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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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versuchen, den Anruf zurückzuverfolgen. Bei Handys müssen sie rückwärts vorgehen und die Funkmasten identifizieren, die die Signale weiterleiten. Zwischen London und Liverpool gibt es vermutlich ein halbes Dutzend Sender, und mit jedem abgehakten wird das Suchgebiet kleiner.
    »Ich möchte, dass du nicht auflegst, Julianne, auch wenn ich mich gleich nicht mehr melde. Es ist wichtig.« Ich schiebe das Handy unter den Fahrersitz. Die Zündschlüssel stecken noch. Ich schließe die Tür, ziehe mich mit gesenktem Kopf in die Dunkelheit zurück und frage mich, ob mich irgendwer beobachtet.
    Zwanzig Minuten später steige ich an einem verlassen und ausgebrannt wirkenden Bahnsteig dankbar in einen Vorortzug. Die Wagen sind beinahe leer.

    Mittlerweile wird Ruiz von meinen Buchungen für Züge, Fähren und Flugzeuge erfahren haben. Ihm wird klar sein, dass ich versuche, seine Ressourcen zu erschöpfen, aber überprüfen muss er es trotzdem.
    Der Express nach London fährt vom Bahnhof Lime Street ab. Die Polizei wird jeden Wagen durchsuchen, aber ich spekuliere darauf, dass sie nicht im Zug bleiben. Der nächste Halt ist Edgehill, wo ich kurz nach halb elf Uhr abends einen Zug nach Manchester besteige. Nach Mitternacht steige ich in einen Zug nach York um. Bis der Great Northern Express nach London abfährt, habe ich drei Stunden Wartezeit, in denen ich in einer schwach beleuchteten Schalterhalle sitze und den Putzfrauen bei ihrem Wettbewerb zusehe, wer die wenigste Arbeit macht.
    Ich zahle meine Fahrkarte in bar und wähle den vollsten Wagen. Betrunken stolpere ich durch den Gang, falle halb auf andere Fahrgäste und murmele Entschuldigungen.
    Nur Kinder starren Betrunkene an. Erwachsene meiden jeden Blickkontakt in der Hoffnung, dass ich weitergehe und einen anderen Sitzplatz suche. Als ich an ein Fenster gelehnt einschlafe, seufzt der ganze Waggon erleichtert auf.

7
    Die Zugreisen meiner Jugend waren Fahrten aus dem Internat nach Hause oder wieder zurück ins Internat, auf denen ich mich mit Tüten voller Süßigkeiten und Kaugummi voll stopfte, die in Charterhouse nicht erlaubt waren. Manchmal denke ich, Semtex wäre vielleicht eher akzeptiert worden als Kaugummi. Einer der älteren Schüler, Peter Clavell, schluckte so viel davon, dass sein Darm verstopfte und die Ärzte die Blockade durch das Rektum entfernen mussten. Kein Wunder, dass Kaugummi danach nicht mehr so beliebt war.

    Die aufmunternde Rede meines Vaters zu Schuljahresbeginn lief letztendlich auf eine Warnung aus sieben Wörtern hinaus: »Ich will nichts von deinem Direktor hören.« Als Charlie eingeschult wurde, gelobte ich, ein anderer Vater zu sein. Ich setzte mich hin und hielt ihr eine Rede, die ich lieber für den Wechsel auf die höhere Schule oder vielleicht sogar den Beginn ihres Studiums aufbewahrt hätte. Julianne kicherte die ganze Zeit, was Charlie ansteckte.
    »Und hab keine Angst vor Mathe«, beendete ich meinen Vortrag.
    »Warum?«
    »Weil viele Mädchen Angst vor Zahlen haben. Sie reden sich die Begabung für bestimmte Sachen aus.«
    »Okay«, sagte Charlie ohne den Hauch einer Ahnung, wovon ich redete.
    Jetzt frage ich mich, ob ich ihren Schulwechsel miterleben werde. Wochenlang habe ich mir Sorgen gemacht, dass ich wegen der Krankheit bestimmte Dinge verpassen könnte. Aber neben Mord verblassen solche Befürchtungen zu Belanglosigkeiten.
    Als der Zug im Bahnhof King’s Cross einfährt, gehe ich von Wagen zu Wagen und halte nach Polizisten auf dem Bahnsteig Ausschau. Dann geselle ich mich zu einer älteren Frau, die einen großen Koffer hinter sich herzieht. An der Absperrung biete ich ihr meine Hilfe an, und sie nickt dankbar. An dem Schalter der Fahrkartenkontrolle drehe ich mich zu ihr um. »Wo ist deine Fahrkarte, Mum?«
    Ohne mit der Wimper zu zucken, gibt sie mir ihren Fahrschein. Ich gebe dem Schaffner beide Fahrkarten und lächele ihn müde an.
    »Schrecklich, so früh raus zu müssen, was?«, sagt er.
    »Ich werde mich nie dran gewöhnen«, antworte ich, als er mir die Abrisse gibt.
    Ich bahne mir einen Weg durch die volle Bahnhofshalle und
bleibe vor dem Eingang eines Ladens stehen, um die Schlagzeilen der nebeneinander gestapelten Morgenzeitungen zu überfliegen. DAS GESTÄNDNIS: »ICH HABE CATHERINE GETÖTET« schreit die Sun in einer Balkenüberschrift.
    Die seriöseren Blätter vermelden steigende Zinsraten und einen drohenden Streik der Postarbeiter. Catherines Geschichte – meine Geschichte – liegt unter der Falz.

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