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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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Tod – schön. Nur keine Musik, keine Blumen, keine arglistige Verführung. Ich will keine Schwüle mehr. Die Zauberkugel auf ihrer Handfläche – zum Teufel damit, zum Teufel, das ist alles Betrug, das sind Phantome!«
    Losj stand auf, nahm einen großen Stein und schleuderte ihn mitten hinein in den Schwarm der Fische. Sein Kopf schmerzte. Das Licht blendete schneidend die Augen. In der Ferne, hinter dem Wäldchen, erhob sich eisfunkelnd der spitze Grat eines Berggipfels. ›Ich muß von der eisigen Luft trinken.‹ Losj blickte mit zugekniffenen Augen auf den diamantenen Berg und schlug, durch das himmelblaue Gestrüpp gehend, die Richtung dorthin ein.
    Das Wäldchen war zu Ende, vor ihm lag eine öde hügelige Hochebene: der vereiste Berggipfel ragte weit hinter ihrem Rand auf. Unterwegs stieß er überall auf Schlacke und Steinschutt, überall gähnten die Öffnungen von verlassenen Schachten. Losj beschloß eigensinnig, mit den Zähnen ein Stück diesem in der Ferne schimmernden Schnee zu kosten.
    Abseits, in einer kleinen Talmulde, erhob sich eine Staubwolke. Der heiße Wind trug ihm den Lärm von Stimmen zu. Von der Höhe eines Hügels erblickte Losj große Menge Marsianer, die sich durch das trockene Bett Kanals bewegten. Sie trugen lange Stangen, an deren Messer gebunden waren, Schaufeln sowie Hämmer zum Kleinern von Erz. Sie bewegten sich mühsam vorwärts, teilten ihre Waffen und brüllten wild. Raubvögel folgten in der Luft über den braunen Wolken.
Losj erinnerte sich an das, was Gussew vorhin über Ereignisse gesagt hatte. Er dachte: ›Also: lebe, kämpfe, und geh unter. Aber das Herz, das unglückliche, gehrende, halte an der Kette.‹
    Die Menge verschwand hinter den Hügeln. Losj schritt aus, erregt von der Bewegung, von seinem Kampf, und plötzlich blieb er stehen, warf den Kopf in den Nacken. In der blauen Höhe schwebte niedergehend ein geflügeltes Boot. Jetzt blitzte es auf in der Sonne, beschrieb einen Kreis, senkte sich, immer niedriger, glitt über seinen Kopf hinweg und landete.
    Im Boot erhob sich jemand, eingehüllt in einen Pelz, der so weiß war wie der Schnee. Aus dem Pelz, unter einem ledernen Helm hervor, blickten die erregten Augen Aëlitas auf Losj. Sein Herz begann ungestüm zu schlagen. Er näherte sich dem Boot. Aëlita schlug den von ihrem Atem feucht gewordenen Pelzkragen zurück. Mit dunkel gewordenen Augen schaute Losj in ihr Gesicht. Sie sagte: »Ich bin gekommen, dich zu holen. Ich war in der Stadt. Wir müssen fliehen. Ich sterbe vor Sehnsucht nach dir.«
    Losj preßte mit den Händen die Bordwand des Bootes, mit Mühe nur holte er Atem.

Verzauberung
    Losj setzte sich hinter Aëlita. Der Pilot – ein rothäutiger Knabe – hob das geflügelte Boot mit einem schwingenden Stoß zum Himmel empor.
    Ein kalter Wind warf sich ihnen entgegen. Der schneeweiße Pelzmantel Aëlitas war durchtränkt von gewittriger Frische, von dem kalten Hauch der Berge. Aëlita wandte sich zu Losj um, ihre Wangen glühten.
    »Ich habe den Vater gesehen. Er hat mir befohlen, dich und deinen Kameraden zu töten.« Ihre Zähne blitzten. Sie öffnete die kleine Faust. An ihrem Ring hing an einem Kettchen ein Flakon aus Stein. »Der Vater hat gesagt: ›Mögen sie ruhig einschlafen, sie haben einen glücklichen Tod verdient.‹«
    Aëlitas graue Augen wurden feucht. Doch gleich darauf lachte sie und zog den Ring vom Finger. Losj griff nach ihrer Hand.
    »Wirf es nicht fort«, er nahm ihr das winzige Flakon weg und steckte es in die Tasche, »es soll dein Geschenk sein, Aëlita – der dunkle Tropfen gibt Schlaf, gibt Ruhe. Jetzt bist du das Leben wie der Tod.« Er beugte sich vor, bis er ihren Atem spürte. »Wenn die schreckliche Stunde der Einsamkeit naht, dann werde ich dich von neuem in diesem Tropfen fühlen.«
    In dem Bemühen, zu begreifen, hatte Aëlita die Augen geschlossen und sich mit dem Rücken an Losj gelehnt. Nein, es war doch alles so unbegreiflich. Der brausende Wind, Losjs heiße Brust hinter ihrem Rücken, seine Hand, die in dem weißen Fell auf ihrer Schulter lag; ihrer beider Blut schien im selben Kreislauf zu pulsen, als ein einziger Körper flogen sie hinein in eine strahlende uralte Erinnerung. Nein, zu begreifen war das dennoch nicht!
    Es verging eine Minute und noch ein wenig mehr. Das Boot befand sich jetzt über Tuskubs Landgut. Der Pilot drehte sich um: Aëlita und der Sohn des Himmels hatten merkwürdige Gesichter. In ihren leeren Augen leuchteten Sonnenpünktchen.

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