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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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homöopathische Tropfen, Melissengeist– keine Effekte nachweisbar in klinischen Studien, wenn man mal vom Alkohol absieht, in dem so manche Substanz gebadet wird. Und trotzdem wirkt das Zeug.
    Der Turiner Neurologe Fabrizio Benedetti konnte beweisen, dass Placebos tatsächlich Körperfunktionen verändern. Er fügte Versuchsteilnehmern bewusst Schmerzen zu und spritzte ihnen dann Morphium. Anschließend wiederholte er den Versuch, injizierte ihnen diesmal aber eine Kochsalzlösung. Er erzählte den Probanden, es sei ein Schmerzmittel. Schon allein die Aussicht darauf, dass die Substanz wirken und die Pein lindern könnte, aktivierte bei den Leuten körpereigene Schmerzhemmer, und sie fühlten sich gleich besser. So was gibt zu denken.
    »Placebos helfen vor allem bei einem guten Arzt-Patienten-Kontakt«, ergreift Lise das Wort. »Das Ritual des Arztbesuchs mit all den positiven Erwartungen spielt eine wichtige Rolle. Natürlich versagt Ginseng, wenn ein Laborarzt es in klinischen Studien den Probanden gibt und keiner der Beteiligten weiß, ob in den Pillen Ginseng drin ist oder irgendeine andere Substanz.«
    Traumreise mit Wolfgang Schäuble
    Lise ist in der Welt der Heilverfahren schon weit herumgekommen. Sie hat Fastenkuren angeleitet und eine Ausbildung zur Führerin von Traumreisen gemacht. Sie schenkte mir zum Geburtstag eine Audio- CD mit »Traumreisen zu Orten des Glücks«. Der Sprecher hatte allerdings einen schwäbischen Akzent, was mich bei meinen Versuchen, ihm in Trance durch Wiesen und Wälder hinterherzuwandeln, völlig blockierte. Ich dachte immer, zu mir spräche Wolfgang Schäuble.
    »Auch Meditationstechniken lassen sich medizinisch erklären«, fährt Lise fort. Das »Om«-Singen zum Beispiel wirke durch seine Vibrationen befreiend in den Nasen- und Nebenhöhlen. Augenkissen beruhigen die flatternden Lider. Und wer mit Atemzählen meditiere, lege eine Art Parallelspur im Hirn an. Dadurch komme man buchstäblich auf andere Gedanken. »Deswegen empfiehlt man auch Managern in Burn-out-Kliniken das Meditieren«, doziert Lise. Ich frage mich, ob sie die Männer am Nebentisch auch wahrgenommen hat. Lise bringt Spirituelles und Technisches geschickt zusammen. Es hat auch sein Gutes, wenn man sich beruflich mit Alarmanlagen und Schwenkriegel-Bolzenschlössern beschäftigt.
    Die Herren vom Nebentisch schauen weiter herüber und hören zu. Zwischendurch ist einer der Männer an sein Handy gegangen und hat diskret irgendwas in das Gerät gemurmelt. Offenbar war das Handy auf Vibration eingestellt, ohne Klingelton. Sehr rücksichtsvoll.
    Die beiden Männer haben nicht den Medical-fit-Salat bestellt. Sie haben Pitta-harmonisierenden Tee geordert mit viel Kardamom. Pitta-Typen. Das sind Menschen, die erfolgreich sind und sich durchsetzen können, behauptet die Ayurvedatypologie. Womöglich haben die Männer den Medical Check schon hinter sich und haben Superwerte erzielt, so entspannt wie sie wirken.
    »Auch in der Wirtschaft arbeiten die Leute mit Suggestionen«, weiß Lise. »Das lernt man beim Verkaufstraining.« Lise hat mir von diesen Seminaren erzählt. »Die Magie des Verkaufens« hieß ein Kurs. Dort lernte sie, die Kunden in Gruppen einzuteilen: die Ängstlichen, die Aggressiven und die Funktionalen. Den einen verkaufte sie mehr Bolzenschlösser, der zweiten Gruppe mehr Alarmanlagen und der dritten Gruppe beides. Typeneinteilungen kommen nicht nur im Ayurveda gut an.
    Am Ende des Verkaufsseminars übten die Teilnehmer kreative Visualisierungen. Dabei verwandelten sie in ihrer Phantasie die Türen mit den Sicherheitsbeschlägen in Schokoladennikoläuse. Dann sollten sich die Verkäufer ihre Kunden, oft besorgte Eigenheimbesitzer, als erwartungsvolle Kinder vorstellen, die sich nichts sehnlicher wünschten als einen Schokonikolaus. So brächte man schon in Gedanken Kunden und Produkt unweigerlich zusammen, hatte der Trainer erklärt.
    »Das mit den Schokonikoläusen war genial«, sagt Lise, als sie ihren Bericht beendet hat. »Schokolade bringt auch die Vata-Energie wieder ins Gleichgewicht.« Das finde ich gut am Ayurveda: Man kann sich immer drauf beziehen, wenn es passt.
    Britt war die ganze Zeit in Gedanken und hat nach und nach ihr Auberginengemüse vertilgt, wahrscheinlich brütete sie über ihrer neuen Geschäftsidee. Jetzt scheint sie aufzuwachen, beim Stichwort ›Schokonikolaus‹ wird sie hellhörig. »Nahrungsmittel«, wirft Britt ein, »Nahrungsmittel sind wichtige Anker. Mit Sauerkraut

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