine Brieftasche hervor und zieht 500 Dollar von Penns Geld heraus.
    »Wir hatten eine gute Strähne, Honey. Möchtest du einen Ratschlag von einem alten Mann hören?«
    »Das sind die einzigen Schläge, die ich nicht leiden kann.« Nancys Gesicht hat sich wieder verhärtet. »Ratschläge.«
    Walt lässt sie nicht aus den Augen, sodass sie ihm ins Gesicht sehen muss.
    »Okay, okay, fang schon an.«
    »Du hast es bestimmt schon früher gehört. Aber ich möchte, dass du diesmal die Ohren spitzt. Such dir einen anderen Beruf.«
    »Wunderbar. Danke, Großvater. Weißt du, wie schwierig es ist, in dieser Stadt einen Job zu finden, der das einbringt, was ich auf den Schiffen verdiene?«
    »Such dir eine neue Stadt. Mädchen leben nicht lange in diesem Gewerbe.«
    Ein paar kurze Sekunden lang erwidert Nancy seinen Blick, ohne sich zu verstellen. Sie ist völlig wehrlos, fast hoffnungsvoll,

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