Aendere dein Leben - erfinde dich neu
und sollte nach einem kurzen Zwischenstopp in Buenos Aires um zehn Uhr abends in Chile eintreffen. Das Flugzeug startete pünktlich in Madrid und landete rechtzeitig in Buenos Aires, von wo aus es noch am selben Abend mit Kurs auf Santiago de Chile weitergehen sollte. Kurz vor dem Landeanflug teilte der Pilot uns mit, dass wir wegen des dichten Nebels statt in Santiago in Mendoza landen müssten. Ich muss zugeben, dass ich im Flugzeug noch gar nicht verstand, was das bedeutete. In meiner Unwissenheit glaubte ich, Mendoza liege irgendwo bei Santiago, und es gebe daher keinerlei Problem. Erst als ich meinen Sitznachbarn fragte, erklärte dieser mir mit ausgesprochener Freundlichkeit, dass Mendoza noch zu Argentinien gehöre und von Santiago durch die Andenkette getrennt sei. Außerdem erfuhr ich, dass die Autofahrt etwa acht Stunden dauern würde und die Landstraße in recht mäßigem Zustand sei. Ich wurde immer nervöser, besonders als der Pilot uns nach der Landung eröffnete, dass mit den nächsten Flügen von Mendoza nach Santiago erst am Folgetag ab halb zwei zu rechnen sei. Angesichts dieser zusätzlichen »guten Nachricht« stieg meine Nervosität weiter, denn nun wusste ich gar nicht mehr, wie ich pünktlich um halb zehn zu meinem Vortrag in Santiago eintreffen sollte. Viele Passagiere reagierten sehr ungehalten und ließen ihren Ärger an den Flugbegleiterinnen aus, die sich auf der ganzen Reise äußerst liebenswürdig verhalten hatten und überhaupt keine Verantwortung für den Vorfall trugen, weil sie nur ihre Arbeit taten. So irrational können wir Menschen sein.
Nach dem Aussteigen sprach ich im Flughafen mit dem Bodenpersonal, doch niemand konnte mir eine halbwegs brauchbare Alternative anbieten. Nach der langen Reise war ich erschöpft und traute mir keine achtstündige Autofahrt durch die Anden zu. Erst an diesem Punkt wurde mir bewusst, dass ich die Situation einfach nicht akzeptierte. Ich ließ mich nicht auf die veränderte Realität ein, sondern stemmte mich dagegen und erzeugte damit Gefühle, die ich überhaupt nicht haben wollte – Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit. In diesem Moment veränderte sich meine Haltung von Grund auf. Ich konnte nicht ändern, was geschehen war, nur meine Reaktion darauf. Also sagte ich mir, dass es bestimmt noch eine versteckte Chance in dem augenscheinlichen Problem gebe, die ich finden würde, wenn ich nur hartnäckig bliebe. Das Erste, was mir dabei auffiel, war ein massiver Gefühlsumschwung. Meine Frustration verwandelte sich in Interesse und ging allmählich in die Hoffnung über, etwas Wertvolles zu entdecken, das mir im Moment noch verborgen war. Die Verzweiflung verwandelte sich in Vertrauen darauf, dass ich schon einen Weg finden würde, auch wenn ich im Moment noch nicht wusste, wo. Urplötzlich wurde mir klar, was ich übersehen hatte, obwohl es so offensichtlich war. Es war das Thema meines Vortrags, das lautete: »Vom Umgang mit ungewissen Situationen«. Ich wusste, dass Menschen ihr unbewusstes Potenzial erst jenseits der Komfortzone entdecken, wenn sie sich mit dem Unbekannten auseinandersetzen müssen. Damit bot sich mir wieder einmal eine wunderbare Gelegenheit, vom Lehrer zum Schüler zu werden, sodass ich mich nunmehr begeistert dieser neuen Herausforderung zuwandte.
Was mich vor der Reise von Madrid nach Santiago de Chile am meisten betrübt hatte, war der Umstand, dass ich sowohl auf dem Hinflug als auch auf dem Rückflug keine Gelegenheit haben würde, den grandiosen Anblick der Anden zu genießen.
Dank der bedingungslosen Unterstützung durch die Organisation, die mich zu meinem Vortrag eingeladen hatte, wurde kurzerhand ein Transportdienst eingerichtet, der mich im Auto von Mendoza zur argentinischen Grenze beförderte. Dort stieg ich in ein anderes Auto, das mich nach Santiago brachte. So verbrachte ich die ganze Nacht in der Gesellschaft zweier Fahrer, die sich als so ungewöhnlich einfühlsam und humorvoll erwiesen, wie ich es auf Reisen noch nie erlebt hatte. Zudem war mir der hinreißende Anblick eines Sonnenaufgangs in den Anden vergönnt, und ich traf um Punkt neun in Santiago de Chile ein, genau eine halbe Stunde vor Beginn meines Vortrags. Da ich mich unterwegs so anregend unterhalten durfte und die Fahrt durch die Anden genossen hatte, war ich beim Betreten des Saals voller Energie, was natürlich ein wunderbarer Auftakt für meinen Vortrag war und viel dazu beitrug, sofort den Kontakt zum Publikum herzustellen.
Deshalb
Weitere Kostenlose Bücher