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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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»Oh, er läuft mit seinen Freunden herum und jammert über die Bands, die dieses Jahr gebucht wurden. Wohin wollt ihr?«
    »Daddy hat ein Interview«, sagt Annie, offensichtlich nicht begeistert von dem Gedanken, herumstehen zu müssen, während ich Reden schwinge.
    »Wenn du willst, kannst du mit mir kommen, solange er für die Kameras auf die Pauke haut.« Libby zwinkert mir zu. »Ich habe gerade gesehen, wie ein paar deiner Freundinnen im Space Walk verschwunden sind.«
    »Darf ich, Dad?«
    Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch, und Libby bestätigt durch ein Nicken, dass sie die Einladung ernst gemeint hat.
    »Gut. Wir treffen uns in ungefähr einer halben Stunde. Aber wir bleiben nicht lange. Ich muss heute Abend noch arbeiten und möchte für den Ballonflug morgen früh ausgeruht sein.«
    »Das würde ich gerne miterleben«, sagt Libby und kichert frech.
    »Ich pass auf, dass er eine Kotztüte mitnimmt«, erklärt Annie.
    Ich winke sie davon und mache mich wieder nach Rosalie auf, wobei ich mir überlege, wo Tim Jessup in diesem Moment sein könnte. Ob er Blackjack-Karten auf dem Schiff austeilt, das unterhalb des Friedhofs vertäut ist? Oder ob er sich mit seinem gestohlenen Beweismaterial in irgendeinem Hotelzimmer versteckt hat und Kette raucht, während er auf Mitternacht wartet? Aber es gibt zurzeit keine freien Hotelzimmer. Meine Sorge um Tim schließt die Furcht vor Gewalt mit ein, denn Gewalt war stets ein Teil des Bodens unter meinen Füßen. Fort Rosalie, die ursprüngliche französische Garnison in Natchez, wurde 1716 errichtet. 1729 massakrierten die wütenden Natchez-Indianer sämtliche französischen Soldaten in der Festung, um sie für Misshandlungen zu bestrafen – woraufhin französische Verstärkungen im Jahr darauf alle eingeborenen Männer, Frauen und Kinder abschlachteten, die sie finden konnten. Während des Bürgerkriegs wurde Rosalie von General Grant als Hauptquartier benutzt, doch vorher hatte es ungezählte Raubüberfälle, Vergewaltigungen und Morde im Bezirk Under-the-Hill erlebt, der in seinem Schatten lag.
    Ist es möglich, frage ich mich, dass Männer sich auf einer dunklen Lichtung jenseits des Flusses versammeln, um zuzusehen, wie hungernde Tiere einander in Stücke reißen, während halb nackte Mädchen Getränke servieren?
    Nachdem ich das östliche Ende des Zaunes von Rosalie umrundet habe, durchschneidet ein Videolicht die Dunkelheit, und mehrere braune Köpfe hüpfen in seinem Gleißen auf und ab. Wenn die Gasbrenner der Ballons wie Laternen aussehen, ist das Videolicht ein weiß glühender Stern, der eine blonde Frau mit einem Handmikrofon vor Rosalies Tor erhellt. Sie interviewt ein paar Kinder, die nach Katrina anscheinend von New Orleans hierher geflüchtet sind. Zwei Fernseh-Übertragungswagen parken in der Nähe, und mehr als ein Dutzend Journalisten ruft den Kindern aus den Schatten Fragen zu.
    Als ich mich dem Scheinwerfer nähere, winkt mich die Produzentin heran, mit der ich vorher gesprochen hatte, und erklärt mir, was sie benötigt: das übliche Handelskammerprogramm. Nachdem das Interview mit den Kindern beendet ist, nehme ich ihren Platz vor dem Tor ein und blinzle, bis meine Pupillen sich dem grellen Licht angepasst haben.
    Im Fernsehen wirke ich nicht wie ein Bürgermeister, eher wie ein Bezirksstaatsanwalt, was ein zweischneidiges Schwert ist. Trotz meiner verminderten Begeisterung für meinen Posten kann ich die Public Relations von Natchez im Schlaf herunterbeten. Das diesjährige Ballonfestival hat jedoch eine tiefere Bedeutung als sonst. Da die Hotels und Unterkünfte der Stadt bis zum Bersten mit notleidenden Familien gefüllt sind, meinen viele Einheimische, wir sollten die Ballonrennen aus Respekt vor den Hurrikanflüchtlingen absagen, zumal dann auch unsere überstrapazierten Mittel geschont würden. Aber das Ballonfestival hat eine zwanzigjährige Tradition, und zusammen mit anderen führenden Persönlichkeiten vertrat ich den Standpunkt, die Durchführung der Rennen werde unter diesen außergewöhnlichen Umständen eine einigende Kraft für die Gemeinschaft sein. Während ich die Situation vor dem Mikrofon der Fernsehreporterin darlege, gibt sie sich verblüfft, doch ich weiß, dass sie über ihre nächste Frage nachdenkt – oder über ihre Wimperntusche oder darüber, wo sie einen gezuckerten Spritzkuchen bekommen kann, wie ihn eines der Flüchtlingskinder isst. Ich versuche, meine Werbung für die Stadt zum Schluss mit ein wenig

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