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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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herfielen.
    Marteens Kopf wurde in einen Sack gesteckt, er selbst wurde auf dem Rücken eines der Männer verschleppt. Betrunken und betäubt wie er war, schrie er nicht, ja, er gab kein Wort von sich: Nur ein langes, ersticktes Ächzen entrang sich seiner Kehle.
    Er wurde durch die Stadt getragen.
    Er spürte erst wieder Boden unter den Füßen, als er schwer auf einen Holzplanken fiel, der hohl klang. Marteen wurde von einem Schwindel gepackt und glaubte, die Welt würde unter seinen Füßen nachgeben, bis sein Kopf befreit wurde und er im fahlen Mondlicht entdeckte, dass er sich auf einer in der Nähe des Tiberufers schwimmenden Anlegebrücke befand, einem vertäuten Kahn, der zum Beladen der Boote diente.
    Er lag unter einer Brücke, nicht weit von der Tiberinsel entfernt, einer Nachahmung des legendären Pons Sublicius, auf dem der Held Horatius Cocles sechs Jahrhunderte vor Jesus Christus alleine eine ganze etruskische Armee in die Flucht geschlagen hatte. Heute befand sich hier das Arsenal, in dem die beschädigten Flussschiffe der Stadt von den Kalfaterern repariert wurden. In dieser Jahreszeit waren die meisten davon ans Ufer geschleppt und auf die Böschung gekippt worden, wo eines sich nun ans andere drängte. Die Mondstrahlen tauchten sie in ein gespenstisches Licht, ihre Rümpfe glichen riesigen, ruhenden Schildkröten.
    Der Ort war menschenleer.
    Marteen erblickte vier Männer, die ihn umringten und musterten, wobei ein jeder von ihnen überlegte, um was er ihn erleichtern würde. Sie begannen damit, dass sie ihm seinen Mantel und seine
Schuhe raubten. Marteen konnte flehen, soviel er wollte, er erhielt nur Ohrfeigen und Spucke zur Antwort.
    Plötzlich erschien ihm die Aussicht, Rom zu verlassen und nach Flandern zu reisen, als die beneidenswerteste Sache der Welt; wenn es ihm nur gelänge, die Sonne des morgigen Tages noch zu sehen!
    Jetzt entdeckte der Anführer der Bande auch noch seine Geldbörse. Obschon ihr Inhalt durch seine abendlichen Ausschweifungen empfindlich geschmolzen war, enthielt sie noch immer genug, um die Diebe zu erfreuen. Es folgte ein heftiger Streit zwischen diesen, in dessen Verlauf jeder behauptete, er habe Marteen als Erster gesehen und besäße damit weitergehende Ansprüche bei der Teilung der Beute.
    Die Beschimpfungen wurden wüster. Der Flame kauerte sich auf dem schwimmenden Schiff zusammen. Der Gewaltausbruch der Räuber versetzte ihn in Schrecken. Er war wie gelähmt. Plötzlich hörte er einen Gegenstand über sich pfeifen, dann ein dumpfes Geräusch; ein Mann, dem sogleich ein zweiter folgte, fiel ins Wasser. Marteen wandte den Kopf um. Im Schutz der tiefen Dunkelheit unter der Brücke näherte sich eine Gestalt auf der Böschung.
    Die zwei Diebe auf dem Kahn holten ihre Messer hervor und versuchten, mit einer Hand ihre Kumpane aus den eisigen Fluten zu ziehen.
    Marteen, der sich unbeobachtet fühlte, nahm all seinen Mut zusammen und nutzte den Moment, um aufzustehen und die Beine in die Hand zu nehmen.
    Barfuß sprang er ans Ufer, rannte unter die Brücke und schlängelte sich in der Überzeugung, er könnte entkommen, wenn er nur nicht langsamer wurde, durch die umgekippten Schiffe, ohne dem Mann, der nicht weit von ihm entfernt war, auch nur einen Blick zu schenken. Er wusste, dass er seine letzte Nacht in Rom so schnell nicht vergessen würde!

    Doch seine Flucht endete in einer Sackgasse. Der Kai wurde von einer schrägen Steinmauer versperrt, und die Brücke war zu hoch, um sich daranzuhängen. Marteen saß in der Falle und konnte nirgendwohin fliehen.
    Er hörte die Schreie der Männer, die sich versammelt und zu seiner Verfolgung aufgemacht hatten. Er wollte sich in der Dunkelheit hinhocken und zusammenkauern, aber da hörte er, wie über seinem Kopf etwas gemurmelt wurde.
    »Hierher!«
    Ein Mann streckte ihm vom ersten Holzpfeiler des Pons Sublicius die Hand entgegen. Marteen zauderte einen Augenblick, denn er kannte diese Person nicht.
    »Es gibt keinen anderen Weg. Kommt oder Ihr werdet gefangen!«
    »Wer seid Ihr?«
    »Zu spät!«
    Dieser Schrei aus tiefster Seele trieb Marteen dazu, die ausgestreckte Hand genau in dem Augenblick zu ergreifen, als die Diebe ihn eingeholt hatten. Er entkam ihnen gerade noch. Die vier Männer machten kehrt.
    »Beeilen wir uns«, sagte der Mann zu Marteen. »Sie werden um die Böschung herumrennen und uns wieder nachsetzen.«
    Er führte Marteen auf die Holzbrücke über den Tiber. Wie er vorhergesehen hatte, tauchten die

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