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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Blutfaden rann aus Abas Unterarm wie bei einem verletzten Lebenden.

    Er trat näher, um das Gesicht zu betrachten.
    Guillem Aba funkelte beseelt und starrte auf die Zimmerdecke.
    Ein langer Augenblick entsetzten Schweigens trat ein …
    Alle bei dem Versuch anwesenden Mönche berichteten, dass sie in diesem Augenblick in der herrschenden Stille deutlich den Herzschlag des Leichnams gehört hätten …

XVII
    B enedetto Guis Gehirn lag im Todeskampf.
    Rainerio .
    Die Müdigkeit zermürbte ihn. Seine Sinne stumpften ab. Er röchelte. Dieses Röcheln hallte in ihm wider. Seine Kieferknochen und seine Schädeldecke vibrierten beim geringsten Laut, den er von sich gab. Das Innere seiner Augen brannte.
    Das über seinem Kopf angenagelte Schild war nichts mehr weiter als ein formloser Farbfleck …
    Rainerio .
    Bilder tauchten auf und rasten durch seinen Kopf. Erinnerungsfetzen wirbelten ungerufen und ohne Verbindung den zartesten Gedankengang durcheinander. Blitze verdichteten ein ganzes Leben zu einer Traumsekunde.
    Sein sagenhaftes Gedächtnis glich gegenwärtig einem zerbrochenen bunten Glasfenster, Tausenden von farbigen Splittern, die zwischen den Fensterkreuzen und Sprossen auf dem Boden verstreut waren …
    Alles vermischte sich: das Axiom des Euklid … Wenn eine Gerade zwei Geraden schneidet und mit diesen auf derselben Seite innere Winkel bildet, die zusammen kleiner sind als zwei rechte, dann treffen diese ins Unendliche verlängerten Geraden …

    … und die Erinnerung an eine Reise nach Florenz, die er mit sechzehn Jahren unternommen hatte, um in einer Ausgabe der Hochzeit der Philologia mit Merkur verfasst von Martianus Capella nachzuschlagen.
    Rainerio .
    Zapettas Bruder hat ein schreckliches Geheimnis entdeckt; eine Verschwörung, die eine Verbindung aufzeigte zwischen wundertätigen Kindern und vorgetäuschten Wundern, die von der Kirche inszeniert wurden...! Eine gewaltige Intrige, hohe Würdenträger sind darin verwickelt.
    Rainerio weiß, dass sein Leben in Gefahr ist.
    Entweder ist er tot. Oder er ist geflohen. Wohin?
    Während die Bilder, die auf ihn einstürmten, langsam ihren Sinn und Zusammenhang verloren, nahm Benedetto plötzlich verschwommen die Gestalt einer Frau wahr. Sie trat näher.
    Sie hatte lange blonde Haare, schwarze Augen, volle Hüften und eine üppige Brust. Ein tröstliches Lächeln auf dem schönen Gesicht. Sie beugte sich über das Folterbett.
    Ordo disciplinae.

»BENEDETTO GUI HAT AUF ALLES EINE ANTWORT.«
    Rainerio ist geflohen, um sich zu verstecken. Sobald er von Rasmussens Ermordung erfuhr? Wo konnte er Zuflucht suchen? Wohin sein Geheimnis retten? Womit kann er den Ruf des Laterans ruinieren?
    Nein …
    Rainerio lügt.
    Warum kommt er nur für so kurze Zeit nach Pozzo? Er verbringt nur wenige Stunden dort. Stellt er wirklich Nachforschungen an?
    Nein. Er weiß, was er will. Er kommt zum Sammeln .
    Benedetto sieht wieder Zapetta in seinem Laden vor sich, ihr besorgtes Gesicht, kurz bevor sie in Tränen ausbricht.

    Zu lange geglaubt, dass der Bruder ein Opfer ist …
    Rainerio handelt im Auftrag.
    Die junge Frau über ihm nähert ihr Gesicht dem seinen.
    Benedetto fühlt, wie ihre Haarlocken seine Wangen streicheln. Er erkennt ihr Sandelholzparfum wieder. Aurelia, seine Frau. Sie drückt ihre Lippen auf die seinen. Eiskalt.
    Kardinal Moccha und Cantimpré …
    Man verbietet ihm, über das Dorf der Wunder nachzuforschen.
    Wer? Rasmussen und Rainerio stellen sich gegen ihn und hindern ihn daran, Erkundigungen einzuziehen …?
    Schlechte Rollenverteilung.
    Als Maxime de Chênedollé in seiner verschlüsselten Botschaft die Namen der vier seit Dezember ermordeten Prälaten anführt …
    Und dann die von Rasmussen und Rainerio -
    In Wirklichkeit stellt er sie nicht mit diesen Toten in eine Reihe:
    Er bezeichnet sie!
    Er entlarvt sie!
    Rainerio ist ein Lügner!
    Inszenierung seines Verschwindens.
    Benedetto wird von seinen Folterknechten mit Schlägen und Ohrfeigen malträtiert, als er seine Lider nicht mehr vom Zufallen abhalten kann.
    Rainerio ist ein Verräter.

XVIII
    A bt Profuturus hatte Abas wiedererweckten Körper in eine geheime Zelle oben im Kloster bringen lassen, mit der Anweisung, er dürfe niemals von dem kleinen Perrot getrennt werden.
    »Wir dürfen nicht das Risiko eingehen, dass die Heilkraft des Kindes mit der Entfernung abnimmt.«
    Dem Abt entging keine noch so kleine Veränderung in Abas gesundheitlichem Zustand. Er brauchte sehr viel Pflege. Der Mann war

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