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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ein starkes Sedativ - schneller aufzulösen, wollte Riga nicht verlassen. Simon Krystek befand sich in dieser Stadt, und er musste ihn finden. Nichts durfte ihn daran hindern.
    Es wurde Zeit zu agieren.
    Sebastian öffnete auch das rechte Auge und drehte den Kopf. Anna saß direkt neben ihm, auf dem mittleren Platz im Fond, und als sie merkte, dass er wach war, wandte sie sich ihm sofort zu. »Bastian …«
    Die Frau auf dem Beifahrersitz drehte erschrocken den Kopf. »Das ist unmöglich«, sagte sie. »Er müsste noch mindestens drei Stunden schlafen.«

    Sebastian bemerkte, dass der Fahrer - Ferdinand Benjer - einen Blick in den Rückspiegel warf. »Halten Sie an«, sagte er, und der Wille, der die Wirkung der fremden Substanz in seinem Körper neutralisiert hatte, wirkte sich nun offenbar auch auf die anderen Personen in diesem Auto aus. Von Benjer kam ein leises, dumpfes Ächzen, und er lenkte die Limousine an den Straßenrand. Die Frau neben ihm suchte in ihrer Tasche, und als ihre Hände wieder zum Vorschein kamen, hielten sie das kleine Gerät, mit dem sie Sebastian im Verhörzimmer die Injektion verabreicht hatte. Sie drehte sich damit zu ihm um, doch dann bewegte sie sich kaum mehr, und Sebastian nahm ihr das Instrument aus der Hand. Er wartete, bis die Limousine zum Stehen gekommen war, öffnete dann die Tür, stieg aus und warf das kleine Gerät über die Mauer am Rand des Bürgersteigs.
    Die Nacht war kalt, aber es wehte kein Wind mehr, und der Schnee hatte sich in Regen verwandelt. Zwei oder drei Sekunden stand Sebastian da, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, als lauschte er einer Stimme, die nur er hören konnte. Aber nicht durch die Ohren, sie erklang in seinem Innern: ein wortloses Flüstern, das ihm sagte, was er tun sollte. Er öffnete die Fahrertür, löste den Sicherheitsgurt, packte den Mann am Steuer und zerrte ihn nach draußen. Benjer war bleich, schien mit Übelkeit zu kämpfen und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Sebastian hielt ihn fest, und für einen seltsamen, erschreckenden Augenblick verlangte es ihn danach, den Mann zu töten, am besten auf eine Weise, die besonders schmerzhaft für ihn war. Er stellte sich vor, ihn mit einem Messer zu zerlegen, ganz langsam, vielleicht so, wie Monika Derbach sich selbst aufgeschnitten hatte.

    »Bastian, pass auf!«, rief Anna durch die offene Tür zum Fond.
    Sebastian ließ Benjer los, drehte sich um und sah, dass die Frau aus dem Wagen gesprungen war. Er versuchte, sie erneut erstarren zu lassen, wie kurz zuvor in der Limousine, doch diesmal klappte es nicht richtig. Sie wurde langsamer, blieb aber in Bewegung und richtete die Pistole auf ihn, die sie hervorgeholt hatte.
    Ein Schuss knallte, nicht ganz so dumpf wie im Restaurant des Hotels, und erneut sah er, wie die Kugel aus dem Lauf kam, ein kleines, silbrig glänzendes Projektil. Es kroch nicht auf ihn zu, sondern war schneller, und es blieb Sebastian gerade noch Zeit genug, den Körper zur Seite zur drehen - das Geschoss flog so dicht an ihm vorbei, dass es das Hemd streifte, nicht aber die Haut darunter.
    Die Frau wollte erneut schießen, aber Sebastian sprang auf sie zu und schmetterte ihr die Faust ans Kinn, ein wuchtiger Schlag, der sie zu Boden schickte. Rasch nahm er die Pistole und wandte sich dem Wagen zu.
    Anna war ausgestiegen, starrte ihn erleichtert und gleichzeitig erschrocken an.
    Sebastian blickte auf seine heftig zitternden Hände hinab und steckte die Pistole ein. »Bitte übernimm du das Steuer«, brachte er mühsam hervor. Er bebte am ganzen Körper, fühlte sich von Adrenalin durchflutet und doch der Erschöpfung nahe.
    »Bastian …« Anna kam besorgt näher, aber Sebastian schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen weg von hier«, brachte er hervor. »Man erwartet uns am Flughafen, und wenn wir dort nicht aufkreuzen, wird man nach uns suchen.«

    Anna zögerte nur eine Sekunde, öffnete dann die Fahrertür und setzte sich ans Steuer. Sebastian stieg auf der anderen Seite ein und zitterte so heftig, dass seine Zähne klapperten.
    »Wohin?«, fragte Anna. »Zum Hotel können wir kaum zurück, oder?«
    »Nein«, sagte Sebastian. »Don Vincenzos Freund … Anatoli. Der Typ, der angeblich mehr weiß und uns helfen kann.« Er griff in die Hosentasche, doch seine Hand kam leer wieder zum Vorschein. »Der Zettel, den mir die Nonne in Drisiano gegeben hat … Ich habe ihn mir im Hotel in die Tasche gesteckt, da bin ich ganz sicher.«
    »Und jetzt ist er weg?«
    »Verdammter

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