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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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dem Parkinson«, fährt er sanfter fort. »Muss einen ziemlich umhauen, eine solche Nachricht zu bekommen – vor allem wenn man eine gut aussehende Frau, eine junge Tochter und eine erfolgreiche Karriere hat. Wie viele Jahre werden Sie verlieren? Zehn? Zwanzig? «
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich schätze, eine solche Nachricht kann einen ziemlich sauer auf die Welt machen. Sie haben doch mit Krebspatienten gearbeitet. Sagen Sie es mir – sind die verbittert und fühlen sich betrogen?«
    »Einige schon.«
    »Ich wette, einige würden gern die ganze Welt in Schutt und Asche legen. Ich meine, warum sollen sie all das Pech allein ertragen. Was macht man in einer solchen Lage? Tritt man leise ab oder wütet man dagegen an, dass das Licht ausgeht? Man könnte alte Rechnungen begleichen oder etwas wieder gutmachen. Gegen ein bisschen Selbstjustiz ist doch nichts einzuwenden, wenn es sonst keine Gerechtigkeit gibt.«
    Ich möchte lachen über seinen unbeholfenen Versuch einer Psychoanalyse. »Ist es das, was Sie tun würden, Inspector?« Ruiz braucht eine Weile, bis er merkt, dass ich jetzt ihn mustere. »Glauben Sie, dass Sie zum Richter in eigener Sache werden könnten?«
    Zweifel trüben seinen Blick, doch er verdrängt sie. Er möchte das Thema wechseln, doch ich möchte ihm alles über Menschen
mit tödlichen oder unheilbaren Krankheiten erklären. Ja, einige möchten gegen das Gefühl von Frustration und Hilflosigkeit anrennen. Doch Wut und Verbitterung verblassen schnell. Anstatt in Selbstmitleid zu versinken, trotzen sie den zornigen widrigen Winden und schauen nach vorn. Und sie beschließen, jeden Moment zu genießen, den sie noch übrig haben, sie wollen das Mark aus dem Knochen des Lebens saugen, bis es über ihr Kinn tropft.
    Ruiz lässt seine Füße auf den Boden gleiten, legt beide Hände flach auf den Tisch und stemmt sich von seinem Stuhl hoch. Er spricht weiter, ohne mich anzusehen: »Ich will, dass Sie wegen Mord angeklagt werden, doch der leitende Staatsanwalt sagt, dass ich nicht genug Beweise habe. Er hat Recht, aber ich auch. Ich werde weitersuchen, bis wir noch mehr finden. Es ist nur eine Frage der Zeit.« Sein Blick scheint auf etwas in großer Ferne gerichtet.
    »Sie mögen mich nicht, oder?«, frage ich.
    »Nicht besonders.«
    »Warum?«
    »Weil Sie mich für einen tumben, unflätigen Trottel halten, der keine Bücher liest und glaubt, die Relativitätstheorie hätte etwas mit Inzucht zu tun.«
    »Das ist nicht wahr.«
    Er zuckt die Schultern und greift nach der Klinke.
    »Wie viel von all dem ist persönlich?«, frage ich.
    Seine Antwort dringt polternd durch die zufallende Tür. »Bilden Sie sich bloß nichts ein.«

3
    Dieselbe Wachtmeisterin, die mich in den letzten achtundvierzig Stunden begleitet hat, überreicht mir meinen Tennisschläger und ein Päckchen, das meine Uhr, meine Brieftasche, meinen Ehering und meine Schnürsenkel enthält. Ich muss mein Geld inklusive der losen Münzen nachzählen und den Empfang quittieren.
    Die Uhr an der Wand sagt, es ist 21.45 Uhr. Welcher Tag? Mittwoch. Noch sieben Tage bis Weihnachten. Auf dem Tresen steht ein kleiner silberner Baum, der mit Lametta und einem wackeligen Stern geschmückt ist. Dahinter hängt ein Spruchband an der Wand, auf dem steht: »Allen Menschen Friede und Wohlgefallen.«
    Die Polizistin bietet an, mir ein Taxi zu bestellen. Ich warte im Empfangsbereich, bis der Fahrer draußen hupt. Ich bin müde, schmutzig und stinke nach abgestandenem Schweiß. Ich sollte nach Hause fahren, doch als ich auf die Rückbank des Taxis gleite, verlässt mich der Mut. Ich möchte dem Fahrer sagen, dass er in die andere Richtung fahren soll. Ich will Julianne nicht gegenübertreten. Bei ihr wird Wortklauberei nichts helfen, sondern nur die reine Wahrheit.
    Ich habe nie jemanden so sehr geliebt wie sie – nicht bis Charlie kam. Es gibt keine Rechtfertigung, sie zu betrügen. Ich weiß, was die Leute sagen werden. Sie werden es eine klassische Midlife-Crisis nennen. Ich bin vierzig geworden, habe meine eigene Sterblichkeit gespürt und einen One-Night-Stand gehabt. Vielleicht werden sie es auch dem Selbstmitleid zuschreiben. An demselben Tag, an dem ich von meiner fortschreitenden neurologischen Erkrankung erfahren habe, schlafe ich mit einer anderen Frau – um meinen Anteil an Sex und Abenteuer abzubekommen, bevor mein Körper kollabiert.
    Ich habe keine Entschuldigung für das, was passiert ist. Es
war kein Unfall oder ein Moment des Wahnsinns. Es

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