Aendere dein Leben - erfinde dich neu
gelassen in dem Bereich bewegen, in dem wir uns auskennen, aber nicht, wenn wir ein neues Gebiet betreten und noch nicht wissen, wo wir sind. Dabei sollten wir bedenken, dass das Rechtshirn unablässig Umgebungsdaten aufnimmt, von denen es uns jedoch nicht einmal etwas verrät. Darüber hinaus verknüpft es diese Daten mit bekannten Informationen, und all dies ausschließlich, um herauszufinden, nach welchen Regeln diese neue Umgebung funktioniert. Sobald es Strategien entdeckt oder entwickelt hat, mit denen wir hier zurechtkommen, wird dieser neue Handlungsablauf im Linkshirn abgespeichert.
Eines der Elemente, die einen größeren Unterschied zwischen beiden Gehirnhälften darstellen, ist die Art der Informationsübermittlung an unser Bewusstsein. Das Linkshirn denkt in Worten, während das Rechtshirn, das nicht über Sprachzentren verfügt, Informationen anders handhaben muss. Es kommuniziert daher über Körperempfindungen, Bilder, Symbole oder Emotionen. Das ist ein echtes Problem, weil wir dem, was wir denken, zu viel Aufmerksamkeit schenken, und unsere Gefühle, die in einem intuitiven Konzept Raum finden könnten, zu wenig beachten.
Wenn wir noch einmal zurückdenken, war es eine Erkrankung, in diesem Fall die Epilepsie, die Roger Sperry half, einige der überraschendsten Eigenschaften der beiden Gehirnhälften zu entschlüsseln. Seitdem gab es viele weitere Fortschritte, und wir wissen beispielsweise nicht nur, dass das Linkshirn eine gewisse Form von Hemmung auf das Rechtshirn ausübt, sondern dass das Rechtshirn auch die Pforte zum Unbewussten darstellt und uns eine völlig andere Sicht der Realität vermittelt, a ls wenn das Linkshirn in unserem Leben vorherrscht.
Am 10. Dezember 1996 erlitt die nordamerikanische Neurologin Jill Taylor einen Schlaganfall, bei dem ein fehlgebildetes Blutgefäß im oberen Bereich des Linkshirns aufriss. Solche angeborenen Fehlbildungen verwachsen zu einem Gefäßknäuel, das starkem Druck ausge setzt ist und deshalb besonders leicht zu reißen droht.
Aufgrund ihrer medizinischen Kenntnisse konnte Taylor den gesamten Prozess während seines Auftretens mitverfolgen. Ihre Beschreibung, wie sie nicht mehr in der Lage war, Hilfe zu rufen, weil sie die Telefonnummern weder finden noch entziffern konnte, und vor allem, wie sie Stück für Stück ihr Gefühl für die eigene Identität, ihr Ichgefühl, verlor, zugleich aber in einen Zustand von Frieden und unbeschreiblicher Freude geriet, ist überwältigend. Darüber hinaus verspürte sie ein immer stärkeres Gefühl des Einsseins mit allem, was uns umgibt, ein Gefühl der Verbundenheit, welches das übliche Gefühl des Getrenntseins ablöste. Während sie innerlich darum kämpfte durchzuhalten, wurde sie nicht nur mit ihrer Unfähigkeit, sich sprachlich auszudrücken und um Hilfe zu bitten, konfrontiert, sondern auch mit ausgesprochen angenehmen Gefühlen, die sie in ihrem Zustand gern beibehalten hätte. Am Ende wurde sie gerettet. Das Gerinnsel, das Druck auf ihr Gehirn ausübte, wurde entfernt, und nach insgesamt acht Jahren hatte sie sich wieder vollständig erholt. Es war jedoch ungeheuer anstrengend für sie, sich die Konzepte und Kenntnisse, die sie sich zuvor erarbeitet hatte, erneut anzueignen, und auch das Erlernen neuer Fähigkeiten oder Gewohnheiten, das ihr vorher sehr leichtgefallen war, fiel ihr schwer.
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine endgültigen Wahrheiten, doch es hat den Anschein, dass der Aufbau unserer Identität, unserer Persönlichkeit und unserer Verhaltensregeln zu einem großen Teil vom Linkshirn abhängig ist. Das wäre auch durchaus logisch, wenn man bedenkt, welch wichtigen Anteil die Sprache an der Identitätsfindung hat und bis zu welchem Punkt unsere Interpretation gewisser Dinge einen Einfluss darauf hat, welche emotionalen Erlebnisse wir haben. Vermutlich ist das Linkshirn auch der Ort, wo die mentalen Grenzen verankert sind, die wir uns setzen und die sich bei der Beobachtung der Realität in unseren Filtern widerspiegeln. Wie jedoch an Doktor Taylors Fall gut zu erkennen war, kann man sich in unserer Realität der Formen, Zahlen, Buchstaben und Objekte kaum zurechtfinden, wenn das Linkshirn nicht entsprechend funktioniert.
Wenn wir hingegen neue Dinge lernen und etwas an bisher gültigen Handlungsmustern verändern wollen, um sie besser an die Realität anzupassen, scheint es in erster Linie auf das Rechtshirn anzukommen, das uns nicht nur die Erfahrung des Einsseins vermittelt,
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