Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
flachen Meißel, die auf der Werkbank im Wohnzimmer liegen, und ziehe mich dann auf dem langen Boot vor dem Flammenherd zurück, pralle gegen Wände und schlage mit dem Hammer gegen die Luken. Aber das Glas ist verstärkt.
An dem Schott befindet sich eine kleine Tür zu einem Laderaum. Ich zwänge mich hindurch und zappele wie ein gestrandeter Fisch, bis meine Beine mir folgen. Unter mir schlängeln sich Seile über ölige Planen. Ich muss mich im Bug des Schiffes befinden. Über meinem Kopf ertaste ich die Konturen einer Luke und suche nach einem Riegel. Dann setze ich den Meißel an einem Spalt an und schlage mit dem Hammer dagegen, aber der Winkel stimmt überhaupt nicht.
Das Boot hat inzwischen leichte Schlagseite. Wasser ist in das Heck gelaufen. Ich liege auf dem Rücken und stemme mich mit beiden Füßen gegen die Unterseite der Luke und trete schreiend und fluchend fest einmal, zweimal, dreimal dagegen. Schließlich gibt das Holz splitternd nach. Grelles Licht fällt durch die Luke. Als ich mich umdrehe, hat sich das Benzin in der Kabine entzündet und explodiert in einem orangefarbenen
Feuerball, der auf mich zuschießt. Ich ziehe mich ans Licht und rolle zur Seite weg. Frische Luft umfängt mich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor Wasser über meinem Körper zusammenschlägt. Innerlich schreiend sinke ich unerbittlich nach unten, bis meine Füße Halt in dem Schlamm finden. Ans Ertrinken denke ich nicht, ich will nur eine Weile hier unten bleiben, wo es kühl und dunkel und grün ist.
Als der Druck auf meiner Lunge unerträglich wird, strebe ich an die Oberfläche, wo ich mich auf den Rücken drehe und gierig nach Luft schnappe. Das Heck des Bootes ist unter Wasser gesunken. Die Farbeimer in der Werkstatt explodieren wie Granaten. Der Motor hat ausgesetzt, aber das Boot wendet sich weiter langsam von mir ab.
Mit schlammigen Schuhen wate ich ans Ufer und ziehe mich an einer Hand voll Halme hoch. Die ausgestreckte Hand ignoriere ich. Ich will mich nur hinlegen und ausruhen. Mein Körper zuckt. Meine Beine schlagen gegen die Ufermauer, und dann sitze ich auf dem verlassenen Treidelpfad. Vor den grauen Wolken zeichnen sich die Umrisse riesiger Kräne ab.
Ich erkenne Bobbys Schuhe. Er greift unter meine Arme, umfasst meine Brust und hebt mich hoch. Sein Kinn bohrt sich in meinen Hinterkopf, als er mich trägt. Ich kann das Benzin an seinen Kleidern riechen. Vielleicht sind es auch meine. Die Realität scheint weit weg.
Ein Schal wird um meinen Hals geschlungen und fest zugezogen. Ein Knoten drückt gegen meine Luftröhre. Das andere Ende ist irgendwo angebunden, sodass ich mich auf Zehenspitzen stellen muss. Meine Beine zappeln wie die einer Marionette, ich finde keinen Halt auf dem Boden und ringe weiter nach Luft. Ich schiebe meine Finger unter den Schal und versuche, ihn von meinem Hals wegzuhalten.
Wir befinden uns im Hof einer verlassenen Fabrik. An einer Wand stapeln sich Holzpaletten. Dachbleche sind im Sturm heruntergefallen. An den Mauern sickert Wasser herab, das einen
Wandbehang aus schwarzem und grünem Schleim gewebt hat. Bobby rückt von mir ab. Sein Gesicht ist schweißnass.
»Ich weiß, warum du das tust«, sage ich.
Er antwortet nicht. Er legt seine Anzugjacke ab und krempelt die Hemdsärmel hoch, als hätte er etwas zu erledigen. Dann setzt er sich auf eine Kiste und zückt ein weißes Taschentuch, um seine Brille zu putzen. Seine Ruhe ist bemerkenswert.
»Für den Mord an mir wirst du nicht ungeschoren davonkommen. «
»Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie umbringen will?« Er legt die Bügel seiner Brille über die Ohren und sieht mich an. »Sie werden gesucht. Wahrscheinlich kriege ich eine Belohnung. « Seine Stimme verrät ihn. Er ist unsicher. Aus der Ferne höre ich ein Martinshorn. Die Feuerwehr ist unterwegs.
Bobby hat garantiert die Morgenzeitungen gelesen. Er weiß, warum ich gestanden habe. Die Polizei muss jeden Fall wieder öffnen und die Einzelheiten überprüfen. Sie werden Uhrzeiten, Daten und Orte miteinander vergleichen und meinen Namen in die Gleichung einbringen. Und was werden sie herausfinden? Dass ich sie nicht alle getötet haben kann. Dann werden sie sich fragen, warum ich gestanden habe. Und vielleicht – nur vielleicht – taucht dann Bobbys Name in derselben Gleichung auf. Wie viele Alibis kann er in petto haben? Wie gut hat er seine Spuren verwischt?
Ich muss ihn weiter unvorbereitet erwischen. »Ich habe gestern deine Mutter besucht. Sie hat nach
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