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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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dicke Decken mit orientalischen Mustern eingehüllt. Aba wagte nicht zu fragen, wer er sei.
    »Sag uns, was du weißt«, murmelte der Blinde in seine Richtung.
    »Ich werde Euch gar nichts enthüllen, solange Ihr mich nicht nach Castelginaux führt. Jemand könnte dort den Jungen gesehen haben, den ich suche. Wenn die Männer in Schwarz erst vor drei Tagen zugeschlagen haben, dann sind sie vielleicht noch in unserer Reichweite!«
    Diese Antwort erzürnte den Blinden. »Mein Name ist Althoras«, erklärte er. »Isarn ist mein erklärter Nachfolger. Wenn du dich weigerst zu sprechen, werden wir dich erbarmungsloser foltern als die Dominikaner, damit du gestehst, was du weißt!«

    Es war nicht die Drohung, die Pater Aba Angst einflößte, sondern der Name des Blinden. Er hatte schon mehrere Male seit seiner Ankunft in Cantimpré über die Person des Althoras sprechen hören. Ihm eilte der Ruf voraus, dass er ein furchtbarer Räuber und Alchemist sei, der die Reichtümer des Adels ebenso an sich raffte wie die Formeln bestimmter Geisterbeschwörer. Niemand wusste, ob er noch am Leben war; dreizehn Mal hatte man ihn zum Tod durch Verbrennen verurteilt, und jedes Mal war er von seinen Anhängern befreit worden. Angeblich war er so reich wie der König von Frankreich, und es hieß, es sei ihm gelungen, an sich selbst eine Mixtur zu erproben, die ihn unsterblich gemacht habe.
    »Wenn ich mit Euch spreche«, wandte Aba ein, »dann habt Ihr keinen Grund mehr, Euer Wissen mit mir zu teilen. Ich habe alles aufgegeben, um dieses Kind wiederzufinden. Ich habe vor niemandem mehr Angst. Helft mir, so helfe ich Euch …«
    Aba wurde in eine Zelle geworfen.
    Stundenlang überprüften Althoras und Isarn seine Aussagen, studierten seine Karte und seine Aufzeichnungen aus Narbonne und zogen bei ihren Männern, die das eine oder andere Dorf kannten, Erkundigungen ein.
    Als feststand, dass Aba wirklich der Pfarrer von Cantimpré war und kein Spion, gab Althoras nach.
    »Einverstanden.«

    Der Aufbruch aus dem Gefängnis von Toulouse nach Castelginaux glich dem einer Karawanserei. Isarn und Althoras reisten nie ohne das Gros ihrer Streitmacht, gefolgt von leichten Mädchen und kleinen Taugenichtsen, die hofften, nach dem Durchzug der Räuber durch die Dörfer noch etwas zum Plündern zu finden. Die Bande bildete eine Schlange, die sich über die Straßen wand. Die
Räuber waren schwer beladen, denn sie pflegten immer ihre gesamte Habe mit sich zu nehmen.
    Verblüfft sah Aba den Tumult und die Menschenmassen, die an der Expedition teilnahmen, und verstand, weshalb diese Bande bei den Verteidigern von Recht und Ordnung als unbesiegbar galt: Sie war größer und besser ausgerüstet als die Wachen der Stadt.
    Voller Furcht vor der Autorität ihrer beiden Anführer marschierte die Truppe geordnet voran. Althoras ließ sich während der Reise in einer geschlossenen Sänfte tragen. Pater Aba folgte auf einem Esel.
     
    Am übernächsten Tag trafen sie zur Sext in Castelginaux ein. Ein blauer Winterhimmel wölbte sich über ihnen, und ein unerbittlicher Wind ließ Tiere und Menschen vor Kälte erstarren. Das Dorf war nicht so verfallen wie Cantimpré oder Aude-sur-Pont. Eine zwei Klafter breite Straße verband das Dorf mit der Welt und sicherte zu allen Jahreszeiten seine Versorgung. Die Häuser ruhten auf einem Fundament aus Steinmauern, die Dächer wirkten solide, und die Bewohner kleideten sich wie Städter.
    Doch fünf Häuser waren niedergebrannt, und überall waren Spuren erbitterter Kämpfe zu sehen. Die Behausung, in der Isarns Familie Zuflucht gefunden hatte, war nur noch ein Aschehaufen; die Frau war in den Flammen umgekommen, danach hatte man ihr das Kind entrissen.
    Der Riese stieg vom Pferd. Lange Minuten blieb er unbeweglich stehen, und stumme Tränen rannen über seine Wangen.
    Das ganze Dorf lief zusammen, um die Räuber zu begrüßen, seine Wut hinauszuschreien und Isarn um Hilfe zu bitten. Die Einwohner schilderten, wie gewaltsam der Überfall verlaufen war: Die Männer in Schwarz waren am helllichten Tag mit der Waffe in der Hand aufgetaucht. Sie hatten geglaubt, sie könnten den Dorfbewohnern mühelos ihren Willen aufzwingen, doch Isarns Gefolgsleute
in Castelginaux hatten sich gewehrt, und die Bevölkerung hatte sich ihnen angeschlossen. Eine Zeitlang hatte Verwirrung im Lager der Entführer geherrscht. Einer von ihnen war sogar getötet worden. Doch die Rache der schwarz gekleideten Männer hatte nicht lange auf sich warten

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