Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Hotelkette erzählt, von der Bruce Hood berichtete. Die Umfrage ergab, dass unter den männlichen Handelsreisenden jeder Fünfte im Hotel mit einem Teddybären zu Bett geht. Die Kuschelbären müssten also gut ankommen in der Single-Gesellschaft. Ich werde Britt vorschlagen, die Wärmebären in Mathildes Geschenkladen zu verkaufen. Einen Versuch ist es wert.
Outdoor: Späthippies in Goretex
Raus in die Natur: Da steigt die Stimmung. Wenn wir uns nur 20 Minuten ins Grüne begeben, ja, sogar wenn wir nur an schöne Landschaften denken, geht es uns gleich besser. Das hat eine Studie der Universität von Rochester in den USA ergeben.
Die Hinwendung zur Natur und die Abkehr vom Materiellen sei typisch für das Alter, glaubt meine Freundin Britt. Erst recht bei den kleinen Renten, die viele Leute zu erwarten haben. Ein bisschen Späthippietum käme da gerade recht. Warum auf eine teure Kreuzfahrt gehen mit der MS Fantasia oder anderen schwimmenden Hochsicherheitstrakten? Wo man erstens Klaustrophobie kriegt, zweitens fünf Kilo zunimmt und drittens in kürzester Zeit eine Menge Geld versenkt? Die selbst gemachte Erlebnisreise sei billig, mache schlank und halte jung. Es genüge schon, ein bisschen von unseren alteingesessenen Bequemlichkeiten abzuweichen, und schon fühle sich das Leben wieder abenteuerlich an, behauptet Britt.
Der Satz mit den »alteingesessenen Bequemlichkeiten« kam mir auf unserer Wanderreise im April nach Norditalien wieder in den Sinn, nach unserer Ankunft auf dem Campingplatz bei Triest. Ich sitze auf einem dieser wackligen Campinghocker, die ich noch von Großtante Zilly geerbt und auf unsere Fahrt mitgenommen habe. Die Dinger sind so alt wie ich, und die Sitzfläche besteht leider nur aus einem Stück bunt gestreiftem Baumwollstoff. Wer den Hocker auseinanderklappt und sich darauf niederlässt, fühlt sich tonnenschwer, so sehr hängt die Sitzfläche durch. Man kippt auch leicht um. So was ginge heute durch keinen Campingstuhl- TÜV mehr.
Neidisch werfe ich einen Blick auf Britt. Sie thront auf ihrem klappbaren Plastikstuhl mit Lehne. Das bunte Teil war irgendwann mal ein Sonderangebot von Lidl. Es passte gerade noch so in den Kofferraum von Winfrieds altem Opel. Wir sind heute Mittag auf dem Campingplatz angekommen. Inzwischen ist es Abend, das Wetter frühlingshaft.
»Weißt du noch, früher, als wir durch Italien getrampt sind, hatten wir nur Schlafsäcke dabei«, sagt Britt und lehnt sich entspannt zurück. »Ich bin sogar oft ohne Isomatte gereist und habe nur eine Plastikplane unter den Schlafsack gelegt. Dagegen ist das hier doch purer Luxus.« Ich balanciere weiter auf meinem 60 er-Jahre-Hocker. Aber ich sage nichts. Will schließlich nicht kleinlich sein auf unserer Reise an die italienische Adriaküste, wo das Naturerleben im Vordergrund steht.
Mit unserem Sportkumpel Winfried und der Familie Lodenbaum sind wir zum Wandern hergekommen. Nach langer Zeit wollten wir mal wieder zelten. Wir zahlen auf dem Campingplatz hier acht Euro pro Person und Nacht im Zelt. Wären wir schon über 60 Jahre alt, müssten wir nur sechs Euro berappen. Seniorentarif. Können wir uns heute schon drauf freuen.
Die Lodenbaums haben sich entschieden, nicht zu zelten, sondern in einen der Bungalows zu ziehen mit warmer Dusche und Elektroherd. Sie reisen mit ihrer jüngsten Tochter im Teenageralter, und die hatte heftig dagegen protestiert, campen zu müssen. Mein Mann Christoph und die Kinder wollten gar nicht erst mit, sie machen eine Bildungsreise nach Venedig. Zu Ostern nach Venedig. So was ist wie Disneyland, finde ich. Völlig überlaufen.
Trampversuch mit 52
Auf unserem Campingplatz ist es zu dieser Jahreszeit so menschenleer wie in Patagonien. »Campen im April in Italien ist ein Gemeintipp«, behauptet Winfried. Und wer fährt schon in die Gegend von Triest?
Mir fällt auf, dass man die Autostraße ziemlich laut hört. Das Meer liegt dreihundert Meter weit weg, erst hinter dem Pinienwäldchen kommen die Klippen. Angenommen, das Gehirn könnte Autolärm als Meeresrauschen deuten– dann wäre doch alles prima. Welche neurobiologische Regel sagt eigentlich, dass Autorauschen schädlicher ist für das Gemüt als Meeresrauschen? In gewisser Weise reibt sich doch immer nur Materie an Materie. An das Autorauschen hier gewöhne ich mich. Hoffentlich.
»Wenn du am Campen Freude hast, kommst du in alle entlegenen Winkel der Welt, in völlig einsame Naturlandschaften«, schwärmt Winnie. Er sitzt auch
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