Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
Vom Netzwerk:
ein etwas groß geratener Zwerg aussah. Man spürte, dass er von Natur aus gereizt und unzufrieden war.
    »Sich wieder in Flandern zu begraben, nachdem man in Rom gelebt hat!«, schimpfte er. »Eine neunmonatige Reise an der Seite dieser alten Scharteke von Schwester! Im tiefsten Winter!«
    Benedetto näherte sich und hörte, wie er sich noch weiter bei seinem Gefährten beklagte.
    Er würde die Bankette im Lateran vermissen, die Vielfalt der Nahrungsmittel, die in Ostia eintrafen, die sanften Ufer des Tibers, die Klarheit der römischen Luft im Frühling, aber auch gewisse Mädchen aus den übel beleumdeten Vierteln, die ihm ein Vergnügen zu verschaffen wussten wie niemand sonst, sowie allerlei Tavernen mit bekannten Weinen.
    Benedetto schätzte, dass dieser Marteen in seiner Niedergeschlagenheit und Erregung bestimmt beabsichtigte, sich in dieser Nacht von der Ewigen Stadt zu verabschieden, bevor er aufbrach.
    Kurz darauf wurde im Palazzo ein herrlicher Sarg aus Mahagoni mit vergoldeten Bändern abgeliefert. Ein respektvolles Schweigen empfing diese lange Totenkiste, in der Rasmussen zu seiner letzten Ruhestätte in Tournai reisen sollte, doch es hielt nicht lange
an. Die Römer zerrissen sich erst recht das Maul über die Ausgaben für einen solchen Sarg, die vollkommen nutzlos verschwendet waren, um nichts weiter als einen Haufen Knochen und Würmer zu beherbergen, die sich in nichts von denen eines gewöhnlichen Sterblichen unterschieden. Sofern Henrik Rasmussen nicht einer jener Toten war, deren Körper nicht verweste und den süßen Duft der Heiligkeit verströmte, was aber niemand für wahrscheinlich hielt.
    Benedetto machte sich auf, um die Umgebung zu erkunden …

VI
    P ater Aba blieb nur wenige Stunden in Jeanne Quimpoixs Dorf. Er nahm die Karte der Region mit seinen Anmerkungen an sich und machte sich auf seiner Mauleselin, der die Zauberin einen Verband angelegt hatte, auf den Weg nach Toulouse.
    Drei Tage später traf er vor den Toren der großen Stadt ein und schaffte es gerade noch, die Stadtmauern vor deren Schließung zu passieren. So musste er nicht die Nacht in einer jener Hütten verbringen, die zu Füßen der Stadt aus dem Boden geschossen waren. Er kannte Toulouse, die von Kriegen geschundene Stadt, die seit der Kapitulation ihrer Grafen unter der Oberherrschaft des Königs von Frankreich stand, nur aus Erzählungen. Er fand sich inmitten eines brodelnden Lebens wieder, das er so nur in Paris vermutet hätte. Auf den Straßen wimmelte es trotz der Dunkelheit vor Menschen. Der Mantel aus Schnee hatte sich in Schlamm verwandelt, und während er durch die Straßen wanderte, musste er riesige Pfützen umgehen, die die Straßen aufweichten.
    Nachdem er sich nach dem Weg erkundigt hatte, gelangte er in die Rue des Auberges-du-Pont, an der sich die meisten der vierzig Gasthäuser der Stadt befanden. An jeder Fassade schwankten Schilder mit vielsagenden Namen und gedämpften Farben. Pater Aba entschied sich für L’Image Notre-Dame . Das Wirtsehepaar, das
ihn aufnahm, quartierte ihn in einer geziemend sauberen, kleinen Kammer mit einem Fenster ein, dessen Laden schlecht schloss. Dafür verfügte sie über ein dickes Federbett, auf das die Wirtsleute mit brennenden, eingerollten Handtüchern eindroschen, um die Wanzen zu töten. Im L’Image Notre-Dame konnten die Gäste Fleisch und Geflügel für sich kaufen, mussten es jedoch selbst am Spieß braten.
    Pater Aba richtete sich in seiner Kammer im oberen Stockwerk ein und stieg sodann hinab, um sich eine Mahlzeit aus Bohnen und Hafergrütze zuzubereiten. Anschließend fragte er den Gastwirt, wo sich das größte Waisenhaus für Findelkinder sowie die beste Waffenschmiede befänden.
    Der gute Mann antwortete ihm: »Rue du Guet und Rue des Acacias.«
    Nach dem Abendessen ging er, todmüde von seiner Reise, nach oben, um sich auszuruhen.
    Am nächsten Morgen begab er sich zum Waisenhaus Johannes der Täufer für Findelkinder, das als das größte der Grafschaft galt.
    Das Gebäude stand unter der Leitung der Chorherren des Prämonstratenserordens und bezog seine Einkünfte aus Spenden und aus der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Güter am Stadtrand von Toulouse. Es handelte sich um ein prunkvolles Haus, den ehemaligen Wohnsitz einer reichen Adligen, die mit den Vizegrafen von Carcassonne verschwägert war und es in ihren letzten Stunden den Chorherren vermacht hatte. Das Giebeldreieck war ebenso reich verziert wie das Tympanon einer Kirche.
    Pater

Weitere Kostenlose Bücher