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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Entwicklung zu untersuchen. Dieser Eindringling ins Kloster kam gerade zur rechten Zeit, um sie zu ersetzen.«
    Stutzig geworden trat Até näher. Sie erbleichte. Trotz der ersten Spuren des Verfalls war sie sicher, dass sie diesen Mann schon zuvor einmal gesehen hatte.
    Plötzlich erinnerte sie sich an ihren Überfall in Cantimpré, die Kinder, den Priester, der sie unterrichtete …
    Pater Aba!
    Er war der Eindringling, der den Schlüssel ihres in Castelginaux getöteten Söldners verwendet hatte; er musste sie seit Okzitanien verfolgt haben, und offenbar war es ihm gelungen, sich in das Kloster einzuschmuggeln!
    Guillem Aba aus Cantimpré.
    Sie wandte sich um zu Perrot. Er war aschfahl. Auch er hatte den Priester wiedererkannt. Das war der schmerzlichste Schlag, den er seit seiner Entführung erhalten hatte.
    Der Raum, die morbiden Gefäße, der in Hirschleder eingenähte Leichnam, Profuturus, die Mönche - die ganze Welt gab unter seinen Füßen nach, ihm war, als würde er vom Erdboden verschlungen und wie vom Rande eines Abgrunds zu diesem maskenhaften Gesicht mit dem verstümmelten Auge hinabgezogen. Seine Augen füllten sich mit Tränen, er fühlte sich wie im Fieber.
Und dennoch schien es Perrot, als sei er in den Händen einer höheren Macht, die ihn daran hinderte, zu schreien und sich auf den Toten zu stürzen.
    All das erkannte Até intuitiv.
    Ihr gefror ebenso das Blut in den Adern wie ihm: Sie sah, wie in seinem starren Blick das aufschien, was sie an diesem mit furchtbaren Kräften begabten Jungen fürchtete. Sie wollte zu Artemidore vortreten, ihn vor der Gefahr warnen, doch sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen.
    Perrot hatte sie gesehen .
    Für den Bruchteil einer Sekunde kreuzten sich ihre Blicke; lange genug, damit Até wie gelähmt erstarrte und begriff, dass der Junge ihre Gedanken durchschaut hatte und ihr verbot, was auch immer über Aba zu verraten; genug, damit sie zu Boden stürzte und wie eine Wahnsinnige einen gellenden Schrei ausstieß.
    In der düsteren, tiefen Stille, die seit der Entblößung der Leiche in dem Raum herrschte, hallte dieser Schrei grauenerregend nach.
    Até wollte hinaus, von diesem verfluchten Ort fliehen. »Lasst mich! Ich will nicht hierbleiben!« Doch die Eisentür widerstand ihren Angriffen.
    Zuerst überrascht, dann verärgert befahl Artemidore, dass man sie entfernte.
    Von Mönchen umringt, wurde die hysterische Frau in ihre Kammer zurückgezerrt, obwohl sie in einem fort kreischte, dass sie das Kloster verlassen und so schnell wie möglich daraus verschwinden wolle … »Wir werden sterben, wir werden alle bestraft werden …!«
    Rund um den Sarg kehrte nach einem kurzen Moment der Verunsicherung wieder Ordnung ein. Artemidore war der Gefühlsausbruch seiner Tochter unangenehm. Er sah darin den Beweis einer Schwäche, die sie ein für alle Mal in seiner Wertschätzung sinken ließ. Er forderte Profuturus auf, mit dem Versuch fortzufahren.

    Der Abt befahl dem Mönch, der hinter dem Pult mit Salomons Schlüssel saß, mit dem Vorlesen zu beginnen. Langsam begann dieser den griechischen Vers zu rezitieren, ohne sich zu unterbrechen oder die Stimme zu senken.
    Währenddessen ergriff Profuturus drei Steine, einen Bernstein, einen Quarz und einen Obsidian, und legte sie auf die Öffnungen in der Tierhaut, in die Aba gehüllt war; dabei ließ er die vierte und letzte Öffnung über dem Plexus sacralis, dem Kreuzbeinnervengeflecht, frei.
    Perrot beobachtete all diese Bewegungen, als würden sie von Geisterhand ausgeführt; er blinzelte nicht mehr mit den Lidern, sein Atem beschleunigte sich und ging in kurzen Abständen.
    Niemals hatte er so viele neue Empfindungen und Wahrnehmungen verspürt, die ihm klarmachten, dass seine »Gabe« viel weitreichender war, als er sich vorgestellt hatte.
    Wieder begann er Stimmen zu hören. Doch dieses Mal verstand er: Er vernahm die inneren Stimmen der Menschen, die ihn umgaben!
    Zuerst waren es die Stimmen seiner vier Gefährten. Agnès, Jehan, Damien und Simon ahnten, dass die von dem Mönch verlesenen Beschwörungen Salomons ihre magischen Kräfte wachriefen, und besannen sich auf den Eid, den sie sich gegenseitig geschworen hatten: Sie wollten sich dem Experiment um jeden Preis verweigern und es zum Scheitern bringen.
    Aber nun ging es darum, Pater Aba wieder zum Leben zu erwecken!
    Perrot hatte Artemidore de Brocas Absichten erraten.
    Am liebsten hätte er geschrien, die Kinder angefleht und dazu getrieben, dass sie von

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