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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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viel wissen«, sagte der BND-Mann ungerührt. »Oder dass Sie mir bei meinen Ermittlungen helfen.« Eine Braue kam nach oben. »Wovon eigentlich kaum die Rede sein kann.«
    »Halten Sie es für möglich, dass dies mit der Drisiano-Angelegenheit in Verbindung steht?«
    »Kommt darauf an, wie viele Feinde Sie sich mit Ihrem … Blatt gemacht haben. Was hat Ihnen Krokus heute Abend gesagt?«
    »Krokus?«, wiederholte Kessler unschuldig.
    »Um einundzwanzig Uhr einundfünfzig haben Sie einen Anruf auf Ihrem Handy erhalten«, sagte Singerer, ohne irgendwelche Notizen zurate zu ziehen. »Der Anrufer hatte die Rufnummerunterdrückung aktiviert und benutzte ein Prepaid-Handy ohne Registrierung. Ich nehme an, dass es Krokus war. Oder irre ich mich?«
    Kessler starrte den BND-Mann groß an. »Es werden also
nicht nur die Telefone der Redaktion überwacht, sondern auch mein Handy. Was gibt es sonst noch? Wanzen in meiner Wohnung? Vielleicht sogar an meiner Kleidung?«
    »Was hat Ihnen Krokus gesagt?«
    Kessler zögerte einige Sekunden, geplagt vom Schmerz im linken Bein, und fühlte Zorn in sich aufsteigen. Es wurde Zeit, den Spieß umzudrehen. »Sie lassen Kontaminierte fortbringen, in eine Klinik im Norden von Hamburg.« Er nannte die Adresse und die Namen einiger Personen, unter ihnen Arnim Sennstett. »Den Angehörigen teilen Sie mit, dass die Betreffenden an einer ansteckenden Krankheit leiden. Was ist mit den Persönlichkeitsrechten geschehen, Singerer? Sind die plötzlich außer Kraft gesetzt worden? Sind wir in Deutschland wieder so weit, dass Menschen in Nacht-und-Nebel-Aktionen abgeholt werden und verschwinden? Und kommen Sie mir jetzt bloß nicht wieder mit irgendwelchen Notstandsgesetzen.«
    Singerer sah ihn nur an und schwieg.
    »Außerdem ist Ihnen der Wunderknabe abhandengekommen«, fuhr Kessler fort. Es tat gut, dem angestauten Zorn, der nicht nur Singerer galt, Luft zu verschaffen. »Beziehungsweise dem Vatikan, der bei dieser Sache ebenfalls seine Finger im Spiel hat. Offenbar hat unser Papst einen Teufelsaustreiber auf Raffaele angesetzt. Aber der Junge ist verschwunden. Zusammen mit einer blonden Frau, die Ihnen bekannt sein dürfte.«
    »Yvonne Jacek«, sagte Singerer ruhig.
    »Ja.«
    »Das hat Krokus Ihnen gesagt, nehme ich an.«
    Kessler nickte. »Richtig angenommen.«
    »Er scheint gut unterrichtet zu sein.«

    »Ich schätze, Sie stehen nicht besonders gut da, wenn wir in unserer nächsten Ausgabe davon berichten.«
    Roland Singerer wölbte die Brauen. »Sie scheinen dies auf einer persönlichen Ebene sehen zu wollen. Nun gut. Haben Sie an die Möglichkeit gedacht, vielleicht nur ein Werkzeug zu sein?«
    »Ein Werkzeug?«
    »Warum gibt Ihnen Krokus diese Informationen? Weil Sie ihm sympathisch sind?«
    Kessler rutschte ein wenig zur Seite und versuchte, das linke Bein zu entlasten. »Er lässt sich dafür bezahlen.«
    »Aus Ihrem Sonderfonds, ich weiß. Oh, Rolf hat ihn heute Nachmittag gefunden. Die letzte Zahlung belief sich auf fünftausend Euro. Nicht unbedingt ein Riesenhonorar.« Singerer stand auf, und Kesslers Blick folgte ihm, als der BND-Mann durchs Zimmer ging, am Bett vorbei, und vor dem Fenster stehen blieb. Einige Sekunden schaute er stumm in die Nacht hinaus. »Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass Sie einfach nur benutzt werden, Kessler?«
    »Benutzt wofür?«
    Singerer zuckte mit den Schultern. »Um Unruhe zu stiften? Um meine Ermittlungen zu behindern? Und wenn wir auf dem persönlichen Niveau bleiben: Vielleicht möchte mir jemand eins auswischen. Weil er mich nicht mag. Weil ich ihm ein Dorn im Auge bin.« Er drehte sich um. »Motive können sehr banal sein. Unser Problem ist es nicht.«
    Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Dort draußen bahnt sich eine Katastrophe an, Kessler. Wir schätzen, dass es in Deutschland fast tausend Direktkontaminierte gibt: Personen, die im Lauf des letzten Jahres in Drisiano gewesen sind
und dort Kontakt mit dem Jungen hatten. Was auch immer mit ihnen geschah: Es veränderte sie, und diese Veränderung wirkte sich langsam aus, über Monate hinweg, bis sie ein kritisches Maß erreichte - das Ergebnis kennen Sie. Inzwischen sind die betroffenen Personen in der Lage, ihrerseits andere Leute zu kontaminieren, die dann wiederum für andere infektiös werden. Dadurch breitet sich die Kontamination immer schneller aus. Ja, es stimmt, wir haben damit begonnen, Kontaminierte in Kliniken zu bringen. Um sie zu untersuchen und ein Gegenmittel zu

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