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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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wollen. »Ich habe deine Eltern lange nicht gesehen.«
    »Sie sprechen noch immer von dir. Besonders Dad.« Ich möchte nicht, dass sie weitere Fragen nach Annie stellt. Dazu hat sie kein Recht.
    »Charlotte ist nicht das, was ich erwartet hatte«, sagt sie.
    »Nein?«
    »Es ist viel kleiner, als ich dachte. Genau wie Boston. Langsam komme ich zu dem Schluss, dass im Grunde alles eine Kleinstadt ist. Das Zeitungsgeschäft ist eine Kleinstadt. L.A. ist eine Kleinstadt. Paris ist eine Kleinstadt.«
    »Vielleicht sieht das alles nur aus dem Fenster einer Limousine klein aus. Wenn man die Telefonnummern sämtlicher Leute hat, auf die es ankommt.«
    Sie antwortet nicht, doch nach einer Sekunde lässt sie meine Hand fallen. In der Nähe des Festivaltors bleibt sie stehen und sieht mich ohne den Schutzschild ihrer Ironie an. »Das ist die Frage, nicht wahr?«
    »Was?«
    »Auf wen es ankommt.«
    »Ja.«
    Ihr Blick lässt mich nicht los, obwohl die Menge um uns herumwirbelt. »Und deine Antwort?«
    »Auf Annie.«
    »Du hast natürlich recht.« Sie dreht sich zu den Jahrmarktlichtern um und streift sich ihren schwarzen Haarschleier aus dem Gesicht. »Es ist seltsam. So vertraut und doch … ich weiß nicht. Du scheinst nicht ganz beieinander zu sein.« Sie neigt den Kopf und versucht, die Zeit zu durchdringen, die wie eine unsichtbare Wand zwischen uns schwebt. »Liegt es an mir? Oder ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Was tust du hier, Caitlin?«
    Ihre Augen verengen sich. »Das habe ich dir doch gesagt. Ich arbeite an einem Artikel.«
    »Über New Orleans?«
    Eine Sekunde lang wendet sie den Blick ab. »Es könnte einen Ansatzpunkt für Natchez geben.«
    Bevor ich mich danach erkundigen kann, ruft eine Männerstimme zweimal rasch hintereinander ihren Namen. »Da bist du ja!«, sagt der Neuankömmling, ein gutaussehender Mann von fünfunddreißig, der sich mit einiger Mühe aus dem Chaos löst. Er umklammert Caitlins Rechte mit beiden Händen. »Ich habe überall nach dir gesucht. Dabei bin ich auf die Bühne geraten und habe mit ein paar Gospelsängern gesprochen. Sie sind fantastisch!«
    Caitlin befreit wie beiläufig ihre Hand und stellt mich als Bürgermeister von Natchez vor. Der gutaussehende Mann heißt Jan sowieso.
    »Jan dreht einen Dokumentarfilm über den Vorfall auf der Danziger Bridge«, sagt Caitlin.
    »Das Brücken- Massaker «, korrigiert Jan, als wäre das der Titel des Films.
    Auf der Danziger Bridge, einer Hubbrücke in New Orleans, wurden vier weiße Polizisten von einer Gruppe Schwarzer beschossen, woraufhin sie das Feuer erwiderten und zwei der Männer töteten. Die Schwarzen behaupteten später, sie seien unbewaffnet gewesen. Wie bei so vielen Dingen, die sich in den ersten Tagen nach der Überschwemmung durch Katrina ereigneten, hat man bisher noch nicht ermittelt, was wirklich geschah. »Ich bin sicher, dass sie in Park City begeistert sein werden«, sage ich mit einem spröden Handelskammerlächeln.
    Jan blickt einen Moment lang verwirrt drein, und Caitlin wirkt erstaunt. Normalerweise kann ich meine Emotionen besser im Zaum halten, doch heute Abend ist mir das alles schnuppe.
    »Vergnügt euch. Ich muss meine Tochter finden.«
    Und damit suche ich das Weite. Ich hätte es nicht länger aushalten können, und diese Erkenntnis erschreckt mich. Aber während ich durch das Festivaltor auf die blitzenden Neonlichter über den Fahrgeschäften zugehe, die am Kliff aufgebaut sind, werde ich nicht von Kummer, sondern von Caitlins Worten in Anspruch genommen: »Ich arbeite an einem Artikel … Es könnte einen Ansatzpunkt für Natchez geben.«
    So unwahrscheinlich es ist, überlege ich doch, ob ihr die Gerüchte über Hundekämpfe, Prostitution und Drogenmissbrauch, in deren Mittelpunkt die Magnolia Queen steht, zu Ohren gekommen sind. Eine Andeutung eines ihrer Lokalreporter würde genügen, um ihr Interesse zu wecken, und sie würde sich jedem Aspekt der Story widmen. Falls Caitlin tatsächlich irgendwelche Reporter mit Recherchen beauftragt hat, könnte sie in Gesprächen mit mir jeden Hinweis darauf vermeiden. Es gab eine Zeit, in der wir einander alles anvertraut haben, aber im Laufe unserer Beziehung merkten wir, dass wir als Anwalt und Journalistin – sogar als Romanautor und Journalistin – unterschiedliche Vorstellungen über vertrauliche Informationen hatten, und das führte zu Konflikten.
    Dreißig Meter vor mir erhasche ich einen Blick auf Libby, und ein Dolch des Schuldbewusstseins durchbohrt

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