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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wäre –, woher kamen die dann?
    Viel zu beschränkt und zweideutig für seinen Geschmack.

 
1. Kapitel
April 2005
     
    Bei der ersten Etappe ihrer Reise in der Passagierkabine der bauchigen Raumfähre hatte Patricia Vasquez die wolkenverhangene Erdscheibe auf einem Videomonitor gesehen. Vor ihrem Übersetzen hatten ihr Kameras, die im Ladeschacht des Shuttle montiert waren, vorgeführt, wie die langen Greifer die gewaltigen Lasten aus dem Schacht in die wartenden Arme des OTV [v] hievten, als würden zwei Spinnen eine kokonverpackte Fliege weiterreichen. Der zeitlupenhafte, faszinierende Ladevorgang, der eine Stunde dauerte, hatte sie davon abgelenkt, über ihre gegenwärtige Lage nachzugrübeln.
    Als sie an die Reihe kam und die Passagierhülle überzog, um sich über das Zehn-Meter-Stück zur OTV-Schleuse führen zu lassen, strengte sie sich mächtig an, um ruhig zu erscheinen. Die Hülle bestand aus transparentem Plastik, damit sie keine Klaustrophobie bekäme, obwohl eher das Gegenteil der Fall war. Sie spürte die schwarze Unermeßlichkeit hinter dem OTV, obwohl sie keine Sterne sah. Diese wurden überdeckt vom Lichtschein der Erde und von den hellerleuchteten Flächen des OTV, eines Zugs aus verschachtelten Tanks, Kugeln und Prismen in einem Aluschienenkorsett.
    Die OTV-Besatzung aus drei Männern und zwei Frauen begrüßte herzlich die »schlüpfende« Patricia im schmalen Tunnel und führte sie dann zu ihrem Sitz unmittelbar hinter den eigenen. Von dieser Warte aus hatte sie gute, direkte Sicht, und nun konnte sie das Raster der Sterne sehen.
    Ohne die behagliche Trennung durch ein Video-System erschien das direkt betrachtete Weltall wie Fluchten endloser, sternenübersäter Korridore. Patricia hatte das Gefühl, sie könne durch irgendeinen dieser Korridore spazieren und sich in der gewandelten Perspektive verirren.
    Sie trug noch den schwarzen Overall, der ihr erst vor sechs Stunden in Florida ausgehändigt worden war. Sie fühlte sich schmutzig. Lästige Strähnen fielen ihr ins Gesicht, obwohl ihr Haar zu einem Knoten gebunden war. Sie konnte ihre Nervosität förmlich riechen.
    Die Besatzung schwebte um sie herum, nahm letzte Checks vor und fütterte Daten in die Eingabeschlitze der Prozessoren. Patricia betrachtete ihre bunten Anzüge – die Frauen in Rot und Blau, die Männer in Grün, Schwarz und Grau – und fragte sich vergeblich, welchen Dienstgrad ein jeder hätte und wer das Kommando führte. Es ging alles gelassen über die Bühne, ohne Abweichung in Stimme oder Verhalten, als wären es Zivilisten. Aber das waren sie nicht.
    Das OTV war ein unbewaffnetes Militärfahrzeug und unterlag den Beschränkungen, die nach dem Kleinen Tod festgelegt worden waren. Es war eines von Dutzenden neuer Fahrzeuge, die seit dem Auftauchen des Steins in Erdumlaufbahn gebaut worden waren, und unterschied sich beträchtlich von den Fahrzeugen, die die ODPs [vi] der Joint Space Force versorgt hatten. Es war größer und konnte viel weitere Distanzen überwinden; vertragsgemäß durfte es keine ODP-Ladungen mitführen.
    »Wir starten in drei Minuten«, sagte der Kopilot, eine Blondine, deren Namen Patricia wieder vergessen hatte. Sie tippte Patricia auf die Schulter und lächelte. »Die erste halbe Stunde oder so wird’s hektisch zugehen. Wenn Sie also was trinken oder zur Toilette möchten, so ist jetzt noch Zeit dafür.«
    Patricia schüttelte den Kopf und erwiderte das Lächeln. »Alles okay.«
    »Gut. Jungfrau?«
    Patricia machte große Augen.
    »Ob erster Flug, meint sie«, stellte die andere Frau klar. Ihren Namen wußte Patricia noch; sie hieß Rita wie ihre Mutter.
    »Natürlich«, antwortete Patricia. »Würde ich mich sonst aufführen wie eine Kuh im Schlachthaus?«
    Die Blondine lachte. Der Pilot – ein James oder Jack mit schönen grünen Augen – blickte über die Schulter zu Patricia; seinen Kopf umrahmten Gurt und Schwert von Orion. »Nur keine Panik, Patricia«, sagte er. So ruhig. Sie war beinahe eingeschüchtert von der berufsbedingten Zuversicht. Es waren Raumfahrer, die ursprünglich den erdnahen Orbitplattformen zugeteilt waren und nun zwischen Erde, Mond und Stein pendelten. Patricia hingegen war ein Mädchen, das frisch von der Uni kam und mit der Reise nach Florida zum Shuttle-Flug vom Kennedy Space Center erstmals über die Grenzen Kaliforniens hinausgekommen war.
    Sie überlegte, was Vater und Mutter daheim in Santa Barbara wohl gerade täten. Wo mochten sie sich ihre Tochter jetzt

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