Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
sich eher zu der Grafik hingezogen, die aussieht wie ein Labyrinth, oder bevorzugt sie jene, die wirkt wie ein Spinnennetz? »Labyrinth ist nicht so gruselig«, sagt Doris. Ich finde das Spinnennetz auch bedrohlicher. Würde ich einen Mann ablehnen, der sich zu Spinnen hingezogen fühlt? Hm. Das käme auf die Umstände an.
Der britische Wirtschaftskolumnist Tim Harford betrieb Forschungen zum arithmetischen Gleichgewicht auf dem Partnerschaftsmarkt und zu Attraktivitätsmustern. Danach hängen diese Ideale auch von den Zahlenverhältnissen ab: Haben Männer beispielsweise beim Speeddating nur Frauen zur Auswahl, die nach landläufiger Meinung eher mittelmäßig attraktiv sind, so verabreden sie sich trotzdem mit diesen Damen. Stehen beim Dating jedoch auch schönere Frauen zur Verfügung, so würdigen sie die durchschnittlich aussehenden Damen keines Blickes.
Es kommt also immer auf das Angebot an. Meine Großtante Zilly erzählte mir früher: »In der Nachkriegszeit musstest du eigentlich jeden nehmen, auch einen Pascha. Es gab zu wenige Männer, viele waren doch tot.« Sich erst gegenseitig totzuschießen und dadurch den eigenen Marktwert zu steigern– das fand ich eine bemerkenswerte Vorgehensweise.
Geheimtipp TU
Aber das mit den Zahlenverhältnissen stimmt: In Gebieten, wo es Industrien mit vielen Frauenarbeitsplätzen gibt und daher auch viele junge Damen vor Ort, liegen die Scheidungsraten höher. Die Ehemänner haben dort einfach mehr Alternativen. In Regionen mit einem hohen Männeranteil haben es die Frauen hingegen leichter. Städte mit technischen Universitäten seien der Geheimtipp für Frauen auf Partnersuche, hat mir mal jemand erzählt. Also: Auf nach Augsburg, Karlsruhe oder Aachen! Dort lassen sich vielleicht auch für 50 -jährige Frauen noch einige geschiedene Ingenieure finden.
Doris hat im Moment ganz andere Probleme. »Sich selbst zu beschreiben ist das Schwierigste«, sagt sie und nippt am Tee. »Soll ich ›gebildet‹ oder vielleicht lieber doch ›sportlich, humorvoll, zurückhaltend‹ ankreuzen?« Im Fragenbogen der Agentur soll sie vier Eigenschaften anklicken, mit denen sie sich selbst darstellt.
»Zu ›gebildet‹ kann ich dir eine Geschichte erzählen«, meint Suse. Ihre Bekannte F., 48 , hatte auch eine Mitgliedschaft bei dieser Vermittlung. F. ist stolz auf ihr Abitur und ihr Studium auf dem zweiten Bildungsweg und hatte daher »gebildet« bei ihren Eigenschaften angekreuzt. Doch je weniger Anfragen von Männern kamen– und es kamen wenige–, desto größer wurden ihre Zweifel an ihrer Selbstbeschreibung. Hatten die Männer Angst vor einer gebildeten Frau? Klang das zu anspruchsvoll?
F. schickte eine E-Mail an die Agentur und rief die Servicenummer an, weil sie das Wort »gebildet« aus ihrem Persönlichkeitsprofil streichen wollte. »Ich glaube, das kommt einfach nicht gut an«, klagte sie der Dame von der Agentur. Doch diese weigerte sich, das Eigenschaftsprofil zu ändern und statt »gebildet« lieber »warmherzig« einzusetzen. »Warum denn ändern, Sie wollen doch ehrlich sein, oder?«, flötete die Servicekraft. So erniedrigend kann sie sein, die Partnersuche via Internet.
»Schreib doch einfach: Bin gebildet. Deshalb braucht es der Mann nicht unbedingt zu sein«, rate ich Doris sarkastisch. Ein bisschen Raum für individuellen Text gibt es ja beim hochwissenschaftlichen Profil. Ein schwer übergewichtiger Schauspieler hat mal auf die Frage, ob er eine ebenso dicke Partnerin wählen würde, geantwortet: »Die Frau auch noch dick? Um Himmels willen! Nein, das bin ich doch schon selbst.«
Davon könnten wir Frauen lernen. »Der Mann auch noch Akademiker? Gottchen! Das bin ich doch schon selbst!« Wäre mal eine interessante Variante. Doris kreuzt nicht »gebildet« an. Sondern »optimistisch«.
Ich denke an Marlene. Das ganze Getue um Bildung wäre ihr zuwider. Aber nicht, weil sie als Hundetrainerin arbeitet und auch bei Männern nicht unbedingt Wert darauf legt, sich stundenlang mit ihnen unterhalten zu können. Marlene behauptet vielmehr, es sei doch spannend, wenn der Partner anders sei als man selbst.
»Männer sind doch nicht nur interessant, wenn sie den gleichen Schulabschluss haben wie ich. Sondern wegen ihrer ganzen Lebensart und Verhaltensweise«, sagte Marlene. In einer Diskothek in Berlin hatte sie Abdul kennen gelernt, einen palästinensischen Flüchtling. Dann kam Murat, ein Tunesier, auch erheblich jünger, der übrigens in seinem Heimatland
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