Aengste verstehen und hinter sich lassen
teilzunehmen, das Ihnen wieder mehr Spielräume, mehr Selbstbestimmung und somit mehr Lebensqualität verschafft. Am besten lesen Sie das Kapitel zunächst einmal „im Schnelldurchlauf“, um sich ein Bild zu machen, welches Vorgehen wir empfehlen.
Sie können dann die einzelnen Abschnitte mit den vorgeschlagenen Beobachtungen, Übungen und Erprobungen durcharbeiten und in die Tat umsetzen. In nur ganz wenigen Fällen führt bereits die Erkenntnis bestimmter Zusammenhänge zu einem Rückgang der Angstsymptomatik. Wir verstehen die Angst als einen automatisierten Ablauf von Gedanken, Wahrnehmungen, körperlichen Reaktionen und Verhaltensweisen. Eine Veränderung dieser automatisierten Abläufe erfordert in den allermeisten Fällen eine Unterbrechung der Automatismen und ein Einüben veränderter Wahrnehmungen, Gedanken und Verhaltensweisen.
Das im Folgenden beschriebene Übungsprogramm kann durchaus in eine laufende Psychotherapie integriert werden. Wir empfehlen Ihnen in diesem Fall jedoch, Ihre Psychotherapeutin oder Ihren Psychotherapeuten darüber zu informieren, dass Sie dieses Übungsprogramm absolvieren. Es mag dann sinnvoll sein, die Übungen in die Therapie zu integrieren.
So funktionieren die Übungen
Zunächst stellt sich die Frage, mit welcher Situation Ihres Vermeidungsverhaltens Sie beginnen wollen. Im zweiten Schritt können Sie sich entscheiden, ob Sie „von unten nach oben“ arbeiten, d. h. mit eher leichten Übungen beginnen und dann schrittweise zu schwereren Übungen übergehen wollen. Wegen des schrittweisen Vorgehens wird diese Methode auch die „graduierte Exposition“ genannt, wenn die Stabilität und das Selbstvertrauen gegeben sind, ist die Alternative gleich mit relativ schweren Übungen zu beginnen und diese einige Male zu wiederholen, bis Sie richtig erfolgreich sind. Diese Methode ist die „massierte Exposition“ oder in ihrer Extremform die Reizüberflutung („flooding“).
Vor- und Nachteile der graduierten Exposition. Der Vorteil des Vorgehens „von unten nach oben“ (bzw. der graduierten Exposition) ist, dass Sie die Schwierigkeit kontrollieren können und im günstigen Fall kontinuierlich kleine Erfolge erleben. Diese Erfolge motivieren dann zu den nächsten Schritten, bis Sie dann zunehmend geübter darin werden, die neuen Situationen in Angriff zu nehmen. Diese Art des Vorgehens erfordert jedoch eine große Konsequenz und einen etwas längeren Atem. Einige Betroffene erfahren bei diesem Vorgehen nicht nur Erfolge und fühlen sich deshalb auch immer wieder enttäuscht und werden dann zurückgeworfen.
Vor- und Nachteile der massierten Exposition. Die massierte Exposition führt bei richtiger Anwendung zu einer deutlich schnelleren Veränderung des Vermeidungsverhaltens als die graduierte Exposition und damit auch zu einer viel schnelleren Beeinflussung der Angstsymp tomatik. Die massierte Exposition hat vor allem den Nachteil, dass der Einstieg sehr schwierig und kaum umsetzbar erscheint und schon beim Vorstellen der Eindruck entsteht, es nicht schaffen zu können. Auf der anderen Seite hat sich sowohl in wissenschaftlichen Untersuchungen als auch in unserer eigenen Therapiepraxis gezeigt, dass für viele Betroffene die massierte Exposition die wirk samere Methode und, langfristig betrachtet, auch der einfachere Weg ist. Betroffene, die sich zur massierten Exposition entschlossen haben, berichten fast immer, dass sie sich zwar sehr erschöpft und müde gefühlt haben, gleichzeitig aber auch richtig stolz auf sich waren, weil sie etwas geschafft haben, an das sie schon lange nicht mehr geglaubt haben. Hat jemand die Erfahrung gemacht, dass die schwierige Übung letzten Endes doch ganz gut gelang und es zu keinem Schaden gekommen ist, fallen auch die übrigen, leichteren Übungen weniger schwer. Unsere Erfahrung ist, dass nicht wenige Betroffene am ersten Tag nach der ersten schwierigen Übung „freiwillig“ und ungeplant noch eine weitere Übung durchführten, um dieses „gute Gefühl“, das sich beim Erfolg eingestellt hat, zu nutzen und sich selbst auszuprobieren.
Letzten Endes müssen Sie selbst entscheiden, welches für Sie der richtige Weg ist. Malen Sie sich beide Vorgehensweisen konkret aus und schätzen Sie für sich ein, welches Vorgehen Ihnen in Ihrem bisherigen Leben am meisten geholfen hat. Grundsätzlich empfehlen wir, jene Fähigkeiten zu aktivieren, die sich bisher bewährt haben. Und das kann bei jedem Menschen eine andere sein. Es liegt in der
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