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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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ihrem Pakt zurücktraten und ihm halfen, dem guten Priester aus Cantimpré wieder Leben einzuhauchen …. Doch dieser höhere Wille, der von seinem Bewusstsein Besitz ergriffen hatte, dieser höhere Wille riet ihm davon ab, sich zu äußern.

    Die Instrumente zum Sezieren hingen an langen Lederriemen herab; Abt Profuturus ergriff ein Messer und trat an Abas Leichnam heran. Er schlitzte eine Öffnung in das Hirschleder und zog am linken Unterarm einen tiefen Schnitt durch das fahle Fleisch.
    Daraufhin nahm er ein Fläschchen mit rubinrotem Blut zur Hand und ließ mit Hilfe einer Lanzette ein paar Tropfen auf die dunkle Wunde fallen, die er geöffnet hatte.
    Perrot, der mit neuen Fähigkeiten gesegnet war, seitdem seine Sinne sich in Alarmstimmung befanden, konnte nicht nur verstehen, was der Abt dachte, sondern auch dessen Gedankengänge nachvollziehen und bis zum Ausgangspunkt seiner Erwartungen zurückverfolgen.
    Viele Male schon hatte er Blutübertragungen vorgenommen, durch die ein Körper mit einem anderen verbunden wurde, damit ein Kranker aus dem Blut eines gesunden Körpers Nutzen zog. Doch ohne dass er begriff, warum, waren manche Blutübertragungen von Erfolg gekrönt, während andere die Versuchskaninchen binnen weniger Sekunden töteten.
    Er musste das universelle Blut entdecken, das sogenannte »Blut Christi«, das mit allen Menschen und allen Tieren harmonierte. Das war unerlässlich für den positiven Ausgang des Wiederauferstehungs-experiments nach Salomons Beschwörungsformeln.
    Profuturus suchte zwanzig Jahre lang und ließ dabei Tausende von Menschen zur Ader. Die große Mehrheit unter ihnen kam dabei ums Leben. Bis er auf die Idee kam, sich mit den Stigmatisierten zu befassen.
    Er entdeckte, dass das Blut, das diese Auserwählten mit den sechs Wundmalen des gekreuzigten Christus vergossen, nicht ihr eigenes war … Und dass es mit dem aller Menschen harmonierte.
    Er hatte das Blut Christi gefunden.
    Perrot beobachtete Artemidore de Broca.
    Die Wiederauferstehung der Toten! Was aber sollte mit den Verbrannten, den Enthaupteten, den von wilden Tieren Gefressenen geschehen?
Wie sollten die Seelen sich bei der Rückkehr des Herrn wieder mit diesen Körpern vereinen?
    Perrot suchte in Profuturus’ Geist nach der Antwort.
    Jeder Kadaver bewahrt, selbst wenn er zu Asche zerfallen ist, ein charakteristisches Merkmal: einen »Abdruck« der Seele, die in ihm wohnte. Diese jedem lebenden Wesen eigene Prägung ist die Garantie dafür, dass jeder beim Jüngsten Gericht seinen Körper wiederfindet. Den Beweis dafür haben wir seit langer Zeit vor Augen: Als Jesus mit dem Ruf: »Komm heraus!« Lazarus wieder von den Toten auferweckt, ruft er nicht seine Seele an (wie es all diese vorgeblichen Wunderheiler tun, die sich mit Auferstehungen brüsten), sondern seinen seit vier Tagen in der Grabhöhle in Bethanien hingestreckten Körper.
    Belebt den Körper wieder, und Ihr gebt ihm seine Seele zurück. Die von Christus verheißene Auferstehung der Toten ist von Geburt an in unserem Fleisch eingeprägt.
    Das war die umwälzende Entdeckung, die Arthuis de Beaune hier machte, nachdem er Demokrits Schriften über das Atom, die »Visionen« des heiligen Silas und die Philosophie des Einen nach Parmenides durchdrungen hatte.
    Zur Stunde der Wiederauferstehung wird der Körper seine Seele erwecken und nicht umgekehrt!
    Der Mönch rezitierte weiterhin unerschütterlich und mit langsamer Stimme Salomon, dabei wiederholte er unablässig denselben Vers, der durch dieses Skandieren wie ein düsterer, an unsichtbare Mächte gerichteter Gesang widerhallte.
    Damien und Simon sahen sie, diese unsichtbaren Mächte, die durch die Litanei herbeigerufen worden waren! Sie traten in den Raum, wirbelten um den Sarg und Pater Abas fleischliche Hülle herum …
    »Wie lange wird es dauern?«, fragte Artemidore.
    Abt Profuturus lächelte.
    »Meiner Ansicht nach kaum ein paar Augenblicke!«

    Draußen wunderten sich die Mönche über ein plötzliches Schwinden des Lichts. Ein Astrologe, der auf den Festungsmauern soeben das gerade Aufsteigen zweier Planeten bestimmen wollte, sah, wie der Himmel sich auf beunruhigende Weise verdunkelte.
    Zugleich umfing ihn mitten im Winter eine ungewohnte Wärme, wiewohl er nicht den geringsten Hauch eines Südwinds verspürte. Und dennoch rauschten die Eiben in den Gärten, die Pferde schlugen in ihren Ställen aus, und der Chor der Bronzeglocken in den kleinen Kirchen des Klosters begann ohne erkennbaren

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