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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Mackeys abschließender Rat an Libby und Soren lautete, dass der Junge jeder illegalen Droge in Adams County mindestens hundert Meter fernbleiben solle, denn bei seiner nächsten Verhaftung werde Shad Johnson keine Nachsicht kennen. Dieser Tag ist nun gekommen, und Libby scheint sich wie eine Ertrinkende an mich zu klammern.
    »Libby, du musst dich beruhigen«, sage ich besänftigend. »Du kannst Soren nicht helfen, wenn du dich nicht zusammenreißt.«
    »Versprich mir, dass du unterwegs bist«, erwidert sie mit unbeirrbarer Dringlichkeit. »In einer Minute bringen sie ihn in eine Zelle!«
    Verdammt. Ich schließe für einen Sekundenbruchteil die Augen, während mein Auto die Franklin Street überquert und auf den viktorianischen Teil des Ortes zuhält. »Libby, hör mir zu. Ich werde vorbeikommen und versuchen, euch zu helfen, aber du kannst nicht …«
    Sie stößt einen Klagelaut aus; dann wird das Geräusch ohne Vorwarnung zu einem Entsetzensschrei.
    »Was ist los?«, rufe ich. »Was ist geschehen?«
    Ein Rattern deutet darauf hin, dass Libbys Handy über einen Fliesenboden rutscht. Ich höre verwirrte Rufe, mehrere klatschende Schläge, dann ein Kreischen, gefolgt von einem Heulen der Wut und Furcht. Das Telefon rattert erneut; dann schluchzt jemand. Libby hat das Handy gepackt. Sie schnappt sekundenlang nach Luft und bittet mich danach in einem Wortschwall, zum Revier zu kommen. Ich warte, bis ihr die Puste ausgeht, und frage noch einmal, was geschehen ist.
    »Sie schlagen ihn zusammen! Sie haben ihn mit Pfefferspray besprüht.«
    Ich versuche, mir die Szene auszumalen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polizei von Natchez einen Neunzehnjährigen ohne jede Provokation verprügelt. »Hat Soren als Erster gehandelt?«
    »Er hat einen der Polizisten geschlagen«, flüstert sie. »Sie haben ihn brutal zurück in die Zelle geschleppt, und er hat jemanden mit der Faust getroffen. Es war bloß ein Reflex! Penn, hilf mir. Bitte! Ich habe Angst, dass sie ihm etwas Schreckliches antun oder ihn zusammen mit einem Mörder einsperren. Wenn ich dir je etwas bedeutet habe, dann komm bitte her.«
    Vor einer Minute noch hätte ich beteuert, dass mich nichts von meinem Treffen mit Tim um Punkt Mitternacht abhalten könnte. Doch Schuldbewusstsein ist ein unwiderstehliches Motiv. Mit einem stummen Fluch reiße ich das Lenkrad nach rechts und rase nach Norden zum Polizeirevier.
    Es ist dreizehn Minuten nach Mitternacht, als ich mit kreischenden Reifen den Parkplatz des Reviers hinter mir lasse. Wut und Furcht lassen meine Hände zittern. Libby ruft irgendetwas hinter mir her, aber sie ist nicht so laut wie ihr Sohn, der in der Ausnüchterungszelle wüste Obszönitäten brüllt. Die Polizei hat ein halbes Pfund Gras im Kofferraum des Autos gefunden, das von Soren gelenkt wurde, aber ich bin mir fast sicher, dass er von Crystal Meth high war. Soren ist eigentlich ein sanfter Junge, der nicht zu Gewalt neigt, aber wenn er trinkt oder irgendeine Droge außer Marihuana zu sich nimmt, kocht sein Zorn über seinen Vater hoch, und er wird unberechenbar.
    Ein Fahrgast in dem Auto, das er gerammt hat, musste mit einem Hubschrauber vom St. Catherine’s Hospital zum University Medical Center in Jackson evakuiert werden. Schlimmer noch – jedenfalls für Soren – war sein Faustschlag nach dem Polizisten, der versucht hat, ihn aus dem Empfangsbereich zum Zellentrakt zu schleppen. Durch diesen Schlag beförderte Soren Jensen sich für die Polizeibehörde von Natchez auf die falsche Seite einer deutlichen Grenze. Die Wunde an der Wange des Polizisten musste mit drei Stichen genäht werden, und Soren zog mit einer Portion Pfefferspray im Gesicht in die Zelle ein. Aber das ist bloß das Vorspiel zu dem, was geschehen wird, wenn Shad Johnson sich des Falles annimmt.
    Alles das verschwindet aus meinem Gedächtnis, als ich nach Westen zum Friedhof jage. Selbst wenn ich nicht von einem Streifenwagen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten werde, dürfte ich mich zu meinem Treffen mit Tim um fast eine halbe Stunde verspäten.
    Ich rase die Cemetery Road hinauf, vorbei an der beeindruckenden Silhouette von Weymouth Hall, und plötzlich begreife ich, warum Tim Jewish Hill für unsere Begegnungen gewählt hat. Die untere Ebene des Friedhofs, die den sich drehenden Engel enthält, wird durch die Straßenlaternen an der Cemetery Road in ein orangenes Glühen getaucht. Aber wegen seiner Höhe bleibt der Jewish Hill in Dunkelheit

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