Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
beide einsam, und angeblich hat das auch mit den Regeln der Evolutionsbiologie zu tun. Eine tragische Geschichte. Eigentlich auch ein Plot für eine romantische Komödie, wenn die beiden zueinanderfinden könnten, die reife Ärztin und der jüngere Forstarbeiter. Aus so etwas könnte man Weltliteratur stricken, Lady Chatterley lässt grüßen.
Doch Suse sieht das anders. Sie hat in ihrem Blog gegen diese Verhältnisse gewettert: »Ist es denn zu fassen, dass wir die schlimmste, die letzte Erniedrigung als Frauen erleben? Wir sind zu schlau und zu viele geworden, und wir leben auch noch lang. Und jetzt sollen wir im Alter demütig um ein bisschen männliche Aufmerksamkeit betteln, weil es keine Partner mehr gibt für uns? Das kann es nicht sein!«
Suse erhielt jede Menge Zustimmung in ihrem Blog. Bis auf den Kommentar einer Teilnehmerin, die sich unter dem Pseudonym »Unerhört« zu Wort meldete: »Ist es nicht an der Zeit, dass wir unsere Kriterien der Männerwahl mal überprüfen? Erst recht, wenn wir über 50 sind, eh keine Kinder mehr kriegen und es doch wurschtegal ist, ob unsere Partner irgendwie evolutionsbiologisch korrekt, also groß, schlank, superschlau und gut betucht sind? Wir brauchen keine Vererber mehr! Geht es nicht auch ein bisschen kleiner?«
Ladies who like short men
Frau »Unerhört« schlug vor, eine Initiative zu gründen mit dem Titel »Ladies who like short men«. »Klickt einfach die Profile von Männern an, die kleiner sind als 1 , 70 Meter«, riet »Unerhört« »und ihr werdet Wunder erleben!« Tatsächlich habe ich schon öfter vernommen, dass Frauen im Internet gleich die Männer wegklicken, die eher kurz gewachsen sind.
Doris ist beim Persönlichkeitstest bei der Frage der Kriterien angekommen. »Was könnte Sie am ehesten an einem Partner interessieren? a) welche Bildung und welchen Beruf er hat, b) seine finanzielle Situation, c) Warmherzigkeit, d) seine äußere Erscheinung, e) Gesundheit und Vitalität.« Doris kreuzt »Warmherzigkeit« an. »Wie wahrscheinlich jede Frau«, seufzt sie. Dann markiert sie noch »welche Bildung und welchen Beruf er hat«.
»Klingt alles so oberflächlich«, klagt Doris. »Ich würde auch einen Mann mit wenig Geld nehmen, wenn er ein Instrument spielt, allerdings nicht unbedingt Gitarre.« Doch solche Unterpunkte sind nicht vorgesehen im psychologischen Profil.
Suse hört gar nicht richtig hin. »Partnersuche ist für Frauen in großen Städten wie die Reise nach Jerusalem: Gibt es ein paar Männer zu wenig, herrscht sofort ein Riesengedränge bei den Frauen«, behauptet sie und nimmt sich einen Schokoladennikolaus aus der Schale. Die Lebkuchenherzen sind alle.
Wenn auf acht bindungswillige Männer in den Metropolen zehn suchende Frauen kämen, dann erzeuge das für die Ladys großen Stress, rechnet Suse vor. Die Männer könnten dann nämlich lässig die Beine auf den Tisch legen und eine wählerische Miene aufsetzen, während die Frauen konkurrieren müssten bis zur letzten Botoxampulle.
Suse kann einen mit dieser Mann-Frau-Sache wirklich so herunterziehen, dass man sich wünscht, mit ein paar guten Freundinnen an den Polarkreis zu ziehen und einen Schlittenhundeverleih aufzumachen. Dort wäre es dann genauso kalt wie in Suses Betrachtungen, aber wenigstens romantisch unter Sternenhimmel und auf Schneegeglitzer. Suse reagiert allerdings auch aus persönlichen Gründen auf dieses Thema so sensibel.
Der persönliche Grund ist die ehemalige, 30 -jährige Nachwuchskraft im Architekturbüro von Jürgen, Suses Mann. Suse hatte immer von der »Praktikantin« gesprochen, was aber nicht stimmte. Anke hatte ihr Architekturstudium bereits abgeschlossen, bevor sie die Affäre mit Jürgen begann. Das Verhältnis dauerte nur kurz und ist schon eine Weile her. Doch Anke bleibt unvergessen.
»Es bringt nichts, sich ständig über die Männer aufzuregen«, werfe ich ein. »Die Frage ist doch: Würden wir auch einen kleinen Mann mit Wampe und Glatze in unserem Alter nehmen, der in Gesellschaft manchmal die falschen Witze reißt?« Meine Freundin Theresa hat so einen Mann, der beim Speeddating garantiert durchfiele. Günther, Abteilungsleiter in einem Pharmaunternehmen, hat einen eigenartigen Humor, redet oft zu laut und ist eher klein und dicklich, aber belesen, freundlich und ein toller Vater. Die beiden sind schon seit 20 Jahren zusammen.
Doris ist inzwischen im Persönlichkeitstest bei den Grafiken angekommen, den Kreisen, Mustern, Blumen. Fühlt sie
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