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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hinten
im Konferenzzimmer zurück - von dort aus konnte er alles überblicken.
    In der Mitte des großen Raums stand ein runder Tisch, an dem derzeit niemand saß. Alle vier Stunden würden sich seine Assistenten und er dort zusammensetzen, um Informationen und vor allem Ideen auszutauschen. Investigatives Brainstorming , nannte es Singerer.
    An den acht anderen Schreibtischen arbeiteten fünf Männer und drei Frauen, fast alle recht jung, um die dreißig, aber überaus kompetent - sie zählten zu den Besten auf ihrem Gebiet. Drei kamen vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden, zwei weitere vom Militärischen Abschirmdienst, genauer gesagt: von der MAD-Zentrale in Köln. Die restlichen drei Mitglieder der Ermittlungsrunde stammten aus dem Außenministerium und verfügten über exzellente Kontakte zu den wichtigsten ausländischen Geheimdiensten. Hanna, mit achtundzwanzig Jahren die Jüngste, sprach fließend Russisch und unterhielt sehr gute Beziehungen zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB, der aus dem KGB hervorgegangen war, und auch zum Auslandsgeheimdienst SVR. Man munkelte, dass ihr spezieller Draht bis zum neuen Zaren von Russland reichte, Putin dem Großen.
    Diese Gruppe war nicht einzigartig, wusste Singerer. In anderen großen Städten - unter ihnen Düsseldorf, Frankfurt, Berlin und München -, in denen es zu einer Häufung von verdächtigen Fällen gekommen war, gab es ähnliche Ermittlungsgruppen, und natürlich standen sie untereinander in Verbindung.
    Roland Singerer nahm an seinem Schreibtisch Platz und blickte auf den achtundzwanzig Zoll großen Computerschirm, der in mehrere Fenster unterteilt war. Es hatten neue Verbrechen
stattgefunden, die in das bereits vertraute Muster von Wahnsinn und Selbstzerstörung passten, seit dem vergangenen Abend elf weitere, über ganz Deutschland verteilt. Wenn man das europäische Ausland einbezog, so waren es neunundfünfzig. In weniger als zwölf Stunden. In den USA, so teilte ihm eins der Bildschirmfenster mit, hatte jemand einen voll besetzten Schulbus entführt und war mit mehr als hundert Stundenkilometern gegen den Betonpfeiler einer Brücke gerast. Der Pfeiler war halbwegs intakt geblieben, der Bus nicht. Siebzehn Jungen und Mädchen waren ums Leben gekommen, ebenso der Entführer.
    Singerer beugte sich zur Tastatur vor und gab eine Anfrage an den Zentralrechner in Pullach ein: Er sollte nach Morden suchen, bei denen Mörder und Opfer vor weniger als einem Jahr in Italien gewesen waren. Dann nahm er ein leeres Blatt Papier und einen Kugelschreiber, überlegte kurz und schrieb die Dinge so nieder, wie sie ihm in den Sinn kamen.
    Was bedeutet »Nikolaus« an Krysteks Schlafzimmerdecke?
    Krystek: wohin verschwunden?
    Schlüsselpersonen: Simon Krystek. Dario Deveny. Yvonne Jacek. Gibt es noch mehr?
    Yvonne: Torensens Mörderin(?)
    Er fügte ein Fragezeichen hinzu, weil er nicht ganz sicher war.
    Die Darstellung in einem Bildschirmfenster veränderte sich, und es erschien eine Meldung: Der Vatikan hat den Jungen um 8.32 Uhr isoliert. Es gibt keine weiteren Kontakte mit Dritten.
    »Wann kommen die Listen mit den Namen?«, fragte Singerer laut. Darin hatte eine seiner ersten Anweisungen für das Team bestanden: Besorgt mir Listen mit den Namen von Personen,
die in Drisiano bei dem Jungen gewesen sind. Er hatte sie unmittelbar nach dem Gespräch mit Torensen angefordert, aber zu der Zeit war die Delegation aus Gesandten des Vatikans und Beauftragten der italienischen Regierung noch nach Kalabrien unterwegs gewesen.
    »Sie sind gerade eingetroffen«, sagte Rolf, ein hagerer Bursche, von dem es hieß, dass er sich in jedes Computersystem hacken konnte. »Auswertung läuft.« Er hob die Hand. »Moment mal, hier kommt gerade was rein.« Seine Finger huschten über die Tastatur. »Eine Prioritätsnachricht. Ich kopiere auf die anderen Schirme.«
    Auf Singerers Bildschirm öffnete sich ein weiteres Fenster.
    »In Marseille ist eine gewisse Françoise Toulon, einundvierzig, entführt worden«, sagte Rolf und fasste die Daten zusammen, während Singerer und auch die anderen lasen. »Sie kehrte vor drei Wochen aus Süditalien zurück und war auch in Drisiano. Und die Entführer …«
    »Alles deutet auf fundamentalistische Muslime hin«, sagte der immer gelassene Thorwald. »Damit haben wir gerechnet. Es musste früher oder später passieren.« Er sah kurz zu Singerer. »Ich zweige Ressourcen dafür ab; wir gehen der Sache nach.«
    Roland Singerer wusste, dass Thorwald nicht

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