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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Toröffner. »Mit dem Wort Mysterium hingegen kommt man viel weiter. Wenn alles in einer Persönlichkeit -Gedächtnis, Denken, Fähigkeiten – herausgekürzt ist, so ergibt die Summe der Teile dennoch nicht das Ganze. Es gibt da eine Superqualität, die die ganze Psyche prägt und die abhanden kommen kann, selbst wenn man die große Mehrheit der Einzelteile wieder zusammensetzt. Das nennt man Mysterium . Seine Synthese ist uns noch nicht gelungen. Es ist unbeschreiblich und läßt sich nur transferieren, indem man sämtliche Qualitäten einer Person auf die zusammengesetzten Persönlichkeitsfragmente einer andern Person einwirken läßt. Was im andern schon vorhanden ist, wird abgestoßen; was fehlt – das Mysterium – wird behalten. Das ist die Gabe, die Sie uns – und Korzenowski – geben könnten.«
    Patricia griff ängstlich nach Laniers Hand. Dies war ein ganz neuer Aspekt, eine mystische, scheinbar unlogische Qualität. Zunächst hatte sie geglaubt, diesen Nachkommen könne nichts verborgen bleiben; doch hier standen sie vor Grundlagen, die zwar erforscht und benutzbar, aber nicht erklärbar waren.
    »Sie könnten sich einfach bedienen«, wandte sie ein. »Warum erst versuchen, mich dafür zu gewinnen?«
    »Zwang wäre unter solchen Umständen hinderlich«, sagte Ry Oyu. »Entweder Sie geben es freiwillig oder gar nicht.«
    »Warum wollen Sie ihn zurückholen? Hat er seine Aufgabe nicht erfüllt?«
    »Es ist ein Ehrendienst«, sagte Olmy. »Wenn die Ritter der Tafelrunde Arthur hätten zurückholen können, so hätten sie’s sicher getan. Der Ingenieur soll sehen, daß sein Werk gefruchtet hat.«
    »Aber nicht in erwarteter Weise.«
    »Nein«, räumte Olmy ein.
    Patricia blickte auf ihre verschränkten Arme nieder. »Verlier’ ich was dabei?«
    »Nein«, antwortete der Toröffner geduldig.
    »Und als Gegenleistung darf ich…« Sie deutete auf das Miniaturklavikel. »Warum ist es so klein?«
    »Es ist nicht aktiviert«, sagte Yates.
    »Gehört es Ihnen?«
    Er nickte.
    »Yates wird es Ihnen übertragen, und Sie werden im Rahmen der Zeremonie seinen Gebrauch erlernen«, erläuterte Ry Oyu. »Sie werden an meiner Seite stehn.«
    »Ist Korzenowski hier – ich meine, seine Fragmente?«
    »Er ist in mir«, sagte Olmy und tippte sich an die Stirn.
    Patricia blickte zu Lanier und machte ein Gesicht wie ein kleines Kind, das nicht genau wußte, ob ihm verblüffende Lügen oder wundersame Wahrheiten erzählt werden. »Er ist in deinem Implantat?« sagte sie dann, wieder an Olmy gewandt.
    Olmy nickte. »Ich habe zusätzliche Implantate im Körper, um ihn zu fassen.«
    »Es geht irgendwas vor in eurer Stadt, nicht wahr?« fragte Patricia.
    »Ja. Eure Gefährten in der Thistledown werden inzwischen mehr mitgekriegt haben.«
    »Darum konnte uns der Präsident nicht empfangen?«
    »Ja.«
    »Wir müssen Pause machen«, unterbrach Lanier. »Wir haben schon ewig nicht mehr gegessen und geschlafen.«
    »Ihr wollt die Axis City in Erdumlaufbahn bringen? Die Thistledown zerstören?«
    »Nicht ganz«, antwortete Ry Oyu. »Aber das soll vorerst genug sein. Mr. Lanier hat recht. Ruht euch erst mal aus, dann reden wir weiter!«
    Patricia kniff die Augen zusammen und schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß gar nicht, was ihr Leute mit mir bereden wollt. Im Vergleich zu euch bin ich doch ein blutiger Anfänger, ein primitiver Amateur…«
    »Wenn es uns noch nicht gelungen ist, dich von deiner Bedeutung und deinem Einfluß zu überzeugen, dann haben wir uns nicht klar ausgedrückt«, erklärte Olmy. »Du bist die Quelle von Korzenowskis Arbeit in bezug auf den Weg. Du hast die theoretischen Fundamente gelegt. Deshalb sind wir überzeugt, daß du mit ihm das Mysterium teilen kannst. Er war dein bedeutendster Schüler.
    Du warst sein Lehrer, Patricia.«
     
    Mirski suchte in der Menge nach Pogodin, Annenkowski oder Garabedian, wobei er die Kreuze in der Luft nicht aus den Augen ließ. Die Soldaten, die einst seinem Kommando unterstanden hatten, beäugten ihn verdrossen und machten ihm gleichgültig den Weg frei. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und suchte im Meer der Gesichter. Schließlich entdeckte er den roten Kopf von Pletnew mit seinem Bürstenhaarschnitt. Mirski zwängte sich zu ihm durch, kam hinter dem ehemaligen Schwertransportkommandeur zu stehen und legte ihm die Hand auf die Schulter. Pletnew wirbelte herum, schüttelte die Hand ab und legte den Kopf schräg, als er Mirski erkannte.
    »Wo sind die andern?« fragte

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