Aeon
hartnäckig. »Wenn ic h’s kapiere, kannst d u’s auch kapiern!« Sie kniff ihn ins Knie.
»Wenn wir an einem Strick ziehen, können wir mehr für uns rausschlagen«, sagte Lanier. »Als Berühmtheiten oder auch Kuriosum könnten wir maßgeblich beeinflussen, wie mit uns – und letztendlich auch mit unseren Leuten auf dem Stein – verfahren wird.«
»Was wollen wir überhaupt fordern?«, fragte Carrolson.
»Als Erstes verlangen wir, dass die Zensur unseres Datenservice aufgehoben wird«, schlug Patricia vor.
»Ich hab den meinen noch nicht mal in Gebrauch genommen«, gab Heineman zu.
»Wir wollen nichts unversucht lassen, um die Erlaubnis zu bekommen, mit dem Stein in Verbindung zu treten.« Lanier sah sich in der Runde um. »Sind wir uns in diesem Punkt einig?«
Das waren sie.
»Wir verlangen, als Gruppe zu reisen; wir lassen uns nicht trennen«, führte er aus. »Falls doch, streiken wir.«
»Hungerstreik?«, meinte Farley.
»Was auch immer. Für mich steht fest, dass unsere Gastgeber keine Ungeheuer sind. Ich glaube nicht, dass man uns misshandeln wird. Höchstens ein bisschen erschrecken … Zukunftsschock. Aber das verkraften wir schon. Wir haben den Stein überlebt, also überleben wir auch das. Stimmt’s?«
»Stimmt«, meinte Farley; hinter ihrem Gesichtsausdruck steckte mehr als Respekt vor dem Chef. Patricia blickte zwischen den beiden hin und her und setzte ein Gesicht auf, das Lanier als zugleich kritisch und heiter empfand: ein Lächeln mit Biss.
Carrolson musterte alle drei aufmerksam.
»Olmy ist draußen«, sagte Patricia. »Er hat Ram Kikura dabei. Ich sagte, er soll warten, bis wir fertig sind. Sie wollen mit uns reden.«
»Sind wir uns nun einig?«, fragte Lanier.
»Natürlich«, antwortete Heineman.
Olmy und Ram Kikura betraten Patricias Wohnung, setzten sich in die Mitte der Runde und schlugen die Beine übereinander. Ram Kikura lächelte freudig. Auf Lanier wirkte sie so jung wie Patricia, obwohl sie viel älter sein musste.
Dann trug Lanier die Forderungen vor. Zu seinem Erstaunen willigte Olmy größtenteils ein; ausgeschlossen blieb nur die Kommunikation mit der Thistledown. »Das kann ich jetzt nicht gewähren. Vielleicht später. Wir können euch unzensierten Zugang zu allen Daten einräumen, aber das erfordert eine gewisse Vorbereitung«, stellte er fest. »Freier Zugang zu sämtlichen Daten ist recht kompliziert und eine große Verantwortung. Es gibt da Spielraum für Missbrauch. Würdet ihr zunächst pädagogische Hilfe akzeptieren? Ram Kikura könnte einen Geist – eine von ihr abgeleitete partielle Persönlichkeit – zuteilen. Dieser Pädagoge wird euch Material suchen und euch anleiten. Unsere jüngeren Bürger bedienen sich ihrer ständig.«
»Lässt er uns ungestört an Daten ran?«, wollte Patricia wissen.
»Das ist eine schwierige Angelegenheit«, erklärte Ram Kikura. »Nicht mal ein Bürger hat zu allem freien Zugang. Es gibt viel in City Memory, das einem Unvorbereiteten gefährlich werden könnte.«
»Zum Beispiel?«, fragte Heineman.
»Programme zur Persönlichkeitsumwandlung oder -verschmelzung. Zur Förderung der Psyche. Verschiedene fortgeschrittene Fiktiv- und Theorieprogramme. Dafür mag sich der eine oder andere später mal interessieren, aber zunächst wird euch der Pädagoge vor Schaden bewahren … und dafür sorgen, dass ihr euch nicht zu viel zumutet.«
»Oder eher zu wenig«, warf Carrolson ein.
»Sollen wir nach wie vor unberührt bleiben?«, fragte Patricia.
»Zu einem gewissen Grad«, räumte Olmy ein. »Aber die Tests sind abgeschlossen.«
»Wirklich?«, wunderte sich Heineman empört.
»Ja, während des Schlafs.«
»Ich denke, wir sollten erfahren, was mit uns gemacht wird«, sagte Lanier stirnrunzelnd.
»Das geschah durchaus. Euer Schlafbewusstsein führte uns bei der Fragestellung, und wir taten nichts, womit es nicht einverstanden war.«
»Herrgott«, sagte Carrolson, »was soll das sein, ein Schlafbewusstsein?«
Ram Kikura hob die Hände. »Vielleicht seht ihr jetzt ein, warum ihr hier rechtlich den Status von Kindern oder bestenfalls Jugendlichen habt. Ihr seid einfach nicht reif für die Auseinandersetzung mit allem, was Axis City birgt. Aber fasst das nicht persönlich auf. Ich bin hier, um euch zu helfen, nicht um euch zu behindern oder zu ärgern. Und ich bin hier, um euch zu beschützen, und werde das in allen Fällen versuchen, wo ihr euch ungerecht behandelt fühlt.«
»Das ist also die Aufgabe eines Anwalts?«,
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