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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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grüppchenweise in die Betten sanken. Die »Dienerinnen« des Hauses waren an ihren langen, gelösten Haaren zu erkennen, die kokett auf die Schultern herabfielen. Diese Dirnen hausten in Kammern, deren Betten mit einer Füllung aus Schilfrohr gepolstert waren. Was allerdings manch lüsternen Kunden, den es wenig störte, sich in der Öffentlichkeit zu verlustieren, nicht daran hinderte, hinter einem Vorhang oder auf einer Tischkante
über eine Dalmatierin oder eine Mährin herzufallen. Der Herr des Hauses, der sich damit brüstete, dass dieses Freudenhaus seit dem Ende des Römischen Reichs im Besitz seiner Familie war, hatte immerhin eine empfindliche Nase: An die Mauern waren Holzkreuze genagelt, damit die Betrunkenen nicht dagegen urinierten.
    Marteen war Stammgast in der Spelunke; kaum angekommen, begrüßte er mehrere Tischrunden, ließ sich zu Getränken einladen und betete unablässig die Leier herunter, die er angestimmt hatte, seitdem Karen Rasmussen ihre Rückkehr nach Flandern verkündet hatte: »Ich muss fortgehen … Komme nie mehr nach Rom zurück … Kummer … Schmerz …«
    Offensichtlich ging er mit seinem Gejammer über das drohende Exil allen auf die Nerven. Der umgängliche dicke Zwerg war einerseits ein gern gesehener Gast in der Taverne, zugleich aber herrschte Erleichterung darüber, dass er bald außer Landes wäre. Vor allem bei den Mädchen. Er befleißigte sich ihnen gegenüber der gleichen Umgangsweise, die er im Palazzo an den Tag legte: Er war dumm und unbeherrscht.
    In dieser Nacht allerdings war Marteens Börse üppiger gefüllt als gewöhnlich, und sowie er den Wirt aufgefordert hatte, eine Runde Gewürzwein auszuschenken, beweinten alle ausgiebig seine Abreise. Manche klopften ihm zum Dank für einen Becher freundschaftlich auf den Rücken, andere versprachen ihm, um ihn wieder aufzurichten, hier in Rom, geduldig auf seine Rückkehr zu warten, wieder andere taten sich gerührt zusammen, um ihm ein letztes Mädchen zu bezahlen. Gewiss, ihre Wahl fiel auf das älteste und billigste des Hauses, doch Marteen wusste diese Geste treuer Kumpane durchaus zu schätzen.
    Er verscherzte sich allerdings die Sympathie seiner Zechgenossen, als er sich darauf verstieg, Flandern zu beschreiben und ein Porträt dieses Grafen Gui de Dampierre zu zeichnen, von dem
niemand in Rom je ein Wort gehört hatte und der, wie es schien, vom König von Frankreich geschröpft wurde.
    Marteen, der wie alle unangenehmen Zeitgenossen nie bemerkte, dass man ihn in Wahrheit verabscheute, beschloss, dass er nun genug von seiner Zeit diesem Ort geopfert hatte.
    Er war bereits betrunken, als er die Taverne verließ und sich anschickte, auf der menschenleeren, dunklen Straße in friedlicher Stimmung an eine Mauer zu pinkeln. Er warf einen Blick um sich, zog seine Kapuze und seinen Mantel zurecht und nahm seinen Marsch durch die kalte Nacht wieder auf.
    Dann steuerte er eine weitere Taverne an, Die Hand der schönen Catherine , eine Spielhölle. Hier forderte man sich zum Becherspiel, zum Würfeln, Karten- oder Knöchelchenspiel heraus, hier wettete man auf den Ausgang von Hahnenkämpfen, die Beinlänge des englischen Königs, die Ordinalzahl des nächsten Papstes oder auf die Menge an Litern Wein, die man in einem Zug schlucken konnte, bevor man seine Mahlzeit über die Stiefel erbrach.
    Eine Stunde später stimmte er im Chor mit anderen Trunkenbolden Gesänge an, die den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation verspotteten, sich über die Mohammedaner und Byzantiner lustig machten, sich in Obszönitäten über die Tempelritter ergingen und unter donnernden Fausthieben dazu aufforderten, alle Ketzer zu verbrennen, indem man sie in einem Weidenkorb aneinanderfesselte.
    Kurz vor dem Läuten der Matutin verabschiedete sich Marteen mit Tränen in den Augen und trat auf die Straße hinaus, um sich zu Rasmussens Palazzo zu begeben.
    Er schwankte heftig und pfiff dabei Bruchstücke von Liedern, die der Alkohol unverständlich machte. Die Schatten, die sich in einer Türleibung verborgen hatten und ihm nun folgten, nahm er nicht wahr.

    An einer Straßenecke blieb er stehen, hob den Kopf, um einen Blick zum Himmel zu werfen und sich zu fragen, ob es in Tournoi nicht nur halb so viele Sterne zu bewundern gäbe; schließlich war allgemein anerkannt, dass das Firmament dort oben weiter von der Erde entfernt war als in Rom. Er wollte seine Frage gerade betrübt bejahen, als vier Räuber über ihn

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