Advocatus Diaboli
ein.
»Job Carpiquet, bring mir meine Weingeistsäure.«
Wenig später hielt Althoras eine Pipette mit einer weißen Flüssigkeit über das Geldstück und ließ einen Tropfen darauffallen. Das Silber des Gros tournois begann zu schäumen und zu knistern. Der Blinde wischte die Lösung mit einem Tuch ab und prüfte die Münze mit den Fingerspitzen. Aba bemerkte, dass sich ihre Farbe verändert hatte.
»Das ist eine Fälschung«, stellte Althoras fest.
Er reichte das Geldstück dem Geistlichen. Das Silber hatte sich aufgelöst und eine Prägung auf der Vorderseite sichtbar gemacht, die dem Alten zu neuen Erkenntnissen verhalf.
Pater Aba war starr vor Staunen.
Althoras rief Isarn zu: »Hue de Montmorency!«
Der Riese runzelte die Brauen, nickte dann und verließ wortlos die Sänfte.
Der Priester konnte seine Ungeduld nicht mehr zügeln.
»Hue de Montmorency? Wer ist das?«
»Vor drei Jahren haben wir eine Warenlieferung für diesen hohen Herrn überfallen. Meiner Erinnerung nach war dies das erste
und einzige Mal, das ich vergleichbare falsche Münzen, die mit dem Antlitz eines Papstes geschlagen wurden, in Händen hielt.«
»Und wo finden wir diesen Montmorency?«
»Er residiert im Schloss von Mollecravel, in der Nähe von Couiza im Razès. Es kursieren Gerüchte, wonach er in Italien verschwunden sein soll … Ich weiß nicht, ob er noch am Leben ist. Wir müssen der Sache nachgehen.«
Draußen trommelte Isarn bereits seine Männer zusammen.
XII
I n Umbrien, etwa dreißig Meilen nördlich von Rom, erstreckte sich eine baumlose, abgelegene Hochebene, von der man über drei kurze Täler blickte. Sie war windgepeitscht und schneebedeckt. Immer wieder hatten sich in der Vergangenheit Armeen oder römische Senatoren dorthin zurückgezogen, die aus der Hauptstadt geflohen waren und sichergehen wollten, dass man ihnen nicht folgte. Der Horizont war so weit und flach, dass es Verfolgern unmöglich war, sich zu verbergen.
An diesem Tag zogen zweiundzwanzig überdachte Wagen, eskortiert von etwa zwanzig bewaffneten Männern zu Fuß und einem Dutzend zu Pferde, über diese umbrische Hochebene. Sie kamen nur mühsam voran in dieser weißen Wüste.
Plötzlich hob der Kutscher des ersten Fuhrwerks, des prächtigsten von allen, den Arm, und der Konvoi kam zum Stillstand. Die Männer waren überrascht, ja beunruhigt und fragten sich, warum diese ungelegene Pause mitten im Nirgendwo und weniger als eine Stunde vor Tagesende angeordnet worden war.
Der Vorhang der Kutsche öffnete sich, und eine Frau erschien. Es war Karen Rasmussen. Sie war sehr alt, ihr Gesicht war eingerahmt von einer schwarzen Spitzhaube aus grobem Tuch, die sie vor der Kälte schützte.
Sie murmelte dem Kutscher etwas zu, und dieser rief einen berittenen Soldaten zu sich, der eilig an seine Seite kam.
»Es ist Zeit«, sagte Karen Rasmussen, bevor sie im Innern des Wagens verschwand, wo zwei junge Nonnen ihr Gesellschaft leisteten.
Der berittene Soldat, ein Mann um die fünfzig mit starrem Blick, langem, ordentlich gekämmtem Bart und dem stolzen Blick, den man bei ehemaligen Kreuzrittern findet, ließ sein Reittier zurückfallen, damit der Rest des Zuges ihn sehen konnte, dann hob er sein Schwert.
Sogleich stürzten sich die anderen zehn Reiter auf ihre Begleiter zu Fuß, um sie zu ermorden. Es war ein grausames, schnelles und blutiges Gemetzel; die Männer, alle Kutscher, sowie einige Einheimische, die sich vor der Kälte schützten, wurden abgestochen oder durchbohrt. Die Flüchtenden wurden gefangen genommen und auf dem schneebedeckten Boden enthauptet.
Auf das Massaker folgte ein tiefes Schweigen. Der Wind pfiff und bedeckte die Leichen mit Graupeln.
Die Abdeckung des Wagens an der Spitze hob sich, und Karen Rasmussen stieg aus in Begleitung ihrer zwei Dienerinnen, die ihr beim Gehen im Schnee halfen.
Sie betrachtete das Blutbad, ohne mit der Wimper zu zucken.
Langsam schritt die alte Frau den Konvoi entlang, bis sie das Gespann in der Mitte erreichte. Die Reiter waren näher gekommen und hatten sich hinter ihrem Anführer gesammelt. Man öffnete die Abdeckung, die den Wagen verschloss: In seinem Innern thronte ein Sarg aus Mahagoniholz.
Karen Rasmussen gab den Klosterfrauen ein Zeichen, die daraufhin an den Sarg traten, zwei Schrauben lösten und den Deckel hoben.
Gekleidet in sein prachtvolles Totenhemd, das Gesicht noch voll weißer Flecken von der Farbe, die man auf seine Haut aufgetragen
hatte, um seinen Tod glaubhaft zu
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