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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Wie soll ich Elisa erklären? Wie kann ich alles wieder gutmachen? Julianne hat mich gefragt, ob ich es nicht ungewöhnlich finde, dass eine Frau, die ich seit fünf Jahren nicht gesehen habe, ermordet wird und die Polizei mich bittet, sie bei ihrer Identifizierung zu unterstützen. Ich habe aalglatt erwidert, dass Zufälle nur eine Reihe von Dingen sind, die gleichzeitig passieren. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass Bobby als Patient ausgerechnet an mich überwiesen wird? Oder dass Catherine am Abend ihres Todes meine Praxis angerufen hat? Wann hören Zufälle auf, Zufälle zu sein, und werden zu einem Muster?
    Ich bin nicht paranoid. Ich nehme aus den Augenwinkeln keine Schatten wahr und male mir keine finsteren Verschwörungen aus. Aber irgendwas geht hier vor, das größer ist als die Summe seiner Teile.

    Mit diesem Gedanken schlafe ich ein und wache irgendwann in der Nacht plötzlich schwer atmend und mit pochendem Herzen auf. Ich kann nicht erkennen, wer oder was mich jagt, aber ich weiß, dass es da ist, lauernd und lachend.
    Die Kargheit der Zelle scheint jedes Geräusch zu verstärken. Ich liege wach und lausche dem schwankenden Quietschen der Federn, tropfenden Wasserkästen, im Schlaf brabbelnden Betrunkenen und den Schritten der Wärter, die in den Fluren widerhallen.
    Heute ist der Tag. Man wird entweder Anklage erheben oder mich gehen lassen. Ich sollte ängstlicher und besorgter sein, aber ich spüre vor allem Distanz und Abgehobenheit gegenüber dem Geschehenen. Ich schreite meine Zelle ab und denke, wie bizarr das Leben sein kann, betrachte sämtliche Drehungen und Wendungen, all den Zufall und das Pech, die Fehler und Missverständnisse. Ich bin nicht wütend oder verbittert. Ich habe Vertrauen in das System. Schon bald wird man erkennen, dass die Beweise gegen mich nicht stichhaltig sind. Sie werden mich laufen lassen müssen.
    Dieser Optimismus kommt mir selbst seltsam vor, wenn ich meine von Natur aus zynische Haltung gegenüber Recht und Ordnung bedenke. Jeden Tag werden unschuldige Menschen hereingelegt. Ich habe die Beweise dafür selbst gesehen. Sie sind unbestreitbar. Trotzdem habe ich keine Angst, dass mir das Gleiche passieren könnte.
    Dafür mache ich meine Mutter und ihren unerschütterlichen Glauben an Autoritätspersonen wie Polizisten, Richter und Politiker verantwortlich. Sie ist in einem Dorf in den Cotswolds aufgewachsen, wo der Wachtmeister mit einem Fahrrad unterwegs war, jeden Bewohner beim Namen kannte und die meisten Verbrechen binnen einer halben Stunde gelöst hat. Er war der Inbegriff von Gerechtigkeit und Ehrlichkeit. Seither hat meine Mutter ihre Ansichten nicht geändert, ungeachtet regelmäßiger Berichte über Polizisten, die Beweise türken, Bestechungsgelder
annehmen und Aussagen fälschen. »Gott hat mehr gute Menschen geschaffen als schlechte«, sagt sie, als ob diese Art von Volkszählung alles klären würde. Und wenn das trotzdem höchst unwahrscheinlich klingt, fügt sie hinzu: »Im Himmel werden sie die Quittung bekommen.«
     
    Eine Klappe in der unteren Hälfte der Tür geht auf, und ein Holztablett wird über den Boden geschoben. Ich bekomme eine Plastikflasche Orangensaft, einen grauen Brei, von dem ich annehme, dass es Rührei ist, und zwei Scheiben Toast, die über einen Toaster gewedelt worden sind. Ich schiebe es beiseite und warte auf Simon.
    Mit seiner Krawatte mit einem Muster aus Stechpalmenzweigen und silbernen Glöckchen sieht er überaus munter aus. Es ist eine Krawatte von der Sorte, wie sie mir Charlie zu Weihnachten schenken wird. Ich frage mich, ob Simon je verheiratet war oder Kinder hat.
    Er kann nicht lange bleiben, weil er vor Gericht erwartet wird. Aus seinem Aktenkoffer hängen einige Strähnen seiner Pferdehaarperücke. Die Polizei hat um eine Blutprobe gebeten, sagt er. Dagegen habe ich keine Einwände. Außerdem bemüht man sich um eine Genehmigung, meine Patienten zu befragen, doch ein Richter hat der Polizei die Einsicht in meine Patientenakten verwehrt. Gut so.
    Die größte Neuigkeit betrifft die beiden Anrufe von Catherine in meiner Praxis. Meena, gelobt seien ihre Baumwollsocken, hat den Detectives berichtet, dass sie Anfang November zwei Mal mit Catherine gesprochen hat.
    Ich hatte die Suche nach einer neuen Sekretärin völlig vergessen. Meena hatte im Guardian eine Anzeige in der Rubrik medizinische Berufe geschaltet. Ich hatte verlangt, dass die Neue entweder Erfahrung als Sprechstundenhilfe haben oder ausgebildete

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