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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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dunkelsten Ecke eines Parkhauses in Liverpool. Auf dem Sitz neben mir steht eine große Einkaufstüte aus Papier mit einem Griff aus geflochtener Kordel. Darin befinden sich meine alten Kleider, während ich jetzt eine dunkelgraue Hose, einen Wollpullover und einen Mantel trage. Mein Haar
ist gestutzt, mein Gesicht frisch rasiert. Zwischen meinen Beinen lehnt ein Gehstock. Wenn ich schon wie ein Krüppel gehe, kann ich genauso gut ein bisschen Mitleid dafür heischen.
    Das Telefon klingelt. Ich erkenne die Nummer auf dem Display nicht und frage mich für den Bruchteil einer Sekunde, ob Bobby mich gefunden haben könnte. Ich hätte wissen müssen, dass es Ruiz ist.
    »Sie überraschen mich, Professor O’Loughlin.« Seine Stimme klingt vollkommen kratzig und verschleimt. »Ich hätte Sie für die Sorte gehalten, die mit einem Team von Anwälten und einem PR-Berater in der nächsten Polizeiwache aufkreuzt.«
    »Tut mir Leid, wenn ich Sie enttäuscht habe.«
    »Ich habe zwanzig Pfund verloren. Keine Sorge – jetzt läuft eine neue Wette. Es geht darum, ob Sie erschossen werden oder nicht.«
    »Wie stehen die Einsätze?«
    »Ich kriege eine Quote von drei zu eins dafür, dass Sie der Kugel ausweichen.«
    Ich höre Verkehrslärm im Hintergrund. Er ist auf der Autobahn.
    »Ich weiß, wo Sie sind«, sagt er.
    »Sie raten.«
    »Nein. Und ich weiß auch, was Sie versuchen.«
    »Sagen Sie’s mir.«
    »Sagen Sie mir erst, warum Sie Elisa ermordet haben.«
    »Ich habe sie nicht ermordet.« Ruiz zieht an einer Zigarette. Er raucht wieder. Ich empfinde ein eigenartiges Triumphgefühl. »Warum sollte ich Elisa umbringen? Bei ihr habe ich die Nacht des dreizehnten November verbracht. Sie war mein Alibi.«
    »So ein Pech für Sie.«
    »Sie wollte eine Aussage machen, aber ich wusste, dass Sie ihr nicht geglaubt hätten. Sie hätten ihre Vergangenheit ans Licht gezerrt und sie gedemütigt. Ich wollte nicht, dass sie all das noch einmal durchmachen muss …«

    Er lacht so wie Jock häufig, als wäre ich nicht ganz dicht.
    »Wir haben die Schaufel gefunden«, sagt er. »Sie war unter einem Haufen Blätter vergraben.«
    Wovon redet er? Denk nach! An Tante Gracies Grab lehnte eine Schaufel.
    »Die Jungs und Mädels vom Labor haben uns ein weiteres Mal stolz gemacht. Sie haben eine Übereinstimmung der an der Schaufel gesicherten Bodenproben mit denen von Catherines Grab festgestellt. Und dann haben sie an der Schaufel Ihre Fingerabdrücke nachgewiesen.«
    Wann hört das auf? Ich möchte gar nichts mehr wissen. Stattdessen rede ich gegen Ruiz an, bemüht, die Verzweiflung aus meiner Stimme zu halten. Ich sage, dass er zum Anfang zurückgehen und nach der Missbrauchakte gucken soll.
    »Sein Name ist Bobby Morgan – nicht Bobby Moran. Lesen Sie die Fallnotizen. Alle Teile sind da. Setzen Sie sie zusammen …«
    Er hört mir nicht zu. Die Sache übersteigt sein Begriffsvermögen.
    »Unter anderen Umständen würde ich womöglich Ihren Enthusiasmus bewundern, aber ich habe schon genug Beweise«, sagt er. »Ich habe ein Motiv, die Gelegenheit und die Indizien. Sie hätten Ihr Revier auch nicht besser markieren können, wenn Sie in jede Ecke gepisst hätten.«
    »Ich kann alles erklären – «
    »Gut. Dann erklären Sie es den Geschworenen! Darin liegt ja die Schönheit unseres Rechtssystems – Sie bekommen jede Menge Gelegenheiten, Ihren Fall darzulegen. Wenn die Geschworenen Ihnen nicht glauben, können Sie vor dem High Court und danach vor dem House of Lords und zuletzt vor dem scheiß Europäischen Menschengerichtshof Einspruch einlegen. Sie können den Rest Ihres Lebens Eingaben machen. Das hilft einem bestimmt auch, die Zeit zu vertreiben, wenn man lebenslang eingelocht ist.«

    Mit einem Knopfdruck beende ich das Gespräch und schalte das Handy aus.
    Ich nehme die Treppe zur Straße, werfe meine alten Kleider und Schuhe sowie die Reisetasche mit den durchgeweichten Papierfetzen aus meinem Hotelzimmer in einen Mülleimer. Ich gehe die Straße hinunter und schwinge munter und unbeschwert meinen Stock. Jedenfalls hoffe ich, dass es so aussieht. Einkäufer sind unterwegs, und jeder Laden ist mit Lametta dekoriert und spielt Weihnachtslieder. Davon kriege ich Heimweh. Charlie liebt diesen Kram – die Kaufhausweihnachtsmänner, Fensterdekorationen und die alten Bing-Crosby-Filme, die immer in Vermont spielen.
    Als ich die Straße überqueren will, entdecke ich auf der Seite eines Transporters ein Plakat mit der Aufschrift: GROSSFAHN-DUNG

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