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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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herrschten 35 Grad im Schatten.
    Auf Hitzewellen surfen
    »Du hast etwas Windzug nötiger als wir«, sagte der Kollege. Offenbar machte er sich über meinen hochroten Kopf Gedanken. »Du siehst aus, als hättest du nicht nur die sommerliche, sondern auch noch die fliegende Hitze.« Dass sich ein Mann so um den Hormonstatus einer älteren Kollegin sorgte, hatte schon etwas Rührendes. »Danke«, gab ich spitz zurück. »Aber ich surfe gerne auf Hitzewellen.«
    Bei Volker aber will ich nett sein. Umgänglich. »Volker, du Star am Journalistenhimmel. Habe dich so lange nicht gesehen. Warst du abgetaucht?«, frage ich mein Gegenüber. Volker ist schmaler geworden, sieht blass aus. Mir schwant, dass ich vielleicht den falschen Satz von mir gegeben habe. Die Frage nach dem »Abtauchen« ist immer heikel in der Medienbranche und wird nur noch getoppt durch die Frage »Schreibst du gerade an einem Buch?«
    Oft schreiben sie nämlich nicht, die Abgetauchten, sondern krepeln sonstwo herum. Und kein Buch zu schreiben, aber trotzdem nicht sichtbar zu sein mit irgendeiner Kolumne, irgendeinem Werk, irgendeiner Podiumsdiskussion, das schlägt manchem publizistisch tätigen Menschen schon aufs Gemüt.
    Vielleicht bin ich mal wieder zu spitz. Dabei will ich nur gemocht werden von Volker. Nicht übersehen werden. Aber keinesfalls aufdringlich sein.
    Das ist nicht einfach. Ich habe Kränkungen hinter mir, die mich weise werden ließen wie ein tibetischer Lama. Denn offenbar ist alles im Leben vergänglich. Was ist zum Beispiel heute mit dem Kollegen S., der mir vor zehn Jahren gestanden hat, meine Texte berührten ihn »immer ganz besonders«, und der mich jetzt, obwohl selbst schwer ergraut, nicht mehr grüßt im Treppenhaus, sondern durch mich hindurchschaut, als wäre ich eine illegale Putzkraft aus einem Nicht- EU -Land? Sind meine Texte schlechter geworden, oder falle ich inzwischen durch irgendwelche Raster? Und wieso fragt mich Kollege F. nicht mehr, ob ich Lust habe, mit ihm mittagessen zu gehen? Neulich zog er mal wieder mit einer neuen Praktikantin zum Lunch.
    Ich muss an meinen alten Studienfreund Rolli denken. Die Frauen lobten Rolli früher immer, man könne sich »super mit ihm unterhalten«, er hätte »so richtig Verständnis« für die Probleme der Frauen und sei auch »echt lustig«. Wenn Rolli dann allerdings gerne weitergekommen wäre mit den Frauen, so im intergeschlechtlichen Bereich, dann zeigten sie ihm das Stoppschild und gingen doch lieber mit irgendwelchen Typen in die Kiste, die ihnen nicht guttaten. Rolli wäre mehr so der Kumpel, meinten sie dann. »Ich hasse diese Bruderscheiße!«, hatte Rolli mir gegenüber damals geseufzt. Jetzt, 30 Jahre später, dämmert mir, was Rolli damals mit »Bruderscheiße« gemeint haben könnte.
    Wobei ich nicht behaupte, dass mich das heute fürchterlich quält. Ich bin mit Christoph verheiratet und will Volker keineswegs ins Bett zerren. Ich habe Abstand. Doch manchmal wäre ich schon gerne eine dieser Kommissarinnen aus dem Fernsehen. Dort versucht man dem weiblichen Publikum weiszumachen, dass Alter, beruflicher Erfolg und Sexyness super zusammengehen. Als Beweis dient eine Riege älterer Ermittlerinnen, die perfekt gestylt dem Bösen hinterherjagen.
    Die Kommissarin entlarvt den Übeltäter durch Lebenserfahrung und psychologisches Gespür. Sie erklärt ihrem staunenden Kollegen, warum ein harmlos wirkender Lehrer zum Serienkiller werden konnte, nachdem er durch Zufall auf die Schuldigen am lange zurückliegenden Selbstmord seiner Mutter gestoßen war.
    Der Kollege oder irgendein Zeuge gibt zwischendurch mit vielsagendem Blick zu erkennen, dass er die Ermittlerin auch spannend findet als Frau. Was als Nebenerscheinung mit sich bringt, dass einige der Kommissarinnen nach wie vor mit ziemlich ungesundem Schuhwerk unterwegs sind, weil das einfach weiblicher wirkt.
    Das Problem mit dem Umschalthebel
    Ich trage heute Abend gesundes Schuhwerk, meine Bürotreter mit flachem Absatz. Das liegt daran, dass sich Abschiedspartys bei uns im Verlag immer lückenlos an einen Redaktionstag anschließen, an dem man über Überschriften brütet und mit unwilligen Pressesprechern telefoniert, die speziell Journalistinnen kleiner Zeitungen gerne mal das Gefühl geben, sie wären überflüssige Schmeißfliegen. Mein Selbstbewusstsein heute ist nicht das beste.
    »Was heißt hier abgetaucht? Typisch für eine Journalistin, die Frage. Ich bin schon noch da, auch wenn du mich nicht siehst

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