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Aeon

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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Notwendigkeit für Massivbauten. Das Klima war trocken und mild und die Lufttemperatur warm. Patricia blickte hinauf zur Plane, die zwischen den Alustangen aufgespannt war, und zur Plasmaröhre, die durch den Stoff schimmerte.
    Ich bin hier. Das ist Wirklichkeit.
    »Worauf du dich verlassen kannst«, flüsterte sie. Im Zelt, einem Labyrinth von Trennwänden und Böden aus Planen, das eine Fläche von ungefähr hundert Quadratmetern aufwies, plauderten mit gedämpfter Stimme Farley und Chang auf Chinesisch.
    Als während der ersten Stunden in der siebten Kammer eine Kabine im Zelt für Patricia eingerichtet und das Essen arrangiert wurde, war sie übereifrig gewesen und hin und her geflitzt wie eine Tanzmaus und hatte Fragen gestellt, die zuweilen wenig Sinn machten. Lanier hatte sie eine Weile finster beobachtet; irgendwie ahnte sie, dass sie eine Enttäuschung für ihn war. Später allerdings hatte er sich den anderen angeschlossen und mit ihnen – mit ihr – gelacht und als Überraschung eine Flasche Sekt hervorgezogen. »Um dein neues Selbst zu taufen«, hatte er gesagt.
    Im ersten Anlauf hatten sie versucht, einen passenden Namen für das zu finden, was bisher schlicht »siebte Kammer« oder »Korridor« genannt wurde.
    »Spaghettiwelt«, hatte Farley vorgeschlagen. »Nein«, hatte Wu gekontert, »schon eher Makkaroniwelt, weil sie innen hohl ist.« Und »Hohlwelt« hatte Chang eingeworfen; Begriffe wie »Röhre« und »Tunnel« waren schon anderen Teilen des Steins zugeordnet.
    Nach einigen Gläsern Sekt war Patricia unheimlich müde geworden und hatte sich, kaum war die Pritsche unterm Zeltdach aufgestellt, schlafen gelegt.
    Nun streckte sie sich und stützte den Kopf auf die Ellbogen, wobei sie über Sand und Gras hinauf zur enormen Zylinderlandschaft schaute, die sich in dunstiger Ferne fortsetzte. Farley kam aus dem Zelt und setzte sich neben die Pritsche.
    »Träumst du?«
    »Nein«, sagte Patricia. »Ich überlege.«
    »Als Garry vor anderthalb Jahren mit uns auf große Besichtigung des Steins ging, dachte ich, ich würde den Verstand ver lieren. Was hältst du von dieser Einführungsmethode? Ich meine, es fängt ja erst an für dich, aber …« Sie brach ab und sah Patricia aus strahlend blauen Augen an. Farley war vielleicht zehn Jahre älter als sie; die Fältchen um Augen und Mund waren Lachfalten. Durch ihre fordernde, direkte Art war sie in Patricias Augen das weibliche Gegenstück von Lanier.
    »Sehen heißt längst nicht glauben«, erwiderte sie. »Und Hören allein schon gar nicht.«
    »Nach ’ner Weile wird man eher gleichgültig«, sagte Farley, den Blick auf die graugrüne Straße gerichtet. »Das stimmt mich zuweilen nachdenklich. Wenn neue Leute kommen und sehen, was wir tagtäglich sehen, erkennt man entsetzt, wie seltsam es eigentlich ist. Manchmal komm ich mir vor wie ein Käfer, der durch ein Atomkraftwerk krabbelt. Ich ahne und sehe allerhand, aber verstehe längst nicht alles.« Sie seufzte. »Ich weiß nicht, ob Garry das recht ist, aber ich glaube, man sollte dich warnen wegen der Fantasmen.«
    »Er sprach davon. Was ist damit?«
    »Manche von uns haben Fantasmen gesehen. Phantome. Ich selber nicht, und von unsrer Gruppe auch niemand. Man nimmt an, es hat psychologische Ursachen, ist eine Folge der Überlastung. Es gibt keine wirklich eindeutigen Erscheinungen, keine Fotos und dergleichen. Also gib acht, was du siehst. Und gib doppelt acht, denn es ist noch nicht erwiesen, dass Stein oder Korridor gänzlich ohne Bewohner sind. Wir sind einfach zu wenige, um alle Kammern gründlich zu durchsuchen und zu überwachen. Wenn du also irgendetwas siehst, so melde es, aber glaube es nicht.« Sie lächelte. »Ist das klar?«
    »Nein«, erwiderte Patricia und schwang die Beine von der Pritsche. »Bekomm ich einen festen Arbeitsplatz und einen Überblick darüber, woran ich arbeiten soll?«
    »Garry wird dir in ’ner halben Stunde oder so alles sagen. Er schläft gerade. Erschöpft. Ich meine, erledigt. Wir machen uns alle Sorgen seinetwegen.«
    »Du und die anderen, ihr habt grüne Abzeichen, aber gehört ihr auch in die dritte Stufe?«
    »Du meine Güte, nein.« Farley lachte und warf die langen blonden Haare über die Schultern zurück. »Wir sind Chinesen. Wir haben Glück, so weit gekommen zu sein. Wir sind auf Einladung hier, weil unsre Regierung in diesem Jahrzehnt zufällig friedlich ist. Trotzdem sind wir viel besser dran als die armen Russen. Die kommen gerade bis zu den

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